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Ein Tag im Zeichen des Wanderglücks

Zehn Jahre Lechweg: Aktion des Trägervereins begeisterte

Am Ende strahlten alle: die Sonne ohnehin, aber auch die Wanderer und die Organisatoren des „längsten Lechtags“, bei dem am Samstag einfach traumhafte Verhältnisse herrschten. Der Fernwanderweg, der drei Bundesländer (zwei in Österreich, eins in Deutschland) und fünf Tourismusregionen miteinander verbindet, präsentierte sich an seinem zehnten Geburtstag dabei von seiner schönsten und besten Seite.
20. Juni 2022 | von Jürgen Gerrmann
Von Anfang an beste Stimmung herrschte beim „längsten Lechwegtag“, mit dem das zehnjährige Bestehen dieses Fernwanderwegs gefeiert wurde – und das sollte sich bis zum Ziel am Füssener Lechfall nicht ändern. Mit dabei waren übrigens auch zwei Gewinner aus den Reihen der RUNDSCHAU-Leser.   RS-Foto: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
Und so verwunderte es keineswegs, dass dieses vor einer Dekade ebenso bahnbrechende wie buchstäblich wegweisende Projekt im Laufe der Jahre zu einer solchen Erfolgsgeschichte zu werden vermochte. Füssens Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier würdigte bei der Jubiläumswanderung nicht zuletzt den vor kurzem an Corona verstorbenen langjährigen Tourismus-Chef von Lech, Hubert Schwärzler (genannt „Mister Lech“), der schon lange vor der Realisierung den Traum dieses Weges gehabt, und auch Reuttes Bürgermeister Günter Salchner, der als Geschäftsführer der Regionalentwicklung Außerfern (REA), diese Vision wieder aufgegriffen und für das Projekt eines grenzüberschreitenden Qualitätswanderwegs von der Quelle bis zum Lechfall Partner gesucht und gefunden habe.

EUROPÄISCHER TOP-WEG.
„Der Lechweg hat uns extrem zusammengeschweißt“, unterstrich Fredlmeier. Mittlerweile arbeite man nicht nur beim Wandern, sondern auch in der Kultur (mit der Elbigenalper Wunderkammer und ihrem Füssener Pendant, der Schatzkammer) und auf dem Gesundheitssektor (Thema Kneippen) zusammen. Christa Fredlmeier, die Projektmanagerin auf Füssener Seite, freute sich nicht zuletzt darüber, dass der Deutsche Wanderverband die 125 Kilometer lange Mehrtagestour als erste ihrer Art zum „Leading Quality Trail“ eingestuft habe und ihn zu den besten Europas zähle. Die Erwartungen von Michael Kohler, des Geschäftsführers des Tourismusverbandes Lechtal, wurden in diesem Jahrzehnt übertroffen. „Der Lechweg war von Anfang an ein Erfolg, auch weil unsere Zusammenarbeit schon vom ersten Moment an funktioniert hat, schon bei den Vorarbeiten“, sagte er im Gespräch mit der RUNDSCHAU: „Das war wirklich immer ein gedeihliches, freundschaftliches Miteinander.“ Nicht zuletzt die touristisch eher „schwachen“ Orte des Unteren Lechtals profitierten von den mindestens 8000 Wanderern pro Jahr, die die ganze Strecke absolvierten – und natürlich auch von denen, die auf weniger Etappen oder nur für einen Tag dort wanderten. Die später hinzugekommenen Lechschleifen hätten sich ebenfals bewährt – sowohl als Impuls, dann mal den ganzen Weg zu gehen, als auch als optimale Werbung für einen längeren Aufenthalt am selben Ort. „Wie an einer Perlenschnur reihen sich die Schönheiten entlang des Lechs“, merkte Toni Knittel beim Mini-Bluatschink-Konzert oberhalb von Stockach, bei dem er gemeinsam mit seiner Frau Margit die Wandertruppe hellauf begeisterte, an. Und hatte damit vollauf recht. Ein Glanzlicht ums andere konnte man bei dem von Lechweg-Produktmanagerin Daniela Pfefferkorn glänzend organisierten Programm genießen, und trotz der gerade bei der Hitze durchaus sportlichen Herausforderung herrschte vom ersten Schritt am jungen Lech, bei dem man noch nicht erahnen kann, welch gewaltiger Wildfluss er einmal werden soll, bis zum letzten Tritt über die Stufe zum mächtigen Lechfall bei Füssen beste Laune. Das Format „Lechweg kompakt“ (wie man es vielleicht beschreiben könnte) taugte allen, die dabei waren. Denn bei all der Vielfalt und des Reichtums der Eindrücke – gehetzt wurde keineswegs. Was überaus angenehm war.

START NAHE DER QUELLE.
In den frühen Morgenstunden bewunderte man die traumhafte Kulisse mit der Roten Wand zur Linken und dem Pöngertlekopf auf der rechten Seite, erfreute sich am Plätschern des kristallklaren Wassers über die ersten Schotterbänke, war fasziniert davon, wie der Spullerbach zuerst sanft dahingleitet, um dann binnen ein paar Metern sich zwar nicht aus gewaltiger Höhe, aber doch durchaus tosend seinem großen Bruder Lech zu übergeben. Wer wandert, der braucht auch Energie, und seine Reserven konnte man dabei in der Ortsmitte von Warth einfach köstlich wieder auffüllen: Kurt Sojer hatte den Almkäse aus seiner Lechtaler Naturkäserei von Steeg in Tirol nach Vorarl-berg gebracht und servierte ihn nach Raclette-Art (wobei die Außerferner Version keinen Vergleich zu scheuen brauchte). Für ein stimmungsvolles musikalisches Ambiente sorgte derweil das Ensemble Warther Horn mit seinen Alphörnern. Wie unscheinbar (und letztlich auch unnötig) Grenzen sind, erlebte man dann beim Weiterwandern (unter anderem am rund 700 Jahre alten romantischen Walserhus vorbei): Wäre es nicht eigens erwähnt worden, wäre wohl niemand aufgefallen, dass der kleine Krummbach, den man auf einem kleinen Metallbrücklein überquerte, das Ende Vorarlbergs und den Beginn Tirols markiert. Und beim Blick auf diese traumhafte Landschaft spielte es eh keine Rolle, dass sich (altes Zollhaus hin oder her) oben am Gehrner Berg der südlichste Punkt der Bundesrepublik befindet und der Biberkopf sich mit dem Titel des südlichste Gipfel Deutschlands schmücken kann. Da waren die Wiesen mit zum Teil hunderten Orchideen auf engstem Raum schon wesentlich interessanter. Apropos Blumenpracht: Ob man auf Abschnitt 3 sich nun getraute, über die Holzgauer Hängebrücke den Höhenbach zu überschreiten, oder lieber gleich über die Schigge und den Vitalweg zum „Lusthäuschen“ zu marschierte – alle konnten in ein wahres Paradies eintauchen und sich davon das Herz erfreuen lassen. Und danach sorgte ein schmaler Naturpfad im herrlich kühlen Wald vor und nach der Bluatschink-Reminiszenz an den Kampf um den „letzten Wilden“ Lech und dessen Charisma (kräftigende Jause inclusive) für Romantik pur. Auf dieser Etappe hatte man durchaus einige Höhenmeter gesammelt, und da dürfte der eine oder die andere doch froh gewesen zu sein, zwischen dem Tannenhof in Hinterbichl und dem Vogelturm in Pflach gerade mal zehn Meter Gefälle überwinden zu müssen. Diese Böschung zieht sich (wie Reinhard Staffler von der Alpinschule Außerfern erklärte) übrigens „bis ins oberste Lechtal hinauf“ und markiert auch den Unterschied zwischen vor- und nacheiszeitlicher Periode. Kaum einer wusste auch, dass sich sechs Kilometer nördlich, auf dem Faulbacher Rücken, der offiziell nördlichste Punkt der Alpen befindet. Der Messstation dort ist die Erkenntnis zu verdanken, dass sich diese herrliche Gebirge immer noch hebt – um sage und schreibe zwei Millimeter pro Jahr. Nach der abendlichen Stärkung im Pflacher „Schwanen“ startete das „Finale furioso“ am Museum der Bayerischen Könige am Alpsee. Bei diesem „Heimspiel“ über den Alpenrosenweg hinüber zum Kalvarienberg, wo die sinkende Sonne eine faszinierend idyllische Stimmung übers Füssener Land zauberte, war Stefan Fredlmeier natürlich voll in seinem Element. Und als dann noch Magnus Lipp (über sieben Ecken mit Reuttes Historiker verwandt) seine Zitherklänge über die Wiese vor der Marienkapelle erschallen ließ, war das fast zu schön um wahr zu sein.

GROSSES LOB ZUM ABSCHLUSS.
uch den abschließenden „Hock“ am Kiosk beim Lechfall prägte die Begeisterung. Karl Sandner aus Oy-Mittelberg nutzte die Aktion, um „das Obere Lechtal mal in seiner Gänze zu sehen“. Er werde sicher wiederkommen und mal den ganzen Weg abwandern: „Ich wohne ja nicht weit.“ Und auch die jüngste Teilnehmerin schwärmte: „Das letzte Stück war schon schwer, aber sonst hat mir das gar nichts ausgemacht. Wandern macht Spaß, und es war toll heute“, gab die neunjährige Hanna Dablander aus Reutte („Am bes-ten gefallen haben mir die blühenden Wiesen und der Bluatschink“) dem Zeitungsmann zu Protokoll. „Wenn der Wanderer mit einem breiten Grinsen am Lechfall ankommt, ist das einfach Klasse“, schmunzelte Stefan Fredlmeier beim Abschied: „Wir wollen Wanderer glücklich machen, das ist unser Ziel.“ Am Samstag wurde es erreicht. Aber nicht nur da. Sonst wäre der Lechweg in diesen zehn Jahren nicht zu solch einem Hit geworden.

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