Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Etwas über 60 Ukraine-Vertriebene im Bezirk Reutte

Am Außerferner Standort der Tiroler Sozialen Dienste ist Flexibilität angesagt

Meldungen über das Kriegsgeschehen in der Ukraine sind an der Tagesordnung. Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat und finden auch in Tirol Aufnahme. Etwas über 60 Ukraine-Vertriebene leben derzeit im Bezirk Reutte. Seitens der Tiroler Landesregierung wurde der ukrainischen Bevölkerung größtmögliche Solidarität und Unterstützung zugesichert.
11. April 2022 | von Sabine Schretter
Etwas über 60 Ukraine-Vertriebene im Bezirk Reutte
An der Adresse Südtiroler Straße 6 in Reutte ist das Büro der Tiroler Sozialen Dienste zu finden. RS-Fotos: Schretter
Von Sabine Schretter.
Menschen, die ihre Heimat verlassen und in einem fremden Land auf ein Leben in Sicherheit und Frieden hoffen, haben viele Fragen. Antworten und Unterstützung finden sie unter anderem auf der zentralen Online-Plattform des Landes Tirol unter www.tirol.gv.at/ukraine. Die Seite wird laufend aktualisiert. Das Meldeformular für die Wohnsitzmeldung und das Antragsformular auf Grundversorgung steht auf Deutsch und Ukrainisch  zur Verfügung.

Grundversorgung.
Flüchtlinge, Asylwerber und Vertriebene erhalten in Österreich die sogenannte Grundversorgung, mit deren Durchführung in Tirol die Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD) betraut ist. Diese Grundversorgung umfasst Leistungen, die auf die Deckung der täglichen Grundbedürfnisse ausgerichtet sind. Dazu zählen in erster Linie angemessene Verpflegung und Unterkunft, Zugang zu medizinischer Versorgung und Schulbedarf sowie Information und Beratung. Alle Informationen zur Grundversorgung sind in deutscher und ukrainischer Sprache unter: grundversorgung.ukraine@tirol.gv.at zu finden. Im Bezirk Reutte unterhalten die TSD einen Standort mit zwei Mitarbeitern. Die RUNDSCHAU traf beide Mitarbeiter zu einem Gespräch. Laut Vorgabe der Tiroler Sozialen Dienste sollen die Namen der beiden Mitarbeiter nicht genannt werden. Das Büro der Tiroler Sozialen Dienste im Bezirk Reutte befindet sich in der Südtiroler Straße in der Marktgemeinde Reutte. An diesem Standort unterhalten die Tiroler Sozialen Dienste drei Häuser mit Wohnungen für Flüchtlinge und Asylsuchende. Weitere Wohnungen stehen in Lermoos und Ehrwald zur Verfügung. Derzeit sind alle Einheiten belegt, bringe ich in Erfahrung. Großteils von Syrern, meist alleinstehenden Männern. Sie kamen im Zuge der Flüchtlingswelle von 2015 ins Außerfern. Familienzusammenführungen kommen eher selten vor, bergen aber große Herausforderungen in sich. Die Familien sind oft sehr groß, ihre Unterbringung nicht einfach zu bewerkstelligen. Jetzt, sieben Jahre später, bricht eine weitere große Flüchtlingswelle los, die auch den Bezirk Reutte erreicht hat. Etwas über 60 Ukraine-Vertriebene seien mittlerweile hier angekommen, berichten die beiden TSD-Mitarbeiter. Sie alle sind bei Freunden oder Verwandten untergekommen. „Gott sei Dank, denn in den im Bezirk bestehenden Unterkünften gibt es keine Kapazitäten für ukrainische Vertriebene“, erfahre ich. „Wenn jetzt auch Vertriebene aus der Ukraine kommen, die hier im Außerfern keine Verwandten oder Freunde haben, wird sich die Situation am Wohnungsmarkt zuspitzen. Wir haben die Asylwerber, die ihren Aufenthaltstitel erhalten haben, sich jetzt um Wohnraum bemühen und hier Fuß fassen wollen. Dazu kommen die Personen aus der Ukraine, die als Vertriebene drei Jahre Aufenthaltsrecht erhalten und ebenfalls Wohnraum benötigen“, beschreiben die beiden TSD-Mitarbeiter. Ehrwalds Alt-Bürgermeister Martin Hohenegg ist als GemNova-Beauftragter für den Bezirk Reutte mit der Evaluierung von Unterbringungsmöglichkeiten beschäftigt. Bis jetzt sind vor allem Frauen mit Kindern und Senioren gekommen. Einige Kinder würden Außerferner Schulen besuchen. Ein 15-jähriger ukrainischer Schüler erhält aktuell Online-Unterricht von seiner Schule in der Ukraine. Informationen über schulpflichtige Kinder, die aus der Ukraine in Tirol ankommen, werden bei der Bildungsdirektion erfasst, die dann die Schulen kontaktiert und eine Aufnahme dieser Kinder bespricht. Ukraine-Vertriebene haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt. So wurde es kommuniziert und das sollte auch gegeben sein. Gibt es aber nicht genügend Kinderbetreuungsplätze für die noch nicht Schulpflichtigen, wird es für deren Mütter schwierig, eine Arbeit anzunehmen – auch wenn sie dies gerne möchten. Es wird daher eine Herausforderung in der nahen Zukunft sein, die Kinderbetreuung für die unter Sechsjährigen sicherzustellen.
Langer Weg. Es ist ein langer Weg von der Ukraine ins Außerfern. Erste Anlaufstelle für Vertriebene ist in Tirol der Infopoint am Innsbrucker Hauptbahnhof, wo es Informationen in ukrainischer Sprache und Unterstützung gibt. Im Haus Marillac in Innsbruck erfolgt die Erstaufnahme. Wer eine Unterkunft hat, nimmt hier nur die Registrierung vor. Vertriebene, die keine Bleibe haben, können eine Nacht im Haus Marillac verbringen, werden dort versorgt und anschließend auf Unterkünfte in Tirol verteilt. Sind Vertriebene im Bezirk Reutte angekommen, ist es wichtig, dass sie sich bei der Polizei registrieren lassen. Nur dann erhalten sie die „Karte für Vertriebene“. Dieser Ausweis ist ein Identitätsdokument, ein Reisedokument und ein Dokument für den Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Registrierung erfolgt bei der Registrierungsstelle an der Polizeiinspektion Reutte (Obermarkt 2), jeweils Dienstag und Donnerstag von 7 bis 19 Uhr, Tel. +43 (0) 133 7150 100. Die beiden Mitarbeiter des TSD-Büros in Reutte betonen, wie groß Hilfsbereitschaft und Solidarität im Außerfern sind. „Das erfahren wir immer wieder – und zwar von Privatpersonen und Unternehmen. Auch die Zusammenarbeit mit sämtlichen Systempartnern funktioniert hier bei uns bestens. Wir sind alle gut vernetzt, was den Arbeitsalltag ein Stück weit leichter macht. Es läuft sehr gut im Bezirk Reutte.“

Teilen ein Schicksal. Unabhängig davon, ob Menschen als Flüchtlinge, Asylwerber oder Vertriebene zu uns kommen, eines haben sie alle gemeinsam: Es sind Menschen in Not, die unsere Hilfe brauchen. Ihr Schicksal, die Heimat verlassen zu müssen, eint sie. Zu den Krisenherden weltweit kam die Ukraine dazu. Die Außerferner Mitarbeiter der Tiroler Sozialen Diens-te erinnern, dass sich etwa auch im Flüchtlingslager Kara Tepe nichts gebessert hat und auch immer wieder Flüchtlingsboote ihr Ziel nicht erreichen. „Für uns macht es keinen Unterschied, wer woher und warum auf der Flucht ist oder vertrieben wurde. Wir sind bemüht, so gut als möglich zu helfen und die Menschen zu unterstützen, hier bei und anzukommen und Fuß zu fassen“, darin sind die beiden sich einig.
Etwas über 60 Ukraine-Vertriebene im Bezirk Reutte
Unter grundversorgung.ukraine@tirol.gv.at findet man Informationen in deutscher und ukrainischer Sprache.

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