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Heimat-Ausverkauf oder Glücksfall?

Grundverkauf in Biberwier an Unternehmer Wolf erhitzt die Gemüter

„Liste Fritz“-Obmann Markus Sint verurteilt einen Grundstückskauf von Investor und Manager Siegfried Wolf in Biberwier aufs Schärfste. Die Grundverkehrsbehörde wie auch Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler verteidigen das Vorgehen. Im Gespräch mit der RUNDSCHAU erklärt der Biberwierer Bürgermeister Harald Schönherr seine Sicht der Sachlage.
30. Jänner 2023 | von Juliane Wimmer
Heimat-Ausverkauf oder Glücksfall?
„Jagd und Fischerei passen gut zusammen“– Der Biberwierer Bürgermeister Harald Schönherr begrüßt den Grundverkauf an Unternehmer Wolf. RS-Foto: Wimmer
Von Juliane Wimmer.
Im vergangenen November hat ein 4.658 m2 großes Anwesen in Biberwier, das aus einem 14,3 Hektar großen landwirtschaftlichen Gebiet herausgelöst wurde, den Besitzer gewechselt. Hierbei handelt es sich um eine ehemalige Fischzuchtanlage samt Wohnhaus, Nebengebäude, mehrerer Fischteiche, Wiese und kleinem Waldstück. Für die Liste Fritz ist dieser Fall exemplarisch für den „Ausverkauf der Heimat“.

DIE VORWÜRFE.
Den Kauf habe die Grundverkehrsbehörde (angesiedelt bei der Bezirkshauptmannschaft Reutte) genehmigt. Markus Sint hat dafür kein Verständnis: „Mit diesem Grundstücksdeal in Biberwier macht die Grundverkehrsbehörde den Weg frei, der zur Zersplitterung eines landwirtschaftlichen Betriebes führt. Das ist nicht im Sinne des Tiroler Grundverkehrs, der das Ziel hat, in Tirol einen lebensfähigen Bauernstand zu erhalten und zu stärken.“ Für Sint spiegelt dieser möglich gemachte Grundstücksdeal durch einen Persilschein („Rechtsgeschäft bedarf keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung“) ein Sittenbild der ÖVP wider. „Bauernland in Bauernhand“ sei eine hohle ÖVP-Floskel. Das Grundstück ist Freiland und werde landwirtschaftlich genutzt (Fischzucht). Trotz Herauslösung bleibe es Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs.

DAS SAGEN BEHÖRDE & LH STV.
Die Bezirkshauptmannschaft Reutte sieht das anders und entgegnet den Vorwürfen wie folgt: „Aufgrund der Beschaffenheit des Grundstücks ist dieses für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht von Bedeutung. Es handelt sich damit um ein Baugrundstück und unterliegt nicht dem landwirtschaftlichen Grundverkehr.“ Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (VP) erklärt gegenüber der Tagespresse: „Natürlich schaut die Optik auf den ersten Blick vielleicht ungünstig aus. Doch es ist alles rechtens.“ Die Begründung der Behörde sei nachvollziehbar, es handle sich um Restflächen, nicht um landwirtschaftlich nutzbare Felder. „Klar ist aber, dass dort kein Freizeitwohnsitz errichtet werden darf.“ Das zu kontrollieren obliege dem Bürgermeister.

DAS SAGT DER BÜRGERMEISTER.
Bürgermeister Harald Schönherr versteht die Aufregung in der Presse nicht. Es helfe der Sache nicht, sondern werfe nur ein negatives Licht auf den Ort. In Biberwier selbst sei niemand verärgert, vielmehr herrsche Zustimmung, was den Kauf betrifft. Im Gespräch mit der RUNDSCHAU stellt er klar: „Hier wurde keinem Einheimischen etwas 'vor der Nase' weggekauft. Und die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde, dass es sich bei dem Grundstück um Bauland und nicht um eine hochwertige landwirtschaftliche Fläche handelt, war meiner Meinung nach die absolut richtige.“

DER NEUE JAGDPÄCHTER.
Siegfried Wolf ist (offiziell seit dem 1. Jänner 2023) der neue Jagdpächter in Biberwier. Aus diesem Grund habe er das Grundstück des ehemaligen Fischzüchters erworben, das ein offiziell genehmigtes Wohnhaus (kein Schwarzbau, wie Sint andeutet) auf „Freiland“ beherbergt. Was heute nicht mehr möglich ist, wurde in den 70er Jahren legalisiert. Dieses Dokument habe die Gemeinde erst vor Kurzem herausgesucht, da Wolf plane, das alte Gebäude abzureißen und ein neues hinzustellen, das maximal 25 Prozent größer sein darf.

FISCHZUCHT & NUTZUNG.
Da Wolf auch das „Fischzucht“-Recht erworben habe und es Pläne für die Erneuerung der Fischteiche gäbe, glaubt Schönherr, dass der neue Jagdpächter auch die Fischzucht weiterführen wird. Außerdem fügt der Bürgermeis-ter hinzu: „Die Gefahr von illegalem Freizeitwohnsitz sehe ich nicht. Auch wenn der Niederösterreicher Wolf bei uns nie seinen Hauptwohnsitz haben wird, so kommen seine Pläne doch der ursprünglichen Nutzung des Grundstücks (der Fischzucht, die auch früher „nur“ auf der herausgelösten Wohnhaus-Fläche erfolgte) sehr nahe.“

VERSTÄNDNIS, RICHTIGSTELLUNG & WUNSCH.
Für den Verkäufer, einen befreundeten Gemeinderat, zeigt Schönherr Verständnis: „Jeder hat das Recht, an den Meistbietenden zu verkaufen. Und dass dieser der neue Jagdpächter ist, ist für die Gemeinde ein Glücksfall.“ Laut Bürgermeister gab es noch einen zweiten Interessenten, der im Gegensatz zu den Behauptungen der Liste Fritz weder Einheimischer war noch genauso viel geboten habe wie Wolf. Abschließend erklärt Schönherr: „Ich denke, die Liste Fritz kämpft für eine gute Sache. Doch, anstelle die Dinge aus der Ferne vorschnell zu beurteilen, wäre mir mehr damit geholfen, wenn sie sich für junge einheimische Familien einsetzen würde. Denn diese müssen beim Erwerb von Bauland mit reichen Ausländern konkurrieren und benötigen politische und finanzielle Hilfe.“

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