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„Hundedreck ist das größte Problem“

18. Feber 2020 | von Nina Zacke
„Hundedreck ist das größte Problem“
Im Großen und Ganzen zufrieden: Reuttes Bürgermeister Luis Oberer und Hermann Schneider, Leiter der Umweltabteilung, erläutern der RUNDSCHAU die Müll-Statistik der Marktgemeinde. RS-Foto: Gerrmann

Im Gegensatz zu Großstädten gibt es in Reutte kaum Müllsünder


„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ – dieser Satz wird zwar dem russischen Revolutionär Wladimir Iljitsch Lenin zugeschrieben. Aber er könnte nicht nur in weltpolitischen Situationen Gültigkeit haben, sondern auch, was die Müll-Moral im Außerfern anbelangt: Seit nämlich kontrolliert wird, ist der Anteil der „Störstoffe“ in den Wertstoff-Containern gewaltig zurückgegangen.

Von Jürgen Gerrmann

„Störstoffe“ – dieser Ausdruck stammt von Hermann Schneider, dem Leiter der Umweltabteilung der Marktgemeinde Reutte. Mit ihm und Bürgermeister Luis Oberer unterhielt sich die RUNDSCHAU über die aktuelle Situation. Anlass: Der Landtag von Wien hat die Strafen für „Müllsünder“, die ihren Unrat in den falschen Behältern entsorgen, erhöht. Zudem gab es eine wichtige Verschärfung der Verordnung: Bisher strafte man nur bei Vorsatz, nun kann man sich nicht mehr darauf berufen, dass einem „aus Versehen“ etwas in die falsche Tonne gerutscht sei. Auch für „Fahrlässigkeit“ (wie die Juristen dazu sagen) muss man nun berappen. Der Handlungsdruck war in der Bundeshauptstadt mithin offensichtlich gewaltig hoch. Aber wie sieht es in Reutte aus? Um es kurz zu fassen: Von „Großstadtverhältnissen“ ist man im Hauptort des Außerferns wohl meilenweit entfernt.
Ärgernis „Müllinseln“.

Vor einem Vierteljahrhundert war die Distanz allerdings noch deutlich geringer. Bis dahin waren in verschiedenen Vierteln der Marktgemeinde noch „Müllinseln“ aufgestellt. Für viele offensichtlich die Einladung zum illegalen Abfall-Tanz: „Von der Matratze bis zum Sperrmüll war alles in den Containern drin“, erinnert sich Schneider.
Hotspots Lech und B179.

Ein großes Ärgernis. Aber mit der Umstellung des Systems hat sich das grundlegend geändert: „Seit wir die Müllinseln durch die zentrale Sammlung auf dem Wertstoffhof der Firma Lechner ersetzt haben, ist die Qualität wesentlich besser geworden. Wir haben viel weniger Fehlwürfe.“ Das Problem hat sich eher in die Landschaft verlagert. Vor allem dorthin, wo in der Regel keiner so genau hinschaut. „Insbesondere am Lech gibt es viel illegale Entsorgung, vor allem durch Griller“, hat der Bürgermeister beobachtet. Die Konsequenz? „Die Bergwacht schaut und ist aktiv am Weg.“ Was geschieht, wenn sie jemanden erwischt? „Zuerst wird mal verwarnt – und bei Wiederholung dann gestraft.“ Allzuviel kommt dadurch indes nicht ins Säckel der Marktgemeinde. Oberer: „Wir setzen in erster Linie auf Vorbeugung durch die Verwarnungen.“ Kein großes Problem sind derweil die Mülleimer an den Straßenrändern in der Gemeinde, die von den Mitarbeitern des Wirtschaftshofs entleert werden: „Die sind nur klein und haben ja auch die ,Hüte'. Da wird zwar ab und zu versucht, Hausmüll zu entsorgen, aber da geht eben nicht viel rein.“ Wesentlich mehr Ärger hat offenkundig das Team des Baubezirksamts: An den Parkplätzen entlang der B179 müssten pro Jahr weit über 100 Tonnen entsorgt werden, sagt Bgm. Luis Oberer. Da seien die Behälter eben wesentlich größer. „Und so mancher Wohnmobilfahrer holt einfach seinen Müllsack raus, packt ihn dort hinein und fährt einfach weiter“, ergänzt Schneider.
Problem Hundesackerl.

Dessen Mannschaft hat wiederum viel mit dem Inhalt der 75.000 Hundesackerl zu schaffen, die pro Jahr an den 45 „Gassistationen“ in Reutte ausgegeben werden. Der kommt übrigens in den Restmüll und wird in Kempten verbrannt. Aber noch mehr ärgern den Bürgermeister die Zeitgenossen, die zu faul sind, um den Hundesackerl-Service in Anspruch zu nehmen. Beziehungsweise das nur tun, wenn sie sich beobachtet wähnen – und danach die gefüllten Plastiktüterln nicht ordnungsgemäß entsorgen, sondern einfach in die Landschaft werfen. Hier ist zwar auch die Bergwacht angehalten, dies zu beobachten und zu ahnden. Aber das ist auch aus Sicht von Oberer keine leichte Übung: „Um das zu bestrafen, musst du die Leute in flagranti erwischen und dich auf die Lauer legen“, betont der Bürgermeister. Die Bergwacht ist übrigens auch berechtigt zu überprüfen, ob ein Hund überhaupt angemeldet ist. Da scheint es in Reutte doch eine ziemlich hohe Dunkelziffer zu geben. Dass in der Marktgemeinde gerade mal 294 Zamperl leben (so viel sind offiziell angemeldet), können viele (inklusive Oberers) kaum fassen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es bei 81 Millionen Einwohnern rund 11,5 Millionen „Wauwaus“. Auf Reutte hochgerechnet bedeutet dies: Es müssten wohl realistisch 1000 sein. Und demzufolge sieht der Markt-Chef auch bei den „Hundegaageln den größten Handlungsbedarf“. Die Bauern jammerten massiv: „Die haben das größte Problem, wenn der Dreck auf ihren Wiesen liegt und dann im Tierfutter landet. Und werden dann auch noch beschimpft, wenn sie Hundebesitzer darauf ansprechen, dass das nicht geht.“
Müll-Bilanz.

Aber zurück zur Reuttener Müll-Bilanz: 521 Tonnen Restmüll (davon allein 60 Tonnen Windeln!) wurden laut Schneider im vergangenen Jahr hier eingesammelt und zur Verbrennungsanlage in Kempten gebracht. Demgegenüber stehen 888 Tonnen Wertstoffe, die bei der Firma Lechner abgegeben wurden. Wie setzen sich die zusammen? „368 Tonnen Papier, 162 Tonnen Karton, 333 Tonnen Kunststoff und 24 Tonnen Dosen“, schlüsselt Schneider auf. 251 Tonnen Biomüll wurden bei der Firma Höpperger in Rietz kompostiert. Und Schneiders Statistik weist auch noch 17 Tonnen Problemstoffe und 2460 Kubikmeter Strauchschnitt auf. Übrigens: Vor 25 Jahren wurden in Reutte 559 Tonnen Restmüll registriert. Eine Entwicklung, die Schneider freut: „Jetzt haben wir 38 Tonnen weniger, obwohl es mehr Einwohner gibt.“ Gleichzeitig sei die Zahl der Wertstoffe gestiegen. Und für die bekommt die Marktgemeinde sogar eine Vergütung. Oberer zeigt sich daher auch zufrieden: „Die Müllbeseitigung ist für uns kostendeckend.“

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