Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Jetzt beherzt helfen!“

Bezirksweite Mahnwache der Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“

Es war bereits die zehnte Mahnwache vor der Reuttener Sankt Anna-Kirche – und diese war vergangenen Samstag bezirksweit organisiert. Die Außerferner Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“ macht auf die Not der Menschen in den Lagern auf Lesbos aufmerksam. Nach einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss in Reutte wurde jetzt auch ein Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz gerichtet.
29. März 2021 | von Sabine Schretter
Schwester Notburga Maringele engagiert sich vor allem in Innsbruck bei den „Wochenenden für Moria“. RS-Fotos: Schretter
Von Sabine Schretter.
Paul Mascher, sonst bei den Mahnwachen im Zwischentoren beteiligt und Mitbegründer der Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“, begleitete die Stunde zwischen 11 und 12 Uhr, die diesmal nicht nur schweigend, sondern erfüllt mit verbindenden Worten und musikalischer Umrahmung durch Andreas Reisigl mit dem Hang und Maria Dopler auf der Flöte, stattfand. Dekan Franz Neuner brachte es in seinen Worten an die zahlreichen Mahnwache-Teilnehmer auf den Punkt: „Ich bin einer von euch mit Prägungen meiner eigenen Lebensgeschichte. Gut-sein habe ich von meinen Eltern und Großeltern erfahren. Daher sage ich: Jetzt beherzt helfen!“ Man hat nie genug getan, um sich für Menschen in Not einzusetzen, appellierte Katharina Bachlechner an die Empathie der Menschen. Regina Karlen betonte, dass es ein gemeinsames Anliegen sei, den Flüchtlingen auf Lesbos vor Ort, aber auch hier in Österreich zu helfen. Die Außerferner Initiative konnte bislang 31.895 Euro an Spendengeldern sammeln. 29.000 Euro davon wurden bereits an verschiedene Organisationen überwiesen. Den Kontakt zu diesen Organisationen stellte Judith Paminger her, die bereits zweimal für mehrere Wochen auf Lesbos verbrachte, um vor Ort zu helfen. Über ihre Erfahrungen erzählte sich mittels Videobotschaft. 

Die Hoffnung nicht aufgeben. 
Ganz besonders freute die Organisatoren die Teilnahme von Schwester Notburga Maringele. Die gebürtige Nesselwänglerin wirkt im Franziskanerkloster in Hall und verbrachte bereits viele „Wochenenden für Moria“ am Innsbrucker Landhausplatz, zweimal übernachtete sie auch in der Zeltstadt. „Jeder hat ein Recht auf ein gesichertes und gutes Leben. Und jeder von uns kann irgendwann wieder fremd sein. Wir sind in der Lage zu helfen, also sollten wir es auch tun,“ richtete sich Schwester Notburga an die Anwesenden. Ein besonders eindringlicher und sehr emotionaler Apell kam von Bichlbachs Altbürgermeister Albert Linser: „Ich halte das bald nicht mehr aus, mag die schrecklichen Bilder nicht mehr sehen. Ich richte meine Worte laut und deutlich an Landeshauptmann Platter, der am Ballhausplatz endich einmahnen soll, was Bundespräident Van der Bellen ausgesprochen hat: ,So sind wir Österreicher nicht!‘“. Mit-Initiator Karlheinz Kurz gab abschließend das Versprechen: „Hoffnung ist die Fähigleit, für das Gelingen einer Sache zu arbeiten. Diese Hoffnung geben wir nicht auf. Wir stellen uns weiter wöchentlich 1 Stunde hier hin!“ Dem Außerferner Beispiel folgen mittlerweile tirolweit mehr als 20 Gemeinden. Der Brief, der an den Bundeskanzler geschickt wurde, ist in vollem Umfang auf der Webseite der RUNDSCHAU www.rundschau.at zu lesen.
 
„Jetzt beherzt helfen!“
Karlheinz Kurz, Minitinitator von „Hoffnung für Flüchtlinge“, wird eweitermachen. Er gibt die Hoffnung nicht auf.

Hoffnung für Flüchtlinge auf der Insel Lesbos

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Schreckliche Bilder erreichen uns immer wieder über die Medien von den Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos. Eine humanitäre Katastrophe größten Ausmaßes innerhalb der europäischen Union. Auch dieser Brief soll ein weiterer Weckruf für die gesamte Bundesregierung sein alles in ihrer Macht Stehende zu tun um diesem Flüchtlingsdrama möglichst schnell ein menschlich positives Ende zu setzen. Auch im Bezirk Reutte lassen diese menschenunwürdigen Zustände in den Lagern Moria und Kara Tepe die Bewohner nicht kalt. Initiativen wurden gegründet, Mahnwachen werden abgehalten und über direkte Ansprechpartner Vorort auf Lesbos finanzielle Unterstützungen zur Linderung dieser unsagbaren Not überwiesen.
Viele Leute in Reutte fragen sich warum die EU und die österreichische Bundesregierung so etwas zulassen? Die Würde des Menschen steht doch an absolut erster Stelle. Angesichts dieser Berichte stellt sich für die Bewohner des Außerferns die Frage, was ist mit den Milliarden passiert die von Seiten der EU und seinen Mitgliedsländern an Unterstützung für die Flüchtlingshilfe nach Griechenland geflossen sind? Sind diese Gelder in erster Linie für die totale Absicherung der EU-Außengrenzen verwendet worden, während die Flüchtlinge in den Lagern in einer unglaublichen Notlage ohne Zukunftsperspektiven leben müssen? Warum bleibt ein Großteil der Hilfsgüter am Festland hängen und hat die Lager immer noch nicht erreicht? Wird hier Abschreckungspolitik im stillen Einvernehmen aller Mitgliedsländer betrieben?
Alles Fragen die bisher unbeantwortet blieben und welche auch im Reuttener Gemeinderat zu angeregten Diskussionen geführt haben. Auf Lesbos vollzieht sich eine humanitäre Katastrophe und im Katastrophenfall muss schnell geholfen werden war sich der Gemeinderat einig. Es herrschte großes Unverständnis darüber warum das von einem Wohlstandstaat wie Österreich noch nicht im ausreichenden Ausmaß umgesetzt wurde. Deshalb haben die Gemeindemandatare folgenden einstimmigen Beschluss gefasst:

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Reutte fordert die EU-Kommission und die österreichische Bundesregierung auf, das Flüchtlingsdrama auf Lesbos endlich zu beenden, das Camp zu evakuieren und allen Flüchtlingen in diesen Lagern ein Leben in Sicherheit und mit Zukunft zu ermöglichen. Alle EU-Mitgliedstaaten, so auch Österreich, werden aufgefordert im Rahmen einer gemeinsamen Migrationspolitik Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn die Bundesregierung die Aufnahme von Flüchtlingen ermöglicht, ist die Marktgemeinde Reutte gerne bereit, so wie 2015 auch, flüchtenden Menschen durch die Aufnahme in Reutte Menschenwürdige Lebensbedingungen zu ermöglichen.

Über eine Antwort Ihrerseits würden wir uns sehr freuen. „Nicht Wegschauen, sondern nachhaltig helfen“.

Bürgermeister Luis Oberer,
Bürgermeister von Reutte

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