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Marktgemeinde Reutte lud zum Wohnbaugipfel

Klare Worte an die Siedlungsgenossenschaften und Wohnbauträger: Leistbarer Wohnraum bei geringerem Bevölkerungswachstum

Der Wohnungsbau in Reutte ist nicht erst seit dem Wahlkampf ein intensiv diskutiertes Thema. Zum einen sind auch im Bezirkshauptort die Immobilienpreise deutlich gestiegen. Zum anderen kam es in den letzten Jahren zu einem starken Bevölkerungswachstum. Dieses Wachstum bedingt einen Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, der die Gemeinde finanziell in eine schwierige Situation bringt.
24. Jänner 2022 | von Sabine Schretter
Marktgemeinde Reutte lud zum Wohnbaugipfel
Reuttes Bürgermeister Günter Salchner lud zu einem Wohnbaugipfel ein. Das Bevölkerungswachstum der Gemeinde soll gebremst werden, der Wohnraum leistbar sein. Foto: Marktgemeinde Reutte
Von Sabine Schretter.
Denn, geht dieses Wachstum weiter wie bisher, ist alle fünf Jahre eine zusätzliche Kindergartengruppe einzurichten. Knapp wird es auch in den Kinderkrippen und Volksschulen. Aufgrund von Privatverkäufen besitzen die Siedlungsgesellschaften insgesamt rund 77.000m2 gewidmete Flächen, auf denen derzeit gebaut oder projektiert wird bzw. die als Reserve dienen. Übersetzt man diese Flächen in Wohnungen, ergibt sich ein potenzielles Bevölkerungswachstum von rund 1.200 Menschen.

Ungesundes Wachstum.
Aufgrund einer sehr großzügigen Widmungspolitik in den 1980er Jahren hat Reutte landesweit betrachtet einen sehr hohen Baulandüberhang von 113m2 pro Einwohner. Dazu kommen Grundstücke mit Ein- und Zweifamilienhäusern im Ausmaß von rund 145.000m2, die aufgrund des hohen Alters der Bewohner in den nächsten Jahren auf den Markt kommen könnten. „Hier schlummert in Summe Potenzial für ein Wachstum, das für Reutte nicht gesund ist. Es braucht neue Spielregeln für eine gedeihliche Entwicklung“, ist sich Bürgermeister Günter Salchner sicher. Er lud daher am Mittwoch, dem  19. Jänner, zu einem Wohnbaugipfel in den Lina-Thyll-Saal der Musikschule.

Gipfeltreffen.
Alle in Reutte engagierten Siedlungsgesellschaften sowie Architekten, Makler und Vertreter von Baufirmen folgten dieser Einladung. Über 40 Teilnehmer – mit Maske und 2-G-Nachweis – nahmen auf den nummerierten Stühlen Platz. Bgm. Salchner präsentierte umfangreiche Analysen zu demografischer Entwicklung, Gebäude- und Siedlungsstruktur sowie Wohnungsansuchen. In der Gemeinde sind ca. 250 bis 300 Wohnungsansuchen anhängig. Davon entfallen rund zwei Drittel auf Menschen, die schon in Reutte wohnen. Die einen suchen eine kleinere, die anderen eine größere Bleibe. Zukünftig sind vermehrt Tauschmöglichkeiten ins Visier zu nehmen. Die Zahl der Ansuchen lässt sich jedenfalls nicht eins zu eins auf den Bedarf an zusätzlichen Wohnungen übertragen.

Mehr Mitsprache.
Um leistbares Wohnen sicherzustellen, wird Reutte zukünftig die Instrumente der Vertragsraumordnung stärker nutzen. Die Gemeinde erhält dadurch eine stärkere Mitsprache bei Vergabe und Kosten von Wohnungen. Bei der Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes standen diese Instrumente noch nicht zur Verfügung. Bereits im September lud Günter Salchner die Gemeinderäte zu einer entsprechenden Arbeitssitzung mit Ortsplaner Herbert Reinstadler ein. Beim Wohnbaugipfel kritisierte Margit Dablander, Vertreterin der Grünen Fraktion, Architekturdefizite beim Wohnbau. Zudem bezeichnete sie die herkömmlichen Isoliermaterialen als Giftmüll von morgen. Der Vertreter einer Siedlungsgesellschaft führte dies auf die Tiroler Bauordnung und die Vorgaben der Wohnbauförderung zurück. Manfred Saurer hielt ein Plädoyer für den Holzbau – nicht zuletzt mit Blick auf den Klimaschutz. Zudem berichtete er über ein Projekt zum Mehrgenerationenwohnen, das Holzbau Saurer in Südnorwegen umsetzte. Dies könnte auch für Reut-te interessant sein. Große Einigkeit herrschte beim Thema angemessene Baukosten gemäß Wohnbauförderung. Diese seien absolut realitätsfern. Michael Kugler, Vertreter der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Tirol, zeigte sich beeindruckt von derart gut aufbereiteten Daten und dem klaren Bekenntnis zur engen Abstimmung mit der Bau- und Immobilienwirtschaft. Alle Teilnehmer bedankten sich bei der Marktgemeinde Reutte für die gelungene Veranstaltung und begrüßten die Ankündigung des Ortschefs, solche Wohnbaugipfel regelmäßig anzubieten.
Marktgemeinde Reutte lud zum Wohnbaugipfel
Fazit des Reuttener Wohnbaugipfels: Leistbares Wohnen bei geringerem Bevölkerungswachstum.

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