Vor Ende der Periode werden die Karten in Reuttes Gemeindeführung neu gemischt
Es war die sprichwörtliche Bombe, die Reuttes Bürgermeister Luis Oberer am Ende der Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag platzen ließ. Mit 31. März legt er sein Bürgermeisteramt sowie sämtliche Gemeinderatsfunktionen zurück.
Von Sabine Schretter.
Beim letzten Punkt der Tagesordnung „Allfälliges“ ergriff Luis Oberer „in eigener Sache“ das Wort: „Im Leben gibt es oft Veränderungen – und ich liebe Veränderungen. Die heutige Gemeinderatssitzung wird meine letzte sein. Mit 31. März lege ich mein Bürgermeisteramt und alle meine Gemeinderatsfunktionen zurück.“ Dieser Ankündigung, die sichtbar für Verwunderung sorgte, setzte Oberer nach: „Ich will Spekulationen erst gar nicht aufkommen lassen. Nein, ich bin nicht krank und nein, ich brauche nicht mehr Zeit zum Radeln (Luis Oberer hatte 2020 die Bürgermeister-Radl-Challenge gewonnen, Anm. d. Red.) und ich bin auch nicht amtsmüde. Aber der Zeitpunkt für diesen Schritt ist genau der richtige.“ Auch einen Nachfolger hatte der Noch-Bürgermeister schon bei der Hand: Gemeindevorstand Günter Salchner (Fraktion Liste Luis) kandidiert für die Bürgermeister-Nachfolge und wird, davon ist Luis Oberer überzeugt, die erfolgreiche Zusammenarbeit ebenso weiterführen. Rückblickend freute sich Oberer über vieles, das erreicht worden sei und ihn besonders gefreut habe – etwa die Umsetzung des Projekts Alpentherme Ehrenberg, wichtige Schritte im Bereich Pflege oder die Kleinkunstbühne „Kellerei“, die unter seiner Amtsführung an den Start gebracht wurde. Neben der „gewaltigen Feier“ zu seinem 70er (21. Jänner 2019) werden ihm auch die beiden unvergesslichen Wahlergebnisse, die ihn für fast zwei Perioden zum Marktchef machten, immer in Erinnerung bleiben. „Ich habe die umgesetzten Projekte anhand der Gemeindezeitungen zusammengeschrieben. Es sind drei Seiten geworden! Die alle vorzulesen erspare ich uns.“ Er sei dankbar für alles und richtete ein großes Danke an die Anwesenden. „Ich gehen jetzt mit einem sehr guten Gefühl in meinen zweiten Ruhestand. Eine Ära geht zu Ende und etwas Neues beginnt“, mit diesen Worten übergab der Scheidende an den Nachfolgenden, an Günter Salchner.
Bereit.
REA-Geschäftsführer und Gemeindevorstand Günter Salchner blickte auf elf Jahre zurück, in denen sehr viel weitergegangen ist. Sein Wunsch sei es, dass sich dies fortsetzen möge. Luis’ Wunsch sei es, dass er der Nachfolger wird. „Ob das auch der Wunsch des Gemeinderates ist, wird sich zeigen. Ich bin bereit und stelle mich der Wahl. Ich biete an, meine Fähigkeiten und Netzwerke einzubringen, zum Wohle der Marktgemeinde und aller Reuttener. Wenn ich gewählt werde, werde ich das Bürgermeisteramt hauptberuflich ausüben. Dann steht auch bei der Regionalentwicklung Außerfern ein Generationswechsel an. Aber auch bei der REA werde ich weiter mein Know-how einbringen“, so Salchner. Der REA-Geschäftsführer und Gemeindevorstand genießt jedenfalls gutes Ansehen im Gemeinderat, die Zusammenarbeit mit den Fraktionen passt. Luis Oberer wurde mit großen Applaus und Standing Ovations bedacht, was diesem, obwohl „ich mich eigentlich für ziemlich cool gehalten habe“, doch sehr nahe und unter die Haut ging.
Beratung.
Für die Fraktion Liste Luis und die beiden Hauptprotagonisten schien der Schritt wohlüberlegt. Bei den anderen Gemeinderatsmitgliedern war die Überraschung groß. Man hatte damit gerechnet, dass Oberer die Periode auf jeden Fall noch zu Ende bringt.
Der zweite Vizebürgermeister und ÖVP-Bezirksgeschäftsführer Klaus Schimana zeigte sich im Gespräch mit der RUNDSCHAU verwundert: „Wir sind davon ausgegangen, dass Luis die Periode fertigmacht, wir habe doch noch einige Projekte in der Pipeline. Aber er will jetzt Tatsachen schaffen.“ Jedenfalls müsse der Gemeinderat – wie es die Tiroler Gemeindeordnung vorsieht – einen neuen Bürgermeister wählen. Bis dahin wird interimsmäßig der erste Vizebürgermeister, Gerfried Breuss, die Amtsgeschäfte führen. Oberer muss seinen Rücktritt jetzt schriftlich einreichen. Nach einer Woche Abkühlung, wie Klaus Schimana es ausdrückte, wählt der Gemeinderat einen neuen Bürgermeister. Die Volkswahl 2022 wird dennoch ganz normal stattfinden. Seine Fraktion (ÖVP) werde sich voraussichtlich am Dienstag (23. März) treffen und das weitere Prozedere beraten und einen Kandidaten für die vorgezogene Wahl aufstellen. Das gab Klaus Schimana der RUNDSCHAU kurz vor Redaktionsschluss (Freitag, 19. März) bekannt.
Lobende Worte kamen auch von Gottfried Strauß, SPÖ-Gemeinderat und Vorsitzender der SPÖ in der Marktgemeinde Reutte: „Ein langjähriger Bürgermeister und Sozialdemokrat, der die Gemeinde spürbar geprägt hat, legt sein Amt zurück. Ich möchte mich bei Alois Oberer aus ganzem Herzen für seine Arbeit und seinen tatkräftigen und unbeirrten Einsatz bedanken. Er hinterlässt einen sehr großen Fußabdruck.“ SP-Bezirksvorsitzender und Bundesrat Stefan Zaggl hebt Oberers Mitmenschlichkeit, Solidarität und Zusammenhalt über Gemeindegrenzen hinweg hervor und nannte als Beispiel dafür die Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“, bei der Oberer eine tragende Rolle einnimmt.
Das Feld bereitet?
Dass Luis Oberer sich kein weiteres Mal der Bürgermeisterwahl stellen wird, hatte er schon längst kundgetan; dass er vorzeitig aus dem Amt scheiden wird, hatte wohl niemand gedacht. Für Oberer ist der Claim abgesteckt. „Ich bin mir sicher, dass Günter der neue Reuttener Bürgermeister werden wird.“ Auch wenn Salchner stets eine gute Zusammenarbeit mit den Fraktionen suchte – was auch Klaus Schimana bestätigte – wird man das fürs Erste nach der Wahl durch den Gemeinderat und ganz genau nach der Volkswahl 2022 wissen.
Applaus für einen, der vorzeitig geht: Bei der großen und lautstarken Wertschätzung zeigte Luis Oberer Emotionen.
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