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„Open Doors“ ist präsent ...

5. Feber 2019 | von Sabine Schretter
„Open Doors“ ist präsent ...
Kurt Igler ist seit 2012 Regionalleiter von „Open Doors“ in Österreich. Die Organisation setzt sich weltweit für verfolgte Christen ein. RS-Foto: Schretter

... wo die Not am größten ist und Christen am stärksten verfolgt werden


Glaubensfreiheit ist ein Grundrecht, das jedem Menschen zugestanden werden muss. Gerade deshalb ist es nur schwer vorstellbar, dass gerade Christen heute die weltweit am stärksten verfolgte Glaubensgruppe sind.

„Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden“, heißt es in Artikel 18 der Erklärung der Menschenrechte, die am 10.Dezember 1948 verabschiedet wurde.
Heute, kaum mehr als 60 Jahre später, zeigt sich, dass vielerorts Menschenrechte – vor allem auch das Recht auf Religionsfreiheit – missachtet und mit Füßen getreten werden.
Wir sind nicht die Bösen.

Die Organisation „Open Doors“ hilft seit 1955 verfolgten Christen weltweit mit geistlicher und materieller Unterstützung. Der evangelische Missionar Bruder Andrew gründete 1955 „Open Doors“ und setzte sich zum Ziel, verfolgten Christen beizustehen. Er begann damit in den kommunistischen Ländern des ehemaligen Ostblocks, schmuggelte Bibeln durch den Eisernen Vorhang, reiste später nach China und in viele andere Länder. Heute ist „Open Doors“ in über 60 Ländern weltweit auf allen Kontinenten tätig.
Der evangelische Theologe Kurt Igler ist Regionalleiter von „Open Doors Österreich“. Im Gespräch mit der RUNDSCHAU schildert er die dramatische Situation verfolgter Christen und erzählt über seine Arbeit. „Generell verschlechtert sich die Gesamtlage weltweit. Religion wird immer stärker politisiert, Fundamentalismus nimmt zu. Autoritäre Regime wollen immer mehr kontrollieren“, umreißt er die Situation in kurzen Worten.
Kurt Igler studierte evangelische Theologie in Wien, Gießen und Vancouver. 2008, 60 Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte, gründete er die Plattform „Solidarität mit verfolgten Christen“, um auf die Geringachtung der Religionsfreiheit aufmerksam zu machen. „Ich war also doch schon einige Zeit mit der Thematik befasst, als ich 2012 dann die Regionalleitung von ,Open Doors’ in Österreich übernahm“, sagt er.
In Österreich beschäftigt „Open Doors“ zwei angestellte Mitarbeiter, dazu Referenten auf Honorarbasis. Weltweit unterhält „Open Doors“ 22 Unterstützungsbüros mit über 1.000 Mitarbeitern. Die Organisation agiert rein spendenfinanziert, das Spendenaufkommen (getragen von Einzelpersonen, Kirchen und Stiftungen) beträgt jährlich 120 Millionen Dollar.
„Wir wollen Christen dort erreichen, wo sie am stärksten verfolgt sind. Jährlich geben wir den Weltverfolgungsindex heraus, der die Bedingungen ermittelt, die zu Verfolgung führen“, so der Regionalleiter von „Open Doors Österreich“. Besonderes Augenmerk werde dabei auf Untergrund- und Konvertitenkirchen gelegt, führt Kurt Igler weiter aus. „Gerade im Iran ist die Situation dramatisch. Dort lebt etwa eine Million konvertierter Muslime. Sie sind von enormen Repressalien, Bedrohung und Verfolgung betroffen. Um ihnen zu helfen, unterhalten wir ,Save Houses’ und kümmern uns auch um die ,verborgenen Christen’ auf der arabischen Halbinsel.“
„Open Doors“ engagiert sich zusätzlich stark im Kampf gegen Abschiebungen von Konvertiten nach Afghanistan und in den Iran. „Hier suchen wir intensiv das Gespräch mit der Politik, organisieren Schreibaktionen, mit denen wir Witwen unterstützen. Wir bieten Schulungen an, begleiten und betreuen traumatisierte Menschen und bemühen uns, vor allem auch Frauen zu stärken. Wir sind dabei, die Alphabetisierung von Mädchen und Frauen voranzutreiben.“
Bewusstseinsbildung.

„Open Doors“ sei in Österreich mittlerweile gut angekommen, freut sich der Regionalleiter. Schulen werden besucht und bei verschiedenen Veranstaltungen auf die Thematik aufmerksam gemacht. „Zu bemerken ist allerdings, dass der Westen Österreichs noch in den Kinderschuhen steckt“, unterstreicht Kurt Igler die Dringlichkeit, auch in den westlichen Bundesländern verstärkt aufzutreten.
„Dass es Christenverfolgung heute gibt, ist vielen nicht bekannt. Sie halten das für ein historisches Problem, denken an die Christen in den Katakomben, Zwangsmissionierung oder die Kreuzzüge. Wir haben das Böse bzw. die Dominanz der Christen zu sehr verinnerlicht. Wir von „Open Doors“ sind bemüht, ein Bewusstsein für die heutigen Verfolgten zu schaffen, aber auch zu zeigen, dass nicht explizit Christen die Bösen sind. Es hat sich heute vieles umgekehrt. Man setzt sich daher auch stärker mit dem Islam auseinander, erkennt Intoleranz und betrachtet autoritäre Regime kritisch.“
Vor Ort.

Mitarbeiter von „Open Doors“ sind angehalten, einmal pro Jahr in betroffene Länder zu reisen, um sich ein Bild vor Ort zu verschaffen. „Ich bin schon in einigen Ländern gewesen, habe viel Schlimmes gesehen. Demnächst reise ich nach Äthiopien. Wenn es möglich ist, sollen mit unserer Unterstützung einheimische Mitarbeiter aus den Ländern die Aufgaben übernehmen“, gibt Kurt Igler Einblick in die Tragweite seiner Tätigkeit. Sein Reiseziel Äthiopien ist ein Land, in dem viel vorwärts geht. „Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed setzt sich sehr für eine Verständigung der Volksgruppen ein. Er ist seit seinem Amtsantritt 2018 ein Hoffnungsträger für das Land.“
Hot Spots.

Aus anderen Ländern ist wenig ähnlich Positives zu berichten. „Nordkorea ist bereits zum 18. Mal an erster Stelle des Weltverfolgungsindex – totalitäre Regime akzeptieren keine Autorität außer der eigenen. In China ist seit 2018 eine starke Zunahme der Christenverfolgung zu verzeichnen. Ein neues Gesetz stellte dort im Februar 2018 Christen unter starke Beobachtung. Es herrscht eine extreme staatliche Kontrolle durch die Partei.
In christlichen Kirchen müssen Überwachungskameras intalliert werden.“ Kurt Igler nennt auch Indien als sehr gefährliches Pflaster. „Indien liegt aktuell auf Platz zehn unseres Index. Das Land ist geprägt durch einen fundamentalistischen Hinduismus. Aus dieser Richtung kommt auch der amtierende Ministerpräsident Narendra Modi. Das erschwert natürlich unsere Tätigkeit in Indien, wir spüren großen Druck und eine Zunahme an Gewalt.“ Sorge bereiten auch die Subsaharastaaten in Afrika, wo eine starke Radikalisierung des Islams zu bemerken ist, die oft vom Ausland geschürt wird.
Besuch.

Vor Kurzem besuchte Kurt Igler das Außerfern und machte bei einem Vortrag auf die Situation verfolgter Christen aufmerksam.
„Wir sind dort präsent, wo die Not am größten ist, bemühen uns, nachhaltig zu arbeiten. Wir bleiben vor Ort, bis Probleme gelöst sind. Uns liegt am Herzen, Mitarbeiter aus den Ländern zu stärken und sie bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen. Wir wollen ein Sprachrohr für jene sein, die keine Stimme haben“, erklärt der engagierte Kurt Igler abschließend.

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