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„Qualität vor Schnelligkeit!

Auch Transitforum und Xund’s Lechtl kritisieren Verordnung zum Motorradlärm im Außerfern

Auf die Bremse treten – das wollen das Transitforum Austria Tirol und die Initiative Xund’s Lechtl: Bevor diese Woche eine Verordnung in Kraft tritt, die aus deren Sicht nichts bewirkt, um den Motorradlärm im Außerfern tatsächlich zu bekämpfen, und dazu rechtlich auf wackligen Füßen steht, solle man sich lieber noch einmal Zeit nehmen und eine hieb- und stichfeste Lösung erarbeiten.
8. Juni 2020 | von von Jürgen Gerrmann
„Qualität vor Schnelligkeit!
In dieser Woche soll eine neue Verordnung gegen den Motorrad-Lärm im Außerfern in Kraft treten. Transitforum und Xund's Lechtl fordern nun aber einen Aufschub und eine Überarbeitung.     RS-Foto: Gerrmann
von Jürgen Gerrmann

Als Fritz Gurgiser, Obmann des Transitforums, die beiden Verordnungen – deren Inkrafttreten für den 10. Juni angesetzt wurde – am letzten Tag der Einspruchsfrist in den Händen hielt, setzte er sich hin und schrieb zwei neue Entwürfe – einen für das Land Tirol, einen für die Bezirkshauptmannschaft Reutte: „Die Bestimmungen gehören um wesentliche Punkte ergänzt. Wir wollen, dass man sich die Dinge nochmal genau anschaut, damit sie nicht rechtlich gleich wieder kippen, oder genauso unwirksam sind wie die 17 Tempolimits im vergangenen Jahr, die auch in einer Blitzaktion verordnet wurden.“

KRITIK AN MANGELNDER BÜRGERBETEILIGUNG. Wobei Gurgiser bedauert, dass auch heuer der bisherige Entwurf der Verordnung erarbeitet worden sei, ohne  die „direkt und unmittelbar vom hohen Umgebungslärm betroffene Bevölkerung“ mit einzubinden. Transitforum und Xund’s Lechtl erinnern die Behörden in diesem Zusammenhang einmal mehr an die Verpflichtung aus der Straßenverkehrsordnung, den Lärm nachhaltig zu bekämpfen.
Ihr Alternativ-Entwurf sieht auch vor, in die Verordnung eine Zielbestimmung mit aufzunehmen. In der solle landes-, bundes- und europaweit präzise dargestellt werden, dass es bei den Verkehrseinschränkungen für Motorradfahrer ausschließlich darum gehe, „nationalen und internationalen Verpflichtungen“ (wie aus der Alpenkonvention) „zum Schutz der Gesundheit der Lebens- und Wirtschaftsqualität der privaten und betrieblichen Anrainerschaft“ nachzukommen. Es könne zum Beispiel nicht angehen, dass Biker bei der Rast am Hahntennjoch die Ohrstöpsel herausnehmen müssten, damit sie sich überhaupt verstehen, während ein Meter daneben das Ruhegebiet Muttekopf beginne. Das Kriterium des Standgeräuschs, das in der bisherigen Fassung ausschlaggebend für ein Fahrverbot ist, können die Initiativen ebenfalls nicht nachvollziehen, da der krank machende Lärm ja nicht von stehenden, sondern im Pulk fahrenden Bikes hervorgerufen werde. Da sei eine Kontrolle fast gar nicht oder nur schwer möglich – und man schiebe dabei wieder der Polizei den „Schwarzen Lärm-Peter“ zu. Zudem breite sich der Lärm ja in einem engen Alpental anders aus als im Flachland: Die Lärmkulisse sei inmitten der Berge viel gewaltiger.  Selbstverständlich ist es für Gurgiser, Anwohner von einem Fahrverbot auszunehmen: „Die paar sind doch kein Problem, es geht hier um den Freizeitlärm.“

DIE BIKES UND DIE FREIHEIT. Auf die Nerven geht ihm allerdings das „Freiheitsgerede“ aus den Biker-Kreisen: „Damit soll man endlich aufhören.“ Ein Motorrad zu besitzen, sei noch lange kein Freibrief, nervtötenden Lärm zu verursachen: „Es gibt kein Menschenrecht auf Krach.“ Denn im Mittelpunkt müsse die Gesundheit der Anrainer stehen. Nicht mehr hören kann Gurgiser auch „das Ablenkungsmanöver mit der EU“. Seit 30 Jahren höre er nun, dies oder das sei „zuerst wegen Wien, nach dem EU-Beitritt wegen Brüssel nicht möglich – und nie hat es gestimmt“. So gebe es zum Beispiel in Deutschland (das ja auch der EU angehöre) eine ganze Reihe von Motorrad-Fahrverboten – zum Teil am Wochenende, zum Teil komplett.

PROTESTE AUCH IN SÜDTIROL. Dass die Anwohner der Bike-Strecken im Außerfern nach wie vor unter dem Krach litten, liegt aus Gurgisers Sicht an „einzelnen Egoisten, die nicht bereit sind, ihren Beitrag zur Lärmverminderungen zu leisten“. Damit verkannten sie allerdings die Zeichen der Zeit: „Mittel- und langfristig wird es im ganzen Alpenraum einen solchen Krach nicht mehr geben.“ Auch am Grödner und am Sella-Joch in Südtirol gebe es nun schon massiven Protest der Anrainer, letztlich werde es so kommen wie bei den Lkws, bei denen es ja auch gelungen sei, die Schadstoffe um die Hälfte zu verringern. Die Industrie sei ja schon jetzt in der Lage, leisere Motorräder zu produzieren.

QUALITÄT HAT VORTRITT. Was die aktuelle Situation anbelange, so müsse das Motto jetzt „Qualität vor Schnelligkeit“ lauten. Die Verordnung gehöre überarbeitet: „Und dabei muss die betroffene Bevölkerung mit eingebunden werden.“ Es gelte, einer „geordneten Streitkultur“ zum Durchbruch zu verhelfen: „Bisher war das so – man redet und schwadroniert mit den Verursachern des Krawalls und lässt die Betroffenen links liegen. Die Tiroler werden ausgegrenzt – das geht doch nicht!“

 

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