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Schüler- und Lehrlingsheim, Mensa?

An diesem Thema wird weiter gearbeitet. Marktgemeinde Reutte beschäftigt sich mit einem Mehrgenerationenprojekt

Mit der Erweiterung des Bildungsangebotes im Bezirk Reutte durch die HTL für Informationstechnologie nahmen die Diskussionen um eine Mensa samt Schüler- und Lehrlingsheim neuen Wind auf. Zu klären gilt es aber neben der Bedarfsfrage auch die, ob ein reines Schüler- und Lehrlingsheim auch betriebswirtschaftlich zu führen ist. Darüber unterhielt sich die RUNDSCHAU mit Reuttes Bürgermeister Günter Salchner.
20. Feber 2023 | von Sabine Schretter
Schüler- und Lehrlingsheim, Mensa?
Zwei denkbare Standorte für ein Mehrgenerationenprojekt in Reutte: Das Areal der alten Storfvilla beim Schulzentrum, das im Besitz der Siedlungsgenossenschaft Frieden ist, ... RS-Fotos: Schretter
Von Sabine Schretter.
Im Dezember 2022 brachte die FPÖ beim Tiroler Landtag den Antrag auf Bedarfserhebung für ein Schülerheim mit Mensa ein. Diese wurde jetzt beschlossen und soll, so wünscht es sich FPÖ-Bezirksparteiobmann Fabian Walch, „jetzt schnell erfolgen“. „Das Thema ist nicht neu, daran wird schon lange gearbeitet“, erklärte Bgm. Günter Salchner im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Gerade über eine Mensa beim Schulzentrum ist im Vorfeld bereits intensiv diskutiert worden. Es sei allerdings nicht ganz einfach, die Bedürfnisse von Landes- und Bundesschulen unter einen Hut zu bringen. Um das Mensa-Thema wurde es ruhig. Seitens der Marktgemeinde Reutte ist man aber in Kontakt mit verschiedenen Wohnbauträgern, von denen einige Flächen besitzen, die als mögliche Standorte in Frage kommen. So gehört der Tigewosi das Areal des sogenannten „Lehrerghettos“ beim Schulzentrum, der Siedlungsgenossenschaft Frieden das Areal der alten Storfvilla, ebenfalls beim Schulzentrum. Die Alpenländische gemeinnützige Wohnbaugesellschaft besitzt das Grundstück am ehemaligen Fritz-Areal nahe der Dr. Machenschalk-Straße.
Wie steht es aber um den Bedarf nach einem Schüler- und Lehrlingsheim? Das Schulzentrum allein, auch mit dem neuen Angebot der HTL, wird ein Schülerheim nicht füllen. Aus den übrigen Tiroler Bezirken kommen kaum Schüler ins Außerfern. Das IKA, das Ingenieurskolleg für Automatisierungstechnik, besuchen nur wenige  Schüler aus anderen Bezirken. „Außerdem sind diese Schüler ja mindestens 18 Jahre alt und wohnen lieber in Wohngemeinschaften oder privat“, führt Bgm. Salchner dazu aus. Ähnlich verhält es sich bei den Lehrlingen. Kamen bis vor ca. 30 Jahren sehr viele Lehrlinge aus Osttirol ins Außerfern – um hier vorzugsweise bei Plansee ihre Lehre zu absolvieren – hat sich ihre Zahl in den letzten Jahren extrem reduziert. Das heißt, dass ein Schüler- und Lehrlingsheim vor allem eine Einrichtung für junge Leute aus den peripheren Außerferner Regionen wäre. „Wir würden uns, was die betriebswirtschaftliche Führung einer solchen Einrichtung betrifft, immer an der Untergrenze bewegen“, gibt Günter Salchner zu bedenken. Bayerische Schüler könnten helfen, die kritische Masse zu erreichen. „Doch auch sie werden kaum für den Schulbesuch ins Außerfern kommen, zusätzlich erschwert würde dies durch die bestehenden Systemunterschiede.“

Generationen und Synergien.
Um Schülern und Lehrlingen einen Heimplatz in Reutte zu erschwinglichen Preisen – für eine betriebswirtschaftliche Führung wäre die ortsübliche Miete von derzeit 16/17 Euro pro Quadratmeter (warm) nötig – bieten zu können, müssten Wirtschaft, Heimatgemeinden, Land und Bund massiv unterstützen. „Eine nachhaltige Idee wäre eine Mehrgenerationeneinrichtung“, erklärt Bgm. Salchner. Betrachtet man den demografischen Wandel, zeigt sich deutlich, dass in absehbarer Zeit die Schere zwischen Pflegebedarf und Pflegeangebot deutlich auseinandergehen wird. „Wir müssen etwas tun – und zwar sehr zeitnah“, ist Salchner überzeugt. Damit gewinnt die Idee einer Mehrgenerationeneinrichtung deutlich an Gestalt. In einem entsprechenden Gebäude könnten Dienstwohnungen für Pflegeeinrichtungen des Bezirkes ebenso wie Wohnungen für Menschen mit Pflegebedarf untergebracht werden. Auch Krisenwohnungen, Einheiten für die Wohnprojekte von Lebenshilfe und Via Nova und Unterkünfte für Schüler und Lehrlinge fänden hier Platz. Am Standort Dr. Machenschalk-Straße, in absoluter Nähe zum Seniorenzentrum könnte Angebote wie die Kantine und der Wäschedienst gemeinsam genutzt werden. Am Standort Schulzentrum wäre eine Mensa „für alle“ ein Denkansatz. „Hier ist allerdings zu klären, wer die Mensa betreibt. Das kann die Marktgemeinde nicht machen“, gibt Bgm. Salchner zu bedenken. Weil es in einem Mehrgenerationenhaus eine Wohnbegleitung gibt, die das Zusammenleben der Generationen koordiniert, wäre für die Aufsicht für Schüler und Lehrlinge gesorgt. Aktuell entsteht ein solches Projekt in Nassereith, das sich am Modell „Haus im Leben“ orientiert. Nach den Plänen von „Architektur Wasle&Strele“ wird dort Wohnraum für alle Generationen mit besonderen Mehrwerten errichtet – Kleinwohnungen mit Allgemeinflächen, von denen alle Bewohner profitieren.
„Die Wohnbaugesellschaften zeigen großes Interesse am Dialog mit der Gemeinde. Die möglichen Standorte sind alle für so ein Projekt geeignet. Bei einem Infotermin möchten wir die Idee der Bevölkerung vorstellen und ich bin überzeugt, dass die Bereitschaft für ein Mehrgenerationenprojekt hier bei uns gegeben ist“, ist Bgm. Salchner überzeugt.
Schüler- und Lehrlingsheim, Mensa?
und das Grundstück nahe der Dr. Machenschalk-Straße, das der Alpenländischen gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft gehört, in unmittelbarer Nachbarschaft des Seniorenzentrums zum guten Hirten.

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