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Schwere Vorwürfe gegen Geschäftsführerin des SGS Außerfern

Pauschalierungen nicht regelkonform. Land Tirol zahlte laut Anklage zuviel für Leistungen

Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und ihren Mitarbeitern dadurch mehr Zeit für die Arbeit an den Klienten zu schaffen, nahm die Geschäftsführerin des SGS Außerfern Pauschalierungen vor – diese stellten sich als nicht regelkonform heraus. Vonseiten der Staatsanwaltschaft wird der Geschäftsführerin nun schwerer Betrug angelastet.
21. Juni 2021 | von Sabine Schretter
Schwere Vorwürfe gegen Geschäftsführerin des SGS Außerfern
Fehler sind passiert. Der Vereinsvorstand des SGS Außerfern – Obmann-Stv. Günther Walch, Obmann Matthias König, Kassier Christian Rhomberg und Obmann-Stv. Klaus Witting (v.l.) – steht aber geeint hinter der wegen schweren Betrugs angeklagten Geschäftsführerin. RS-Foto: Schretter
Von Sabine Schretter.
Ihre Ermittlungen habe die Staatsanwaltschaft im Herbst 2020 nach einer anonymen Anzeige gegen die Geschäftsleitung des SGS Außerfern aufgenommen, erklärte der Vereinsobmann des Sozial- und Gesundheitssprengels Außerfern, Matthias König, gegenüber der Presse. Es treffe zu, dass die Pauschalierungen im Zeitraum 2016 bis 2020 gemacht worden seien. „Über die Jahre hat es vonseiten des Landes Tirol keine Beanstandungen gegeben. Sämtliche Unterlagen wurden stets korrekt abgeliefert. Der Abrechnungsmodus war immer der gleiche“, wundert sich König. Durch die Anzeige aufmerksam gemacht, rechnete und kontrollierte das Land nach – und ermittelte eine Schadenssumme in Höhe von 366.000 Euro. „Das hat das Land anscheinend zuviel gezahlt“, führt König dazu aus. Vorbehaltlich der rechtlichen Klärung überwies der Verein diesen Betrag umgehend an das Land. Man  bekenne sich dadurch aber keineswegs schuldig, betonte Christian Rhomberg, Kassier des Vereins. „Wenn wir zu viel gezahlt haben, fordern wir das auch wieder zurück.“
Dass man Fehler gemacht habe, ist der Geschäftsführerin und dem Vereinsvorstand bewusst. Dafür habe man sich entschuldigt und werde für die Fehler auch geradestehen, so Matthias König. Dem Vorstand ist wichtig zu betonen, dass es weder eine Bereicherung für die Geschäftsführerin noch für den Verein gegeben habe. Alles Geld, das vom Land gezahlt wurde, befindet sich auf dem Konto des SGS Außerfern, der nach wie vor finanziell gut dasteht. Nach der Anzeige vom vergangen Oktober würde auch regelkonform durch einen externen Rechnungsprüfer abgerechnet.

Weniger Verwaltungsaufwand.
Es werde immer wieder eingefordert, den Verwaltungsaufwand zu verringern. „Das hat die Geschäftsführerin versucht, über die Pauschalierungen im Palliativbereich zu erreichen. Positiver Nebeneffekt: Den Mitarbeitern blieb mehr Zeit für die Arbeit an den Klienten. Die direkte Dienstleistung am Klienten wurde wie bisher abgerechnet. Für zusätzliche Leistungen, etwa einen Besorgungsgang zur Apotheke, rechnete die Geschäftsführerin über einen von ihr festgesetzten Pauschalbetrag mit dem Land ab“, erklärte Obmann-Stv. Klaus Witting. Man sei einem „Anfangsfehler“ aufgesessen, auf diesen vom Land aber nicht aufmerksam gemacht worde. „Uns ist bewusst, dass die Abrechnungsmethode nicht regelkonform war, den mathematischen Fehler haben wir richtiggestellt. Es gab aber zu keinem Zeitpunkt irgendeine betrügerische Absicht, denn, warum sollt sich ein Verein wie der unsere bereichern wollen?“, fuhr Witting fort.

Differenzen.
Differenzen gibt es nicht nur mit dem Land Tirol – die Kommunikation sei dürftig – wie Matthias König betont. Diffenrenzen gibt es auch bei der Höhe der angeblichen Schadenssumme: Spricht das Land von den erwähnten 366.000 Euro, weist die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft eine Summe von 457.000 Euro aus. „Wie kommt diese Differenz von 91.000 Euro zustande?“, ist die berechtigte Frage, die sich Kassier Rhomberg stellt. Eine Nachprüfung sei kaum möglich, denn Zeiten, die nicht verrechnet wurden, tauchen im System nicht auf. Ein Vergleich mit den Vorjahren bringe auch nicht viel. „Im einen Jahr bestimmte die Pandemie unser Leben und vorher gab es die Tagespflege noch nicht“, führt Rhomberg dazu aus.

Verhandlung.
Wann die Gerichtsverhandlung stattfinden wird, steht noch nicht fest. Dass unbeabsichtigt Fehler passiert sind, indes schon. Dazu steht der SGS. „Erforderliche Summen werden selbstverständlich ausgeglichen. Das Land Tirol ist unser Partner und mit unseren Partnern gehen wir korrekt und respektvoll um. Es sind ausschließlich die Abrechnungen gegenüber dem Land  betroffen, nicht aber die Abrechnungen gegenüber den Klienten und schon gar nicht die Arbeit an den Klienten“, sagt der Vereinsobmann. Sowohl Vereinsvorstand als auch die Mitarbeiter stehen geschlossen hinter der Geschäftsführerin. „Sie soll auch in dieser Funktion bleiben“, lautet der Wunsch des Steeger Bürgermeisters Günther Walch, ebenfalls Obmann-Stv. des Vereins SGS Außerfern. Die Geschäftsführerin ist weiter im Amt, führt aber keine Abrechnungen mehr durch. Die Frage, wie es nach der Verhandlung weitergeht, beantwortet Matthias König wie folgt:  „Das entscheiden wir, wenn die Verhandlung vorbei ist.“ Die Anklage lautet auf schweren Betrug und richtet sich ausschließlich gegen die Geschäftsführerin, die die Abrechnungen gemacht hat. Das Strafmaß reicht von Freispruch bis Haftstrafe.

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