Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Seinen Platz gefunden

Benedikt Jäger liebt die Arbeit auf dem Bauernhof

Zufrieden sein, seiner Berufung nachgehen können und sich am richtigen Platz aufgehoben fühlen – was kann man sich Schöneres vorstellen? Benedikt Jäger ist das gelungen: Er arbeitete im Rahmen eines Lebenshilfeprojekts auf einem Bauernhof mit und ist überglücklich darüber.
2. August 2021 | von Sabine Schretter
Seinen Platz gefunden
Seit Benedikt Jäger Hühner und Schweine versorgt, geht es ihm gut.
Foto: Sebastian Winkler / LH Reutte
Von Sabine Schretter.
Benedikt arbeitet gerne. Auf einem Bauernhof füllt er die Tränke der Schweine, bringt ihnen Futter und kümmert sich um die Hühner. Er weiß, wo man das Wasser für die Tränke holt, welches Heu als Futter dient und wo er den Mist hinbringen muss. Wenn Benedikt eine Aufgabe erledigt hat, macht er eine Pause und verfolgt minutenlang die Schatten, die er mit seinen Fingern auf den Boden zaubert. Doch das war nicht immer so, berichtet sein Vater: „Früher war Benedikt oft aufgewühlt und hielt es kaum aus, nichts zu tun.“ Wenn der 21-Jährige keine Aufgabe hatte oder etwa ein Puzzle-Stück vermisste, rieb er sich den Kopf und wurde laut. Das hat sich durch seine Mitarbeit auf dem Bauernhof verändert: Benedikt ist mit den Abläufen dort vertraut und organisiert sich auch selbst. Er geht allein zu den Hühnern oder deckt den Tisch, wenn es sonst niemand tut. „Als wir ihn das erste Mal alleine Wasser holen ließen, waren wir selber unsicher, ob er nicht abhaut“, erinnert sich eine Assistentin, „dabei hat er den Weg völlig souverän und unaufgeregt zurückgelegt.“ Seither übernimmt Benedikt Jäger immer mehr Aufgaben und braucht immer weniger Unterstützung dafür.

Es tut gut.
Weil Benedikt Jäger nicht spricht und nur Geräusche hört, ist es für ihn schwierig, Veränderungen nachzuvollziehen. Beim Wechsel vom Kindergarten in die Schule rannte er oft davon oder beruhigte sich, indem er Lichtschalter an- und ausknipste. Am Lebenshilfe-arbeitsstandort erhielt er daher zu Beginn einen Rückzugsraum und eine Betreuungsperson ganz für sich allein. Heute ist Benedikt Jäger  mit allem vertraut und nicht mehr in alten Zwängen gefangen. Wenn er nach Hause kommt, ist er müde und zufrieden, berichtet sein Vater. „Selbst der Kinderarzt, der ihm eine lebenslange schwere Behinderung vorhergesagt hat, war überrascht, wie gut sich Benedikt entwickelt hat!“
 
Ein Platz im Leben.
Menschen mit Behinderungen wollen tätig sein wie alle anderen, erklärt Franz-Peter Witting, Regionalleiter der Lebenshilfe Reutte. „Jede Person individuell zu begleiten, heißt für uns, genau hinzuschauen und dem nachzugehen, was die Person braucht. Dass Benedikt nach einiger Zeit nun seine Berufung gefunden hat, bestärkt uns in dieser täglichen Übung“, so Witting.

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