Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Tage der offenen Ateliers im Außerfern

Künstler in allen Teilen des Bezirkes baten zum Besuch in ihre Werkstätten

Bei Lore Havemann – in der Innsbrucker Straße 21 – vermochte man zum Beispiel ihre neuen Bilder, die in Überlagerungstechnik gestaltet wurden, bewundern. Was das ist? Lassen wir sie es selbst erklären: „Dabei kann man auch eine helle Farbe über eine dunkle auftragen. Die scheint dann durch, denn die obere Schicht ist nicht deckend, das Bild ist fein lasiert. Dadurch ergibt sich vieles, was man zuvor gar nicht gemerkt hat. Man entdeckt kleine Fenster oder Figuren, die man weder geplant noch bewusst gemalt hat.“
28. Juni 2021 | von Jürgen Gerrmann, Marlen Perl, Juliane Wimmer
Bei den Tagen der offenen Ateliers konnte man am Wochenende auch in und um Reutte mit Künstlern ins Gespräch kommen – wie hier bei Bernhard Weger in Wängle.  RS-Foto: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
Kunstvielfalt in Reutte.
TAUSCHERHAUS. Szenenwechsel ins Tauscherhaus am Untermarkt: Ein toller Nachwuchs-Fotograf ist Jonas Arzl aus Weißenbach, der Szenerien aus seiner Heimat (sei es der Moosberg, der Weg zur Stabl-alm oder der Vilsalpsee) mit seinem Können zum Kunstwerk macht. Seit kurzem fasziniert ihn auch die alte Technik – und er experimentiert mit einer hochbetagten Krasnogorsk Moskva Mod 2 aus sowjetischer Kameraproduktion. Dass die Außerferner Kunst-Szene eine Zukunft hat, bewies auch die erst 15-jährige Klara Schwarz aus Vils, die Personen, die sie live oder beim Internet-Surfen trifft, auf ihre Art porträtiert. Ihre Mama Natalie setzt sich wiederum derzeit mit ihren abstrakten Skulpturen nicht zuletzt mit den Themen Weiblichkeit und Selbsterkenntnis auseinander. Die Vögel, die an Drähten um einen Frauenkörper kreisen, symbolisieren dabei sowohl die Verbindung von Körper und Geist als auch die persönliche Entwicklung. Ab 31. Juli sind ihre Werke übrigens im Kohlenschuppen neben der Vilser Hammerschmiede zu sehen.
Die neuesten Gemälde von Daniela Eneidi-Pahle stehen ganz im Zeichen der Farben Rot und Schwarz. „Sie stehen für das Eintauchen in meine Gefühlswelt, die Entladung von dem, was in mir ist, für Isolation, aber auch Selbstsuche und das Nachspüren der eigenen Sehnsucht“, sagt die Heiterwangerin. Und die Titel der Bilder decken quasi die ganze Palette der Emotionen ab – vom „Liebesgarten“ über den „mythischen Ort“ bis hin zu „Can't get it“.

GRABHERRHAUS. Gleich gegenüber im Grabherrhaus am Zeillerplatz ließ Hannes Biber mit seinen von viel Weiß geprägten Gemälden spüren, dass mehr Licht in sein (und hoffentlich der meisten) Leben gekommen ist: „Ich war mit der Farbe etwas zurückhaltend – das wirkt oft leichter, als wenn das Bild von Buntheit überfrachtet ist.“ An Motiven aus seiner Heimat herrscht dabei kein Mangel: „Ich bin ein alter Außerferner und finde immer etwas zum Malen – wie aktuell zum Beispiel das Annakirchl-Ensemble in Vils.“
Christine Schneider wiederum nahm ihre Besucher mit hinein in ihre Vorbereitungen für die große Jahresausstellung an der Freien Kunstakademie Nürtingen (FKN), wo sie nicht zuletzt bei ihrem Professor Thomas Heger sehr viele Impulse für ihr künstlerisches Schaffen erhielt. Dieser „Rundgang“ wird heuer virtuell stattfinden (also auch im Außerfern mitverfolgt werden können) und ein künstlerisches Spiegelbild der Corona-Zeit darstellen. Die Reuttenerin ist dabei nicht nur mit drei Aquarellen, sondern auch mit zwei großformatigen Werken vertreten: „Quarantäne – Sehnsucht nach dem Süden“ heißt das eine, „Mein Kraftplatz“ das andere (ein minimalistisches Bild von einem Bergmassiv, das nachempfinden lässt, welche Kraft sie aus der Stille schöpft).

WÄNGLE. Der Aquarellmalerei hat sich schließlich Bernhard Weger verschrieben. Er öffnete nicht nur sein heimisches Atelier in Wängle, sondern auch seinen Garten, sodass man seine Akte und Landschaftsbilder (sei es die Urlaubs-Impression aus der Toskana, aber auch die Stabl-alm, das Lech- oder Stubaital, Fallerschein oder „sogar Wängle“) auch unter freiem Himmel bestaunen konnte.

 
Tage der offenen Ateliers im Außerfern
Daniel Praxmarer bei der Fertigung einer Skulptur vor seinem Atelier in Häselgehr. RS-Foto: Perl
Von Marlen Perl.
Holzkunst in Perfektion.
Am vergangenen Wochenende fanden in Tirol die Tage der offenen Ateliers statt. Auch Bildhauer Daniel Praxmarer aus Häselgehr bot interessierten Besuchern Einblicke in seine künstlerische Tätigkeit. Der psychoanalytische Kunsttherapeut beeindruckt nicht nur mit seinen detailreichen, geschnitzten Figuren, sondern ist auch im Umgang mit der Motorsäge versiert. Mit der großen Auswahl an Kunstwerken im Innen- und Außenbereich seines Ateliers versetzt er zahlreiche Passanten in Staunen.
Tage der offenen Ateliers im Außerfern
Bereits mit neun Jahren hat Mario Gasser Krippenfiguren geschnitzt. Knapp 50 Jahre später ist der Ehrwalder Bildhauer durch seine zahlreichen Bronze-, Holz- und Steinarbeiten weit über das Außerfern hinaus bekannt. RS-Foto: Wimmer
Von Juliane Wimmer.
Bei Mario Gasser in Ehrwald.
Der 58-jährige Bildhauer Mario Gasser zieht die Inspiration für seine Werke v. a. aus der wunderschönen Natur, die ihn umgibt. Gasser: „Wenn ich aus meinen beiden Ateliers in Biberwier oder Ehrwald schaue, fällt mein Blick als Erstes auf das Wettersteinmassiv und die Sonnenspitze. Deren Formensprache habe ich wie Muttermilch aufgesogen und diese spiegelt sich natürlich auch in meinen Werken wieder. Bildhauerei ist für mich das immer wieder neue Entdecken der Form.“
Derzeit können ausgewählte Skulpturen Gassers aus verschiedenen Werkreihen der letzten 15 Jahre im Foyer des Gemeindezentrums Breitenwang und im Freigelände vor dem VZ besichtigt werden. An den kommenden drei Sonntagen (4./11./18. Juli) ist der Künstler jeweils von 17 bis 19 Uhr selbst anwesend.

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