Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Unruhe in Kaisers

Gatterjagd beschäftigt Gemeinde, Bürger und Behörden

Als am Abend des 9. Februar Schüsse knallten, war in Kaisers allen bewusst: Die Gatterjagd, von der es ursprünglich hieß, dass es sie nicht geben solle, hatte begonnen (die RUNDSCHAU berichtete). Und noch immer beschäftigt die Reduktionsjagd die Bewohner von Kaisers.
21. April 2020 | von Sabine Schretter
Unruhe in Kaisers
Diese Bilder vom 9. Februar 2020 bringen die Bewohner von Kaisers nicht aus ihren Köpfen. Foto: RS-Archiv
Von Sabine Schretter

Besagte Gatterjagd war behördlich angeordnet worden. Ein Gutachten und eine Stellungnahme des Gesundheitsministeriums zur Vorgangsweise liegen vor. „Ein Reinwaschen der Behörden-Hände“, konstatiert Norbert Lorenz, Bürgermeister von Kaisers. „Seuchen, wie die TBC, zu deren Eindämmung die Reduktion vorgenommen wurde, sind zu bekämpfen“, fährt Norbert Lorenz fort, „aber nicht so.“ Lorenz ortet auch ein Systemproblem. „Die Jagdpächter wollen Wild sehen oder Wild schießen. Die Auftragsjäger wiederum sind vom Jagdpächter abhängig. Wenn nun ein Jagdpächter, wie in Kaisers geschehen, Beschwerde gegen die Abschussvorgabe einreicht und auf eine gerichtliche Bestätigung der Abschussvorgabe eine Revision erfolgt, dann wird es kompliziert“, erklärt Bürgermeister Lorenz im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Juristische Indifferenzen ließen im Herbst 2019 wertvolle Jagdzeit unproduktiv versanden. „Laut seines Anwalts durfte der Jagdpächter weiter im Revier jagen und schoss noch zwei Hirsche. Laut Revisionsbeschluss war dies aber seit 9. Oktober 2019 nicht mehr statthaft. Mit anderen Worten heißt das, dass der Jagdpächter zum Wilderer in seinem eigenen Revier wurde. Bei einem Zusammentreffen des Landes-, des Bezirksveterinärs und mir am 9. Oktober bot ich meine Hilfe an, schließlich habe ich genau in diesem Revier vor vielen Jahren meine Ausbildung zum Berufsjäger absolviert. Dankend wurde dieser Vorschlag akzeptiert und die Beistellung externer Jäger zur Unterstützung versprochen“, erzählt Norbert Lorenz weiter. Trotz intensiven Bemühens und der Mithilfe dieser externe Jäger konnte die vorgegebene Abschusszahl von 58 Stück nicht erreicht werden. „Uns fehlten 20 Stück. Ich habe dann dem Land das Angebot gemacht, diese 20 Stück im Mai zum neuen Jagdplan dazuzugeben.“ Aber dann wurde, obwohl dem Bürgermeister am 9. Oktober versichert worden war, von einem Reduktionsgatter Abstand zu nehmen, ein solches errichtet und es kam zum Abschuss von 34 Stück Rotwild. 14 Stück mehr als die fehlenden 20. Jetzt zu sagen, hätte man die Abschussquote erfüllt, wäre diese Gatterjagd vermeidbar gewesen, ist mehr als dürftig. „Ich habe meine Hilfe angeboten, Vorschläge gemacht und es hat nichts genützt“, so Norbert Lorenz.

KEINE RUHE. Auch wenn derzeit die Corona-Krise alles auf den Kopf stellt, beschäftigt die Bewohner von Kaisers der 9. Februar noch immer. „Die Leute konnten sich nicht vorstellen, dass so eine Vorgehensweise bei uns möglich ist. Die Bilder und das Bewusstsein, was 15 Minuten Todespanik für die Tiere bedeutet haben, macht allen auch heute noch zu schaffen. Und die einseitige Sichtweise regt uns einfach auf.“ Norbert Lorenz fordert mehr Bewusstsein aller Akteure und transparente Zusammenarbeit. Nur dann könne die Seuche auch erfolgreich bekämpft werden. Er erhält Unterstützung von verschiedenen Seiten. So hat etwa ein pensionierter Anwalt als Privatperson Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in Innsbruck erstattet und fordert unter anderem Schadensersatz für den Jagdpächter als Geschädigten beziehungsweise den Grundeigentümer. FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger erhielt als Jurist vom Jagdpächter die Vollmacht zur Einsicht in den Akt der Staatsanwaltschaft und wird die Angelegenheit in den Tiroler Landtag bringen. Vonseiten der Bezirkshauptmannschaft Reutte wird es Informationsveranstaltungen für die Bevölkerung geben.

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