Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

„Vielleicht auch eine Chance“

Der Tourismus im Lechtal will sich auf die Zeit nach Corona vorbereiten

Zu dem großen touristischen Hotspots zählt es keineswegs: Das Lechtal ist eher etwas für Einzelgänger. Doch gerade seine Einsamkeit könnte zum großen Pluspunkt in der Zeit nach Corona avancieren.
14. April 2020 | von Jürgen Germann
„Vielleicht auch eine Chance“
Die Wieder-Öffnung der Grenzen ist für den Tourismus im Lechtal von großer Bedeutung – hier am Mädele-Joch. Lechtaler Touristiker sehen in der Krise eine Chance und sind bestens gerüstet.
Von Jürgen Germann

Jetzt schon größer in die Werbung einzusteigen (wie dies zum Beispiel Baden-Württemberg oder Frankreich mit Digitalangeboten tun), das hält Michael Kohler, der Geschäftsführer des Tourismusverbands Lechtal, im Moment für unangebracht: „In solch schwierigen Zeiten, wie wir sie im Moment alle durchleben, käme das nicht gut an. Die Menschen haben andere Sorgen.“ Im Moment dächten die Leute nicht dran, wo sie den nächsten Urlaub verbringen sollten, sondern machten sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz (als Arbeitnehmer) beziehungsweise ihren Betrieb (als Unternehmer): „Da muss man Sensibilität zeigen und darf nicht zu aggressiv auftreten.“

MAN WILL GERÜSTET SEIN. Auf der anderen Seite wolle man natürlich gerüstet sein für den „Tag X“. Daher treffe sich in dieser nachösterlichen Woche nun der TVB-Vorstand, um Plansätze für das Lechtal zu erarbeiten. Dieser Masterplan sehe vermutlich vor, „zunächst einmal den Nahmarkt zu bewerben“. Denn der Geschäftsführer glaubt nicht, dass die Menschen aus Wien, Niederösterreich oder dem Burgenland nun anders als früher in Scharen den Weg in den weiten Westen auf sich nähmen. Die machten eher in Kärnten oder der Südsteiermark Station, wo die Natur vielleicht auch früher erwache. Für das Lechtal spiele daher eine ganz entscheidende Rolle, wann die Grenze wieder aufgehe und Deutsche und Schweizer wieder einreisen dürften. Da hoffe man auf Ende Mai. Inklusive einer Vorankündigung dieser Maßnahme schon Ende April. Da das Lechtal „geografisch viel offener nach Norden“ als zum Rest Tirols sei, tue man sich vielleicht mit dem Neustart schwerer als andere. Wichtig sei zudem eine Direktive der Regierung, wann welche Art Betriebe wieder aufsperren dürften. Dem Lechweg (den im vergangenen Jahr zwischen 6000 und 8000 Wanderer begangen haben) und der „Lebensspur Lech“ (den grenzüberschreitenden Projekten mit dem Allgäu) misst Kohler dabei auch eine große Bedeutung zu. 

HOFFNUNG LECHWEG. Den Lechweg könne man auf Tiroler Gebiet normal schon ab Mai ganz gut gehen (die Etappe am Formarinsee und durch Lech kommt wahrscheinlich ab dem 20. Juni hinzu, wenn die Hotels ihre Winterpause beendet haben). Gerade jetzt von Vorteil sei, dass man dort in der Regel allein oder zu zweit mit Partner unterwegs zu sein vermöge: „Der Kontakt zu anderen Leuten ist in einer Privatpension oder später auch einem Gasthaus geringer als in großen Häusern. Das mit dem Frühstück müssen wir halt in der ersten Phase noch klären. Aber im Grunde passt jetzt der Lechweg perfekt. Die Leute wollen jetzt wieder raus in die Natur.“

PROBLEM E5. Der E5 von Oberstdorf ins Inntal, der gemeinhin im Juni starte, sei hingegen ein Massenprodukt. Und für den dürfte die Saison 2020 nicht unbedingt eine leichte werden: „Die Leute übernachten dort in Schutzhütten, meist in einem Massenlager, beim Frühstück und in den Sanitäreinrichtungen geht es eng zu – ich sehe da schon ein Problem, das nur schwer zu lösen ist.“ Für den Rest des Lechtals erkennt Kohler indes auch neue Möglichkeiten: „Bei uns ist alles klein. Wir sind dünn besiedelt. Haben aber eine Menge wunderschöner Wanderwege auch in den Seitentälern. Man kann sich bei uns noch aus dem Weg gehen.“ Dass es dort noch keinen Massenandrang gibt, könnte sich aus Sicht des Geschäftsführers auch als Trumpfkarte entpuppen. Wenn nämlich tatsächlich ein Umschwenken zum naturnahen Tourismus erfolgt – dann ist das Lechtal bestens präpariert.
„Vielleicht auch eine Chance“
Das Lechtal ist – weil keine Region des Massentourismus – ein besonderes Schmankerl für alle Erholungssuchenden und Bergfreunde. Gerade das könnte die Trumphkarte sein, wenn nach überstandener Corona-Krise, ein Umdenken im Tourismus stattfindet. RS-Foto: Gerrmann

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben