Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Virtueller Ausbilderstammtisch im Werkhaus

Ausbilderforum lud zum Online-Rundgang durch das FabLab und zum Gedankenaustausch

Koordinatorin Eva Spiegel-Peters freute sich, 41 Stammtischler aus ganz Tirol im virtuellen Raum vereint zu wissen. Es war ein buntes Bild, das sich am Bildschirm zeigte. Die Atmosphäre war entspannt, alle Teilnehmer interessiert — wie es sich für einen Stammtisch gehört.
1. Feber 2021 | von Sabine Schretter
Virtueller Ausbilderstammtisch im Werkhaus
Koordinatorin Eva Spiegel-Peters begrüßte die Gäste zum ersten Online-AusbilderStammtisch. RS-Fotos: Schretter
Von Sabine Schretter.
Sandra Moosbrugger-Koch, Geschäftsführerin und Initiatorin des Werkhaus und ihr Kollege Johannes Leismüller stellten den Ausbildern das FabLab vor, das im Juni 2019 seine Pforten öffnete. Das Werkhaus fördert handwerkliche und digitale Kompetenzen und arbeitet eng mit Kindergärten und Schulen zusammen. Zwei Schienen – klassisches Handwerk und neue Technologien – kennzeichnen das Werkhaus. Beides schließt einander nicht aus. Johannes Leismüller, Lehrer an der Polytechnischen Schule in Reutte, stellte das Werkhaus in einem virtuellen Rundgang vor und legte in seinen Ausführungen besonderes Gewicht auf die sogenannten Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik}. „Als Lehrer habe ich viel Kontakt mit Ausbildern, bin oft auch die Adresse für deren Kritik. Gerade nach Schnuppertagen in Betrieben werde ich oft auf handwerkliche Defizite der Schüler aufmerksam gemacht“, erklärt Johannes Leismüller. Offensichtlich bestehen große Defizite im Mint-Bereich. „Es mangelt an handwerklichem und technischem Verständnis. Diesbezüglich werden oft die Schulen in die Pflicht genommen, obwohl die Motivation auf jeden Fall gegeben ist. Was oft fehlt, ist, dass Kinder heute gewisse Fähigkeiten nicht mehr in der Freizeit erwerben. Es werden kaum mehr Baumhütten gebaut, kaum jemand repariert sein Fahrrad noch selbst. Was man sich früher wie selbstverständlich aneignete, geht heute oft verloren. Die Freizeit der Kinder ist strukturiert. Gelegenheit zur Langeweile gibt es kaum. Dabei fördert gerade Langeweile Kreativität, ist oft Impulsgeber für tolle Ideen“, führt Leismüller weiter aus.

Ab in die Werkstatt.
Diesen Ideen haben wir im Werkhaus Raum gegeben. Hier wird ermöglicht, Ideen umzusetzen. Dafür stehen Geräte und Maschinen bereit, die man zu Hause oft nicht hat. Hier erhält man das Know-how, das man für die Verwirklichung von Ideen benötigt. Gerade die Kinderwerkstätten werden sehr gut angenommen. Was den Kindern gefällt, lässt auch die Eltern nicht kalt. Nicht selten kommt es vor, dass Eltern beim Abholen der Kinder selbst noch zum Werkzeug greifen. „Wir sind aber keine Bildungsromantiker oder Digitalisierungsgegner. Das ist eben das Besondere am Werkhaus, bei uns schließen sich Handwerk und moderne Technologie nicht aus. Manches Know-how kann heute vom Menschen entkoppelt werden, viele Fertigkeiten werden von Maschinen oder Computern übernommen“, erklärt Johannes Leismüller seinen virtuellen Gästen. Die Angebote an Kinder und Schüler sind altersgerecht abgestuft: So wird Kindergartenkindern Digitalisierung mit einem einfachen „Sportarten Ratespiel“ erklärt, Schüler und Rookies machen Bekanntschaft mit einem Hydraulik-Greifarm und Teilnehmer der Lehrlingsakademie lernen Digitalisierung mit einem Escape Game verstehen. „Es ist immer das gleiche Prinzip: Digitalisieren heißt Informationen auf eine Kette von Entscheidungsfragen – ja/nein, an/aus, 0/1 – herunterzubrechen. Der Unterschied liegt in der Aufbereitung. Es dauert gar nicht lange, und Fünfjährige finden sich im binären Raum wieder“, spricht der Lehrer und begeisterte Werkhäusler aus Johannes Leismüller. Die Frage, die ein Teilnehmer im Chat stellte, wie die Kinder an Bord geholt werden, beantwortet Sandra Moosbrugger. Koch: „Wir sind in Kontakt mit Bildungseinrichtungen und Firmen, sprechen Do-it-yourself-Begeisterte an. Wir richten uns an StartUpper und unterstützen junge Erwachsene und haben die Lehrlingsakademie ins Leben gerufen.“ 

Lehrlingsakademie.
Die Lehrlingsakademie ist ein spezifisches Angebot für Firmen, das von der Wirtschaftskammer unterstützt wird. Angeboten werden sechs Bausteine, die unabhängig voneinander buchbar sind. Die Branche, aus der der Lehrling kommt, spielt keine Rolle. 40 Lehrlinge aus sieben Betrieben haben das Angebot bis jetzt angenommen. „Uns geht es darum, Impulse zu geben, Lehrlinge zu unterstützen. Wir bieten ihnen eine Plattform, auf der sie sich ausprobieren können, wollen Lehrlingen helfen zu verstehen, was eine Idee wert ist“, ergänzt Sandra Moosbrugger-Koch. Die Bausteine werden an einem oder zwei Tagen vermittelt und kosten einen Betrieb pro Tag und Lehrling (abzüglich der WK-Förderung) 65 Euro, bei einem zweitägigen Baustein belaufen sich die Kosten auf 134 Euro. Mit der Lehrlingsakademie hilft das Werkhaus jungen Menschen, zukunftsfit zu werden und ergänzt das, was der Betrieb lehrt auf eine sehr wertvolle Weise. Der virtuelle Besuch stieß auf Begeisterung, soll aber bald mit einer Exkursion noch getoppt bzw. vertieft werden. Wenn Corona es zulässt, wird der nächste Stammtisch vor Ort bei der Firma Egger in Sankt Johann stattfinden. Für den 12. November ist ein Kongress live an der Universität Innsbruck geplant.
 
Virtueller Ausbilderstammtisch im Werkhaus
Werkhaus-Initiator Johannes Leismüller führte virtuell durch Reuttes FabLab.

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