Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

Was sagt die Außerferner Politik zum Thema Flüchtlinge?

Außerferner Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“ stellt Fragen

Unter dem Motto „Wählen heißt Auswählen“ hat die Außerferner Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“ anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl am 25. September an die Spitzenkandidaten des Bezirkes Reutte der derzeit im Landtag vertretenen Parteien drei Fragen gestellt. Erfreulich ist, dass alle Parteien geantwortet haben. Aus den abgegebenen Antworten ist die Grundhaltung der wahlwerbenden Gruppen zum Thema „Flüchtlinge“ deutlich erkennbar.
5. September 2022 | von Von Sabine Schretter
Was sagt die Außerferner Politik zum Thema Flüchtlinge?
Die Außerferner Initiative „Hoffnung für Flüchtlinge“ stellte an die Bundesregierung die Forderung, Geflüchtete aus den Elendslagern in Österreich aufzunehmen. Hier die Übergabe einer Petition an die ehemalige Landesrätin Gabriele Fischer und LF Beate Palfrader im Juni. RS-Foto: Schretter
Von Sabine Schretter

Hoffnung für Flüchtlinge – Frage 1: Unterstützt Ihre Partei die Forderung an die österreichische Bundesregierung, Geflüchtete aus den Elendslagern auf den griechischen Inseln aufzunehmen und ihnen einen geordneten Weg nach Österreich oder in ein anderes EU-Land zu ermöglichen?
Sonja Ledl-Rossmann, ÖVP: Ich bin entschieden gegen eine Ungleichbehandlung von Flüchtenden. Die Zustände in den Lagern auf einigen griechischen Inseln waren zeitweise dramatisch, sind meinem Informationsstand zu Folge mittlerweile aber deutlich verbessert worden. Für mich ist klar: Egal ob Schutzsuchende in Griechenland, Italien, Spanien oder einem sonstigen Land in Europa ankommen – als Europäische Union müssen wir ihnen möglichst rasche und unbürokratische Asylverfahren ermöglichen, um die Betroffenen über ihre Zukunft nicht unverhältnismäßig lange im Ungewissen zu lassen.   
Martin Rauter – Die Grünen Tirol: Es ist entsetzlich, dass es auf europäischem Boden Lager gibt, die nicht einmal die Grundbedürfnisse der Menschen abdecken. Deshalb setzen wir Grüne uns dafür ein, dass sich auch Österreich in einem solidarischen Miteinander an der Aufnahme von Geflüchteten aus diesen Elendslagern beteiligt. Unsere Bemühungen dazu waren leider großteils erfolglos.
Hubert Gruber, SPÖ: Die Elendslager sind eine fortwährende europäische Schande. Die Lage der von Flucht und Vertreibung traumatisierten Menschen ist gerade für Kinder eine Katastrophe. Deswegen fordern wir als SPÖ schon seit langem die schnellstmögliche Evakuierung der Camps und die Unterbringung der Geflüchteten in Österreich und anderen EU-Ländern. Zahlreiche SPÖ-Gemeinden und Städte in ganz Österreich – und auch in Tirol – haben wiederholt angeboten, Geflüchtete aufzunehmen, wenn die Bundesregierung den Weg dafür freimacht. Dazu stehen wir.
Fabian Walch, FPÖ: Nein. Pull-Faktoren, die dazu führen, dass weitere Menschen sich auf die gefährliche Reise zu uns machen und dabei ihr Leben riskieren, sind zu vermeiden. Auch wenn die persönlichen Beweggründe nachvollziehbar sind, muss ein klares Signal ausgesandt werden, dass sich das Risiko nicht lohnt. Auf lange Sicht wird dies viel Elend und Tod im Mittelmeer und auf anderen Migrationsrouten verhindern, was unser aller Ziel ist.
Markus Moll, Neos Tirol: Ja.
Josef Lutz, Bürgerforum Tirol-Liste Fritz: Ja. Auch wenn es keine wirkliche Lösung bedeutet, ist es für die betroffenen Menschen eine riesige Hilfe und ein wichtiges Signal der Menschlichkeit.

Hoffnung für Flüchtlinge – Frage 2: Tritt Ihre Partei dafür ein, dass geflüchtete Menschen in Österreich, unabhängig von ihrem Herkunftsland, die gleichen Rechte und Unterstützungsangebote erhalten?
Sonja Ledl-Rossmann, ÖVP: Ich bin mir nicht sicher, worauf diese Frage abzielt? In Österreich werden alle Asylwerber nach denselben Gesetzen behandelt, egal wo sie herkommen. Wenn jemand innerhalb der EU seinen Wohnsitz verlegt, gilt die Personenfreizügigkeit. Falls Sie auf den Ukraine-Krieg anspielen, Ukrainer müssen keinen Asylantrag stellen, sie bekommen in der gesamten EU den Status von „Vertriebenen“ zugesprochen. Hinsichtlich der Asylwerber müssen wir unbedingt und mit Vehemenz ein europaweites Verteilsystem etablieren, damit die Länder im Süden Europas hier nicht über die Maßen belastet werden. Natürlich ist unbestritten, dass die Situation in den Flüchtlingslagern an der griechisch/türkischen Grenze vor zwei Jahren untragbar war. Diese Zustände zu beheben war und ist aber Aufgabe von Griechenland, das von der EU dafür auch große finanzielle Unterstützung erhalten hat. Wir Österreicher haben bereits in vergangenen Krisen gezeigt, dass wir solidarisch sind – gemessen an der Einwohnerzahl sind wir eines jener Länder in Europa, das seit 2014 am meisten Flüchtlinge aufgenommen hat und immer noch aufnimmt (z. B. 2022 Jänner bis Juli rund 42.000 Asylwerber).
Martin Rauter – Die Grünen Tirol: Es darf keine Menschen zweiter Klasse geben, das hat unsere Landesrätin Gabriele Fischer mehrfach betont. Auch in Zukunft werden sich die Grünen dafür einsetzen, dass für alle Asylwerber die gleichen Rechte gelten und geltendes Recht eingehalten wird.
Hubert Gruber, SPÖ: Flucht ist keine Frage der Herkunft, sondern der Situation für den jeweiligen Menschen in seinem Herkunftsland. Wer Schutz sucht, weil er oder sie aufgrund von Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Überzeugungen verfolgt wird, soll diesen Schutz auch bekommen und entsprechend unterstützt werden, um sich hier in Österreich ein eigenständiges und eigenverantwortliches Leben aufzubauen. Insofern halten wir eine generelle Unterscheidung nach Herkunftsland für falsch. Flucht und Fluchtursachen müssen immer im individuellen Fall bewertet werden.
Fabian Walch, FPÖ: Natürlich sollen alle nach geltendem Recht gleichbehandelt werden. Aus diesem Grund fordern wir endlich die Einhaltung von Dublin II und den Schutz der Schengen-Außengrenzen. Da Österreich ein Binnenland und von sicheren Staaten umgeben ist, gibt es aus rechtlicher Sicht und auch nach der Genfer Flüchtlingskonvention eigentlich niemanden, den Österreich aufnehmen müsste. Der Asylantrag muss nämlich im ersten sicheren Land gestellt werden. Diese rechtlichen Regelungen werden seit Jahren ignoriert. Aus diesem Grund fordern wir das Einhalten dieser und endlich Ordnung im Asylsystem. Wir brauchen Asylschnellverfahren und konsequente, unverzügliche Abschiebungen bei negativem Asylbescheid. Wir lehnen den vollen Zugriff auf unser Sozialsystem jedoch ab. Gerade in Zeiten der massiven Teuerung müssen wir zuerst auf die Armen und Bedürftigen im eigenen Land schauen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn Ihre Organisation auch Gehör für die Sorgen und Nöte der eigenen Leute hätte.
Markus Moll, Neos Tirol: Ja.
Josef Lutz, Bürgerforum Tirol-Liste Fritz: Diese Frage ist unklar gestellt. Für nach Österreich geflüchtete Menschen gibt es die gleichen Rechte und Unterstützungsangebote. Es gibt Unterstützungsleistungen beim Wohnen und für die Lebenserhaltung. Asylwerber bekommen Grundsicherung, werden in Einrichtungen der TSD untergebracht. Eventuell zielt die Frage auf den Unterschied zwischen geflüchteten Menschen aus Syrien oder Afghanistan und Menschen aus der Ukraine ab. Hier gibt es einen Unterschied, zumal die Menschen aus der Ukraine in der Regel nicht um Asyl ansuchen, sondern als kurzzeitig Vertriebene gelten und deshalb grundsätzlich auch sofort arbeiten dürfen.

Hoffnung für Flüchtlinge –Frage 3: Unterstützt Ihre Partei den Vorschlag, Asylwerbenden einfacher eine Arbeitserlaubnis zu erteilen, insbesondere vor dem Hintergrund des wachsenden Arbeitskräftemangels in der Pflege, im Tourismusbereich und anderen Arbeitsfeldern?
Sonja Ledl-Rossmann, ÖVP: Hier muss man klar unterscheiden: Ich bin klar für schnelle und möglichst unbürokratische Asylverfahren, damit die Betroffenen eine klare Perspektive haben. In sogenannten, klar definierten „Mangelberufen“ dürfen Asylwerber bereits jetzt beschäftigt werden. Andererseits müssen wir uns angesichts des Fachkräftemangels aber selbstverständlich auch mit einer weiteren Novelle der rot-weiß-rot-Card beschäftigen, um qualifizierten Zuzug zu ermöglichen.
Martin Rauter – Die Grünen Tirol: Wir Grüne treten dafür ein, dass alle Asylwerber gleichermaßen Zugang zu Deutschkursen erhalten, ausgebildet oder nach ihren bisherigen Kenntnissen in den Arbeitsmarkt integriert werden. Österreich sucht händeringend in den unterschiedlichsten Bereichen Arbeitskräfte, in einem gemeinsamen Kraftakt könnte viel Gutes gelingen. Schon Rudolf Anschober hat sich vor Jahren als oberösterreichischer Landesrat dafür eingesetzt, dass Asylwerber eine Lehre in Österreich machen und auch abschließen dürfen. Es ist ein wirtschaftliches Unding, dass wir ausgebildete, bestens integrierte Menschen besonders auch aus der Liste der Mangelberufe fortschicken. Arbeiten zu dürfen, einen geregelten Alltag zu haben und seinen eigenen Unterhalt zu verdienen, das würde den meist traumatisierten Menschen mit Fluchthintergrund gut tun und Österreichs Wirtschaft unterstützen.
Hubert Gruber, SPÖ: Aus unserer Sicht ist die Integration von Geflüchteten in das Arbeitsleben ein wesentlicher Baustein für die erfolgreiche eigenständigen Lebensgestaltung hier in Österreich.  Wer sich sein Leben selbst durch Arbeit finanzieren kann, braucht weniger Hilfeleistungen. Insofern unterstützen wir die schnellstmögliche und unkomplizierte Integration in den Arbeitsmarkt. Insbesondere Branchen, in denen ein akuter Arbeitskräftemangel besteht können davon massiv profitieren. Hier sollten aus unserer Sicht nicht nur Hürden abgebaut, sondern Strukturen geschaffen werden, um Geflüchtete aktiv Aus- und Fortzubilden.
Fabian Walch, FPÖ: Nein. Man sollte Migration und Asyl nicht vermengen. Dem Fachkräftemangel soll man mit einer vernünftigen Arbeits- und Familienpolitik begegnen. Mit selektivem Minimalzuzug kann man sich dann passende Facharbeiter hinzuholen. Das soll aber über Migration und nicht Asyl geschehen. Abgesehen davon hat die enorme Flüchtlingskrise der letzten Jahre den Fachkräftemangel kein bisschen verbessert. Im Gegenteil, knapp die Hälfte der Asylberechtigten seit 2015 landeten in der Mindestsicherung und belasten seither unser Sozialsystem, anstatt etwas dazu beizutragen. Was hingegen seit 2015 gestiegen ist, sind schwere Gewaltverbrechen und Sexualdelikte. In Tirol waren 2021 43,1 Prozent aller Tatverdächtigen Ausländer, in Innsbruck mit gar 49 Prozent die Hälfte. Mittlerweile sind 54,8 Prozent der in Österreich Inhaftierten ausländische Staatsbürger, welche den Steuerzahler jährlich 215 Millionen Euro kosten. Jedes zweite Sexualverbrechen in Innsbruck wurde mutmaßlich von Nicht-Österreichern begangen. Österreichweit werden jährlich circa 950 Vergewaltigungen angezeigt, was fast drei Vergewaltigungen pro Tag sind. Auch Asylwerber sind überproportional kriminell. Allein 2016 sind 18 Prozent der Asylwerber in Österreich straffällig geworden, also fast jeder Fünfte. Diese Zahlen sollten alle alarmieren und zeigen deutlich, dass noch nicht einmal die letzte Migrationswelle "verdaut" wurde, während bereits ein neuer Migrationstsunami im Anmarsch ist...
Markus Moll, Neos Tirol: Ja.
Josef Lutz, Bürgerforum Tirol-Liste Fritz: Ja. Gerade in Mangelberufen ist es wirtschaftlich logisch und menschlich sinnvoll, Geflüchtete eine Lehre absolvieren zu lassen und sie auch arbeiten zu lassen. Österreich und Tirol werden langfristig ohnehin ein Arbeitskräfteproblem haben. Außerdem erfolgt Integration am besten über die Arbeit. Langfristig braucht es eine vernünftige Migrationspolitik, unabhängig von der Asylpolitik.

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben