Von Jürgen Gerrmann.
„Wir beachten die Regeln, lassen uns aber von der Angst nicht einschüchtern“, ließ Pfarrer Mathias Stieger keinen Zweifel daran, dass er keinen Grund sah, in Coronazeiten auf die Ehrung seiner langjährigen Mitarbeiterin, die ja auch Kuratorin der Kirchengemeinde ist, zu verzichten. Die Nesselwänglerin Brigitte Moritz war am 29. Oktober 2000 in ihr Amt eingesetzt worden, das in Österreich noch größeres Gewicht habe als in allen anderen Landeskirchen: Nur durch dieses Laienamt habe in der Zeit der Gegenreformation (und der damit verbundenen Vertreibung der Geistlichen) das evangelische Glaubensleben aufrechterhalten werden können. Erst seit Kaiser Franz Joseph sei den Protestanten der Status der öffentlichen Kirche eingeräumt worden, all dies zeige also die ganz besondere Bedeutung des Lektorenamts. Die Lektoren seien daher „weit mehr als ein Notnagel“ in pfarrerloser Zeit: „Dieses Amt hat sich bei uns gut entwickelt – zu einer Selbstverständlichkeit.“ Brigitte Moritz übe es in herausragender Weise aus: „Mit aller Ehrfurcht vor Gott und den Menschen.“ Dafür gebühre ihr herzlicher Dank.
Das Amt und die Ehre.
„Ein Ehrenamt muss nicht groß gefeiert werden“, legte Brigitte Moritz bei aller Freude ihre Position dar: „Es ist mir eine Ehre, dieses Amt ausüben zu dürfen.“ Sie werde von der Sehnsucht geleitet, von so viel Gutem, das ihr im Leben widerfahren sei, auch etwas an die Gemeinschaft zurück- und weiterzugeben. Getragen wisse sie sich vom Miteinander in der Gemeinde: „Was wäre mein Amt, ohne dass das, was ich tue, bei Euch ankommt?!“ Gerade in einem solch kleinen Häuflein, wie bei den Evangelischen, sei es wichtig, „die Nöte und das Glück der anderen zu kennen, einander zu begleiten, einander zu tragen – und, ja, einander zu lieben“. Sie habe es stets als Auftrag empfunden, gerade dies zu vermitteln.