Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Sehnsucht und Lebensfreude

Begeisterndes Abschlusskonzert der 31. Außerferner Kulturzeit

(jg) Nein, so hatte sich das Team der Außerferner Kulturinitiative Huanza ihre 31. Kulturzeit ganz gewiss nicht vorgestellt: Acht von ursprünglich 17 geplanten Veranstaltungen mussten wegen Corona abgesagt werden – drei davon sogar noch während des laufenden Programms. Doch bei aller Traurigkeit konnte man sich am Sonntag auch freuen – über ein grandioses Abschlusskonzert mit dem Vokalensemble Stimmen.
12. Oktober 2020 | von Jürgen Gerrmann
Sehnsucht und Lebensfreude
Tolle Sänger mit schauspielerischem Talent: das Vokalensemble Stimmen wurde beim Abschlusskonzert der 31. Außerferner Kulturzeit gefeiert. RS-Foto: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
Der Innsbrucker Chor unter der Leitung von Thomas Kranebitter ist (für Tiroler ja durchaus passend) ein Gratwanderer: Gerade an den Übergängen zwischen Volks- und Kunstmusik fühlt er sich pudelwohl. Und stellte das bei dem von Huanza und dem Kulturforum Breitenwang gemeinsam getragenen Abend im VZ Breitenwang eindrucksvoll unter Beweis.
Schon das erste Stück (das schwedische Fischerlied „Trilo“) machte deutlich: Die Stimmen sind nicht nur fantastische Sängerinnen und Sänger, sie haben auch schauspielerisches Talent und leben ihre Lieder förmlich. Da hört man das Rauschen des eiskalten Windes, da spürt man die Sehnsucht der Frauen nach ihren Männern draußen auf hoher See, von denen man nicht weiß, wann sie zurückkommen (und ob überhaupt).

REISE IN DIE ROMANTIK.
Aber zugleich wird man mitgerissen von der Tiroler Fröhlichkeit beim „Tanzlied“ oder bei der Zugabe „Hoam geh mr ned!“, bei der sich Madl und Burschen so herrlich necken. Aber auch die Reise tief in die Romantik gelingt dem Chor großartig – wer sah bei „In die Berg bin i gern“ etwa nicht die Gipfel der Alpen sich vor dem inneren Auge erheben?
Höchst beeindruckend auch, wie großartig das Ensemble selbst mit für Mitteleuropäer exotischen Sprachen wie Lettisch zurechtkommt – und sich bei „Saulit' velu vakarai“ (da hat mancher schon beim Lesen Schwierigkeiten) auch noch in die traurige Stimmung der Einsamkeit von Waisenkindern hineinversetzen kann.

SPAGAT UND ERGÄNZUNG.
Sehnsucht und Lebensfreude – das waren die beiden Pole dieses Konzerts unter dem Motto „Es herbschtelet“. Auf den ersten Blick ein Spagat, auf den zweiten indes die ideale Ergänzung. Martin Wesely schlug dabei mit seinem brillianten Gitarrespiel eine instrumentale Brücke zwischen beidem. Ein Musterbeispiel für diese gelungene Bi-Polarität war „Nina Mersé“: Die Habanera ließ die Tristesse des kubanischen Kaffeebauern, dessen Liebste nach Spanien auswandern will, spüren – und riss einen zugleich durch ihren feurigen Rhythmus mit.
Kein Zweifel: Es war ein begeisternder Abend, der mehr Publikum verdient hätte als es wegen der Corona-Bestimmunen möglich war. Nicht zuletzt wegen der Begeisterung derer auf der Bühne, denen anzumerken war, wie sehr sie sich freuten, endlich wieder singen zu können. Und dieser Funke der Begeisterung sprang vom ersten Ton an auf die drunten im Saal über.

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