Ein Fest der Inklusion
1. barrierefreie Zeltfest für Levi in Reutte
26. Mai 2025 | von
Sofie Sissi Franz

Ein bewegender Moment war gleich zu Beginn die Geschichte eines Mädchens aus dem Lechtal, das nach einem schweren Unfall nicht mehr gehen konnte. Das Hackelberry Cascade – ein spezielles Sportgerät aus Amerika – ermöglicht ihr nun wieder mit ihrer Familie durch den Wald zu ziehen. Eine Geschichte, die Hoffnung gibt. Eine Geschichte, wie sie viele an diesem Nachmittag zu erzählen wussten.Der Nachmittag begann mit Musik und Begegnung, bevor sich das große Festzelt ab 19:15 Uhr in einen Raum des Zuhörens und Mitfühlens verwandelte. Moderatorin Julia führte mit spürbarer Wärme und Sensibilität durch die Podiumsdiskussion, die sich dem Thema „Barrierefreiheit im Behindertensport“ widmete. Verschiedene Gäste – Experten, Betroffene, Engagierte – teilten ihre Perspektiven, Erfahrungen und Visionen.
EIN PODIUM DER VIELFALT.Svetlana Moshkovich ist Weltmeisterin im Parasport. Mit kraftvollen Worten erzählte sie, wie der Sport für sie zur Lebensader wurde. In einem speziellen Handbike legte sie 36 Kilometer zurück – nur mit der Kraft ihrer Arme. Für sie ist Sport nicht nur Bewegung, sondern auch Selbstfindung, Mut und ein Stück Freiheit. Ihr Appell: „Akzeptanz ist der erste Schritt – von dort aus öffnen sich Türen.“ Mag. Brigitte Posch, Sportwissenschaftlerin bei der AUVA in Bad Häring, erklärte, wie wichtig Prävention, Rehabilitation und langfristige Begleitung im Sport für Menschen mit Behinderung sind. Die AUVA sei nicht nur für Arbeits- und Schulunfälle da, sondern engagiere sich auch gezielt im Behindertensport. Eva Pawlata, Politikerin mit Fokus auf Sozial- und Gesundheitsthemen, sprach darüber, was die Politik tut – und tun muss –, um Parasport und Inklusion zu fördern. Besonders hob sie die Rolle der Reha-Zentren hervor, die heute schon viel bewegen. Ihre Vision: „Frühförderung, selbstbestimmtes Leben und psychische Gesundheit gehören zusammen. Es braucht eine Politik, die Menschen nicht nur auffängt, sondern aufrichtet.“ Alex Gritsch, paralympischer Medaillengewinner, schilderte eindrücklich, warum Sport für Menschen mit Einschränkungen eine so zentrale Rolle spielt: „Man lernt die Grenzen seines Körpers neu kennen – und manchmal auch zu überschreiten. Sport bedeutet Struktur, Zugehörigkeit und Lebensfreude.“ Wolfgang Timsich, Handbiker und engagierter Parasportler, nahm die Zuhörerschaft mit auf eine Reise durch den Unterschied zwischen Parasport und Special Olympics. Dabei ging es nicht nur um Wettkämpfe, sondern vor allem um Gemeinschaft, Erlebnisse und das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein. „Sport“, so Timsich, „ist nicht immer Medaillenkampf. Oft ist es einfach der Rhythmus, der den Alltag trägt.“ Auch Max Forer, Rollstuhlunternehmer, brachte eine wichtige Perspektive ein. Mit seiner Plattform „Sports Live“ unterstützt er Menschen, die nach einem Unfall oder einer Krankheit plötzlich mit Einschränkungen leben müssen. Sein Motto: „Sport ist Hilfe zur Selbsthilfe – wir begleiten Menschen auf ihrem neuen Weg.“
EIN THEMA, DAS ALLE BETRIFFT. Was sich durch alle Beiträge zog, war die Erkenntnis: Barrierefreiheit ist kein Nischenthema. Es betrifft uns alle. Es geht nicht nur um Rampen und Aufzüge, sondern um Haltung, Respekt und Sichtbarkeit. Menschen mit Behinderungen möchten nicht „extra behandelt“, sondern gleichberechtigt teilhaben – im Sport, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Leben. Die Diskutierenden waren sich einig: Es muss früh angesetzt werden. Kinder sollen von klein auf lernen, dass es viele Wege gibt, wie man sich bewegt, lebt, fühlt. Angehörige wiederum können viel bewirken – durch Aufmerksamkeit, gemeinsames Erleben und die Bereitschaft, dazuzulernen. Auch die Wünsche, die am Ende formuliert wurden, berührten: Aufmerksamkeit in den Medien, bessere Ausstattung mit Sportgeräten, Kommunikation auf Augenhöhe und ein respektvoller, angstfreier Umgang. „Wir dürfen nicht wegschauen“, sagte eine Rednerin am Ende. „Wir müssen hinschauen – und aufeinander zugehen.“