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Das Fernpass-Paket aus wirtschaftlicher Perspektive
28. April 2025 | von
Johannes Pirchner

Die Wirtschaftskammer sieht im Fernpasspaket eine deutliche Verbesserung für die Unternhemer. WK-Bezirksobmann Christian Strigl, WK-Präsidentin Barbara Thaler, LH-Stv. Josef Geisler und Klaus Gspan, GF der Fernpassstraßen GmbH (v. l.) Foto: Wirtschaftskammer
Das Außerfern und das Tiroler Oberland zählen zu den wirtschaftlich vielschichtigen und leistungsfähigen Regionen Tirols. Der Ausbau moderner Verkehrsinfrastruktur ist für diese Regionen kein Luxus, sondern eine strategische Erfordernis, um die ganzjährige Erreichbarkeit, Standortqualität und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern, so WK-Präsidentin Barbara Thaler. Das Fernpass-Paket – mit den Schwerpunkten Bau des Scheiteltunnels und zweite Röhre des Lermooser Tunnels – wird von der Tiroler Wirtschaftskammer als zukunftsweisendes Infrastrukturprojekt eingestuft, das zentrale wirtschaftliche Interessen bedient und die Grundlage für eine dynamische Entwicklung im grenzüberschreitenden Wirtschaftsraum legt. Ebenso ist das Paket für WK-Präsidentin Thaler kein Ausbaupaket, sondern ein Sicherheitspaket, weiters ist das Paket aus Sicht der Wirtschaft kein Luxus, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
WIRTSCHAFT BRAUCHT VERKEHRSSICHERHEIT „Das Außerfern ist ein wesentlicher Teil eines funktionierenden Wirtschaftsraums, der sich nicht nur nach Innsbruck orientiert, sondern eng mit Bayern verflochten ist.“ Diese enge Verbindung schlägt sich in Standortentscheidungen, Pendlerströmen, Lieferketten und der Herkunft von Kunden und Gästen nieder. Insbesondere für Gewerbe, Handwerk, Tourismus und Industrie ist eine verlässliche Verkehrsanbindung über die B 179 entscheidend. Sie stellt die einzige leistungsfähige Verkehrsverbindung aus dem Bezirk Reutte in den Tiroler Zentralraum dar – bei gleichzeitig sieben Übergängen nach Bayern.
600 ARBEITSPLÄTZE. Die wirtschaftlichen Effekte des Fernpass-Pakets sind bereits in der Bauphase erheblich: Mit einem Investitionsvolumen von rund 500 Millionen Euro generiert das Projekt nach Berechnungen der Wirtschaftskammer rund 44 Millionen Euro an regionaler Wertschöpfung – durch Aufträge an Bauunternehmen, Zulieferer, Planungsbüros sowie Dienstleister aus dem Außerfern und Tirol. Es entstehen tirolweit über 600 zusätzliche Arbeitsplätze während der Bauphase – ein wesentlicher Beschäftigungsimpuls für Tiroler Arbeitnehmer, auch im Außerfern. Gerade in Zeiten von Rezession ein nicht wegdiskutierbarer Faktor. Hinzu kommen rund 166 Millionen Euro an Steuern und Abgaben, die durch das Projekt direkt oder indirekt in das öffentliche Budget zurückfließen, beispielsweise Sozialversicherungsabgaben, Lohnsteuern, Körperschaftsteuern usw.
77 PROZENT ZIEL & QUELLVERKEHR. Über drei Viertel des Güterverkehrs, der über den Fernpass rollt, hat seinen Ursprung oder sein Ziel in Tirol selbst – in den Bezirken Reutte, Imst, Landeck sowie in Innsbruck-Land und der Landeshauptstadt Innsbruck. In Zahlen bedeutet dies folgendes: Der Zielverkehr macht etwa 30 Prozent aus, der Quellverkehr 27 Prozent, der Binnenverkehr 20 Prozent, also 77 Prozent (Zahlen gerundet) oder bei ca. 1.500 LKW. Damit ist der Fernpass eine Lebensader für den regionalen Güterverkehr – von Zulieferlogistik über Baustoff- und Lebensmitteltransporte bis hin zu Versorgungsfahrten für Tourismus- und Gesundheitsbetriebe. LH-Stv. Josef Geisler spricht vom „wirtschaftlichen Rückgrat des Nordwestens Tirols“. Eine dauerhafte Entlastung und Sicherung dieser Route sei deshalb dringend erforderlich, wolle man Engpässe, Witterungsprobleme und Sicherheitsrisiken endlich entschärfen. „Das Fernpass-Paket ist ein Sicherheits- und kein Transitpaket“, so Geisler. Die bestehende 7,5-Tonnen-Grenze bleibt aufrecht, Ziel sei es, die regionale Versorgung abzusichern – nicht, neue Transitwege zu schaffen.
MÖGLICHE AUSNAHMEN FÜR HANDWERKS- & GEWERBEBETRIEBE BEI MAUT. Mit Blick auf eine mögliche Mautregelung ergänzte die WK-Präsidentin: „Gerade für Handwerksbetriebe ist es entscheidend, dass die im EU-Recht vorgesehene Handwerkerausnahme zur Anwendung kommt. Wer regional arbeitet und Wertschöpfung schafft, darf nicht durch zusätzliche Kosten belastet werden.“
FÜR AUSSERFERNER WIRTSCHAFT WICHTIG. Auch Christian Strigl, WK-Bezirksobmann Reutte, verdeutlichte die zentrale Bedeutung der B 179 als Hauptverkehrsader für den Bezirk – sowohl für die Betriebe als auch für die Bevölkerung. „Unser Bezirk hat sieben ganzjährig befahrbare Übergänge ins benachbarte Allgäu, aber nur einen einzigen ins eigene Land und in Richtung Landeshauptstadt Innsbruck – nämlich den Fernpass. Bereits seit 40 Jahren wird über mögliche Lösungen diskutiert. Er danke der Landesregierung, dass endlich gehandelt wird. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, dass sich die Situation im Außerfern verbessert. Für die regionalen Unternehmen darf eine Maut aber keine Wettbewerbsnachteile bedeuten“, begrüßt der WK-Bezirksobmann eine schnelle Umsetzung des Fernpass-Pakets. Eine Möglichkeit in der Abfederung für die Wirtschaft sieht Strigl etwa in Vielfahrertickets.
WEICHENSTELLUNG. Auch Klaus Gspan, Geschäftsführer der Fernpassstraße GmbH, verweist auf den hohen Projektfortschritt. Die Planungsarbeiten für die zweite Röhre des Lermooser Tunnels sind abgeschlossen, die Einreichung bei der zuständigen Behörde erfolgt in Kürze. Parallel dazu wird das Genehmigungsverfahren für den Fernpass-tunnel vorbereitet. Start soll 2026 sein.
WEITERE THEMEN. Unabhänig zum Fernpass-Paket nimmt das Regionalförderungsprogramm Form an. Für WK-Bezirksobmann Christian Strigl muss es einfach umsetzbar sein, für die Unternehmer und ohne neue Kassensysteme funktionieren. Für die Außerferner Wirtschaft werden hier Millionen ins Außerfern transferiert – dies ist positiv zu betrachen. Ein weiteres Anliegen der WK ist der Ausbau der Außerfernbahn. „Es kann nicht sein, dass Unternehmen auf die Schiene ausweichen wollen – aber kein Zug fährt“, so Strigl. Die Gespräche mit DB Regio und dem Land laufen, Fortschritte sind dringend nötig. WK-Präsidentin Barbara Thaler könnte sich individuelle betriebliche Lösungen vorstellen, um Staus gerade Stoßzeiten zu reduzieren: Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und koordinierte Schichtmodelle sollen zur Entlastung des Verkehrs beitragen – ein ergänzender Baustein zur infrastrukturellen Verbesserung.