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Mit Wehmut zum 40. (letzten) „Gipfel-Sieg“

Grande Finale der ORF Fernsehsendung „Gipfel-Sieg“ in der Burgenwelt Ehrenberg

Am vergangenen Mittwoch fiel die letzte Klappe für die ORF Gesprächs-Serie „Gipfel-Sieg“ mit Barbara Stöckl, die Millionen Menschen an bisher 39 tollen Locations zum Nach- und Umdenken bewegte. Der Verein RollOn Austria mit Sitz in Innsbruck und seiner seit vielen Jahren engagierten Obfrau Marianne Hengl mit ihrem Team war der Initiator der ORF III Fernsehserie „Gipfel-Sieg“.
2. September 2024 | von Bruno Dengg
Mit Wehmut zum 40. (letzten) „Gipfel-Sieg“
Schauspielerin Ronja Forcher, Moderatorin Barbara Stöckl und Rollstuhlfahrer Urban Oberthanner (v.l.) beim Gipfelgespräch in der Arena der Burgenwelt Ehrenberg. Foto: RollOn Austria

WILLE VERSETZT BERGE. Unter dem Motto „Gipfel-Sieg“ startete der Verein RollOn Austria vor zwölf Jahren mit dessen Obfrau und Initiatorin Marianne Hengl eine noch nie dagewesene Gesprächsserie. Jeder von uns erringt während seines Lebens viele „Gipfel-Siege“, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Deshalb sind das Besondere dieser Serie bewegende Porträts von Menschen, die auf vielfältige und beeindruckende Weise schwierige, ehrgeizige und fast unlösbare Lebensabschnitte zu ihrem „persönlichen Gipfel-Sieg“ gemacht haben. Jeder von uns empfindet dabei tolle Glücksmomente, Freude, Zufriedenheit und Stolz über das Erreichte. RollOn Austria und Marianne Hengl war es ein besonderes Bedürfnis auch jene Personen vor den Vorhang - sprich ins Rampenlicht der Öffentlichkeit - zu holen, die laut allgemeinem Gesellschaftsverständnis nicht auf die Sonnenseite des Lebens gefallen sind. Gerade diese Menschen benötigen sehr viel Kraft, Zuspruch, Ermunterung und Verständnis um täglich persönliche „Gipfel-Siege“ zu erreichen. Zu sehr stehen in unserer Gesellschaft im Gegensatz dazu die erreichten Ziele prominenter und bekannter Persönlichkeiten – egal ob in Sport, Kultur, Wirtschaft, usw. – im Vordergrund und werden dazu noch medial und in den sozialen Netzwerken begeistert gefeiert. Denken wir doch einmal nach, welche Leistung ein schwer behinderter Mensch erbringt, dem es gelingt einfachste Tätigkeiten seines Lebensalltags wieder selbstständig auszuführen. Wird das von uns und der Gesellschaft, in der wir leben, ausreichend gewürdigt? Ist es nicht gleich wertvoll bzw. sogar noch wertvoller, wenn Menschen aus eigener Kraft für sich bescheidene „Gipfel-Siege“ erringen und sich immer wieder trotz Handicap aufrappeln können, sich nicht unterkriegen lassen und kontinuierlich mit viel Willen weiterkämpfen? Das Leben und dessen Alltag ist für uns alle eine große Herausforderung und bedeutet, dass wir für jedermann Empathie und Verständnis zeigen sollten.

DIE POLITIK UND WIR ALLE SIND GEFRAGT. Es ist zu einfach, alles auf die Politik zu schieben, obwohl gerade sie für Menschen mit einer Behinderung ein gutes Umfeld schaffen könnte. In Österreich sind wir diesbezüglich noch nicht am Ende des Tunnels angelangt und könnten uns noch weiter verbessern. Vergessen dürfen wir allerdings auch nicht, dass schon Vieles in Angriff genommen worden ist – Barrierefreiheit wird in sehr vielen Bereichen schon groß geschrieben ebenso wie die Qualitätssteigerung und moderne Hilfestellungen in der Pflege unter Beachtung eines inkludierten Lebens. Auch wir, „die netten Nachbarinnen, die netten Nachbarn“ können durch Gespräche, authentische Begegnungen auf Augenhöhe und Einfühlsamkeit täglich viel mehr beitragen, als uns wahrscheinlich bewusst ist.

EINE LIVE-SENDUNG „LIVE“ MITERLEBEN. Es mag sein, dass es für den Regisseur, die Moderatorin Barbara Stöckl und das Kamerateam Berufsalltag ist, für die geladenen Gäste und das Publikum hingegen war es aufregend und spannend hinter die „Kulissen“ zu blicken, wie eine bekannte Fernsehserie entsteht. Peter Nagy, der Regisseur, zeigte mir seinen „Einsatzplan“ für den „Gipfel-Sieg 40“, der wohl überlegt, sehr durchgetaktet und somit einfach professionell aussah. Dabei gab es viel zu bedenken - von der Ankunft am Vormittag (ORF Team, Team RollOn Austria, Gesprächsgäste), den Vorab Drehs, dem Maskenplan für die einzelnen Gesprächspartner, den Pressefotos, die Probe mit allen Beteiligten bis hin zur Begrüßung und Aufzeichnung des „40. Gipfel-Sieges“ . Kurz nach 14 Uhr war es dann soweit. 3 – 2 – 1 – Los ging‘s. Frau Marianne Hengl erzählte zu Beginn über ihre Idee zu dieser Sendung. „Mit diesem Format wollten wir zum Nachdenken anregen und die Botschaft vermitteln, dass im Leben nicht nur die großen Erfolge zählen. Vielmehr ist es der Weg, der uns formt und prägt, bereichert von den kleinen, bescheidenen „Gipfel-Siegen“ des Alltags. Der Wille ist es, der wahrlich Berge versetzen kann. Wichtig ist dabei niemals aufzugeben, sich immer wieder aufzurichten und unbeirrt weiterzukämpfen. Die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch werden Menschen mit Behinderung oft in die Rolle von Bittstellern gedrängt. Hier muss ein Umdenken stattfinden“, fordert Marianne Hengl, Obfrau von  RollOn Austria. „Menschen mit Behinderung sollten als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft wahrgenommen und respektiert werden.“ In ihrer Eröffnungsrede hieß sie die Ehrengäste, die Sponsoren des Vereins RollOn Austria und last not least die Moderatorin Barbara Stöckl sowie die zwei Gäste Ronja Forcher und Rollstuhlfahrer Urban Oberthanner willkommen. Die Burgenwelt Ehrenberg wurde für die letzte Fernsehsendung ausgewählt, da diese im Bereich des gesamten Festungsensembles -Hängebrücke, Schrägaufzug, 1 km langer Themenweg – Barrierefreiheit bietet. Als Sensation gilt hier auch der DragonFly, bei dem man auch mit dem Rollstuhl „fliegen“ kann. Nach der musikalischen Begrüßung durch Jonas Huber, einem Virtuosen auf der Ziehharmonika startete das interessante Gespräch.

DIE GESPRÄCHSGÄSTE RONJA FORCHER UND URBAN OBERTHANNER. Die Schauspielerin Ronja Forcher aus Tirol, spielt seit 2008 Lilli Gruber in „Der Bergdoktor“. Sie hat an vielen Theaterproduktionen teilgenommen und 2021 eine Musikkarriere gestartet. Zudem engagiert sie sich für soziale Organisationen und ist Botschafterin von RollOn Austria. „Ich möchte dem Leben etwas zurückgeben und den Menschen Freude bereiten. Es gibt so viel Ungerechtigkeit, besonders bei Menschen in Pflegeberufen, die mehr Anerkennung verdienen.“ Weiters führte sie aus: „Der Tod meiner besten Freundin hat mich extreme Dankbarkeit gelehrt. Jeden Morgen sage ich: DANKE für mein Leben. Meine Freundin, trotz schwerer Beeinträchtigung, schätzte jeden Tag. Sie würde sagen, lebe dein Leben mit Freude und Spaß.“ Der Rollstuhlfahrer Urban Oberthanner erlebte eine glückliche Kindheit und Jugend in Tirol. Seine Leben nahm eine dramatische Wendung, als er bei einer nächtlichen Rodeltour mit einer Pistenraupe kollidierte. Intensivstation und dann die Diagnose Querschnittlähmung. Nach langer Rehabilitation fand er neue Perspektiven und schaffte es in seinem Beruf als Röntgenassistent an die Klinik zurückzukehren. Mangelnde Akzeptanz des Lebens im Rollstuhl führten ihn in Alkoholsucht und Drogenmissbrauch. Einen erneuten Unfall bei einem Kart-Rennen überlebte er, genauso wie einen Herzinfarkt. Er schaffte all dies mithilfe seiner Frau. Trotz aller Härtern des Lebens wirkt er nicht verbittert sondern verständnisvoll … Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten: Ich kann allen Leserinnen und Lesern nur empfehlen, diese tolle Gesprächsrunde moderiert von Barbara Stöckl mit besonderen Gästen und deren tiefsinnigen und tiefgründigen Gedanken anzusehen. Die 45minütige Sendung wird am 19. Oktober in ORF III ausgestrahlt.

SAG NIEMALS NIE. Menschen mit Behinderung brauchen Protagonistinnen und Protagonisten wie Marianne Hengl, Barbara Stöckl und deren Gesprächspartnerinnen und -partner. Große Gratulation an die Obfrau Hengl und an den Verein RollOn Austria. So bleibt zu hoffen, dass schon bald eine Sendung zum gleichen Thema, das nie an Wichtigkeit verlieren wird – in den Fernsehprogrammen zu sehen sein wird.
Mit Wehmut zum 40. (letzten) „Gipfel-Sieg“
Ohne die großzügigen Patenschaften vieler Seilbahner und Unternehmer wäre die Sendung Gipfel-Sieg niemals realisierbar gewesen. Foto: RollOn Austria

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