Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Reuttes Weihnachtskrippe

Zwischen Zerstörung, einem Neuanfang und mit einem vierten König

In den kommenden Wochen vor Weihnachten werden in den Kirchen wieder prachtvolle Hochaltäre mit Weihnachtskrippen zu sehen sein. Im Mittelpunkt stehen die heilige Familie und die Geburt Jesu. Viele Weihnachtskrippen haben eine besondere Geschichte – so auch die Krippe in der St.-Anna-Kirche in Reutte. Insgesamt gab es in Reutte sogar drei Weihnachtskrippen.
17. Dezember 2024 | von Johannes Pirchner
Ein Kind in Armut ist das Symbol der Weihnacht. Fotos Klaus Eberle
Die Idee der Weihnachtskrippen geht höchstwahrscheinlich auf die Darstellungen in Santa Maria Maggiore in Rom zurück. Dort wird eine Reliquie aufbewahrt, die für sich beansprucht, ein Fragment der echten Krippe zu sein. Auch im Franziskanerkloster in Reutte gab es drei Weihnachtskrippen. Die erste, über die jedoch kaum etwas dokumentiert ist, fiel 1703 einem Feuer zum Opfer. Nach diesem Ereignis wurde eine neue Krippe gefertigt, über deren Aussehen jedoch ebenfalls wenig bekannt ist. Dr. Richard Lipp vermutet, dass sie der Breitenwanger Krippe ähnelte, die damals – wie üblich – eher klein war und nicht die gro-ßen Proportionen heutiger Krippen hatte. Im Zuge der josephinischen Reformen wurde eine Krippe in der St.-Anna-Kirche erwähnt. Doch auch diese Krippe wurde bei einem Brand 1846 zerstört, der ebenfalls das Ostergrab vernichtete.

DIE AKTUELLE KRIPPE. Die heutige Weihnachtskrippe in der St.-Anna-Kirche hat ihren Ursprung im Franziskanerkloster Hall. Ihre Urheberschaft gibt jedoch Rätsel auf. Die Figuren und die Krippe werden dem Maler Franz Hueber zugeschrieben. Da auch sein gleichnamiger Sohn Kunstmaler war, könnte das Werk von beiden stammen. Wahrscheinlich bleibt die Urheberschaft in der Familie Hueber. Der prächtige Hintergrund der Krippe wird mündlich dem bekannten Maler Josef Anton Köpfle zugeschrieben, was nicht eindeutig bewiesen ist.

WIEDERAUFSTELLUNG. Aufgrund von Kirchenrestaurierungen verschwand das Weihnachtsgrab von Reutte 1964 für 27 Jahre. Zu Weihnachten 1991 wurde es restauriert und erstrahlt seither in voller Pracht in der St.-Anna-Kirche. Eine Ausnahme bildeten die Coronajahre. Dort wurde unter den strengen Bedingungen nur eine kleine Version am Seitenalter aufgestellt. Die Reut-tener Weihnachtskrippe gilt als die älteste in Tirol erhaltene Bretterkrippe und ist somit eine besondere Sehenswürdigkeit. Ein Besuch lohnt sich während des Weihnachtsurlaubs.
VIER KÖNIGE IN REUTTE. Vier heilige Könige? Was wie ein Druckfehler klingt, hat Tradition. Am Dreikönigsfest wurden die Hirten der Krippe zunächst durch die drei Könige ersetzt. Zwei Sonntage später wurde der vierte König bei der Krippe hinzugefügt. Diese Tradition wurde allerdings  infolge des zweiten Vatikanischen Konzils abgeschafft. Der „vierte heilige König“ ist in Reut-te ein fester Bestandteil der Weihnachtskrippe.
THEOLOGISCHER HINTERGRUND. Die Legende vom vierten König ist nicht neu und taucht in Erzählungen immer wieder auf. In manchen Überlieferungen trägt er den Namen Coredan/Artaban. Er kam zu spät zur Weihnachtskrippe, weil er auf dem Weg dorthin gute Taten vollbrachte. Das Jesuskind zeigte sich darüber nicht beleidigt. In der Reuttener Krippe wird dieser Umstand besonders gewürdigt: Der vierte König kniet rechts neben Christus – aus dessen Sicht auf einem Ehrenplatz. Künstlerisch ist er weniger detailliert gestaltet als die anderen Könige, was die Vermutung nahelegt, dass er möglicherweise von einem anderen Maler geschaffen wurde.

REICHE SYMBOLIK. Die heiligen drei Könige gehören zu den bekanntesten Heiligen der Kirche. Ihre Gaben – Gold, Weihrauch und Myrrhe – symbolisieren die Weisheit des neuen Königs: Gold steht für Weisheit, Weihrauch für Opferbereitschaft und Myrrhe für Selbstbeherrschung. Historisch gibt es kaum verlässliche Informationen über ihr Leben. Symbolisch repräsentieren sie die drei Erdteile Afrika, Europa und Asien sowie unterschiedliche Lebensphasen: Caspar als Jüngling, Melchior in mittleren Jahren und Balthasar als Greis. Hinweise auf die drei Könige finden sich auch in Wirtshausnamen – wie „Zum Stern“, „Zum Mohren“ oder „Zur Krone“, die in der christlichen Welt häufig vorkommen.

TRADITION. Am Tag vor dem Dreikönigstag werden bei der Reut-tener Krippe die Hirten gegen die vier heiligen drei Könige ausgetauscht. Auch eine neue heilige Familie wird aufgestellt. In dieser sitzt das Chris-tuskind und ist schon etwas größer dargestellt.
Reuttes Weihnachtskrippe
Die vier heiligen drei Könige huldigen Christus. Der vierte König in Rot, kniend neben dem heiligen Josef.

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