„Von Musau nach Innsbruck – für eine bessere Uni“
Julia Hofer kandidiert bei der ÖH-Wahl, mit klaren Forderungen für soziale Gerechtigkeit, leistbares Wohnen und feministische Hochschulpolitik
2. Mai 2025 | von
Johannes Pirchner

Die gebürtige Musauerin, Julia Hofer, kandidiert bei der ÖH-Wahl in Innsbruck auf dem Listenplatz 1 für den VSStÖ. Foto: Michael Kropacek
RUNDSCHAU: Liebe Julia, worauf seid ihr besonders stolz, wenn ihr eure bisherige Arbeit in der Hochschulpolitik bewertet? Welche Erfolge gehen klar auf den VSStÖ zurück?
Julia Hofer: 2023 haben wir die konservative Mehrheit an der ÖH Innsbruck gebrochen – ein riesiger Erfolg. In unseren Referaten für Wohnen, Gleichbehandlung und Soziales konnten wir vieles umsetzen: Gratis-Menstruationsartikel auf allen Toiletten, faire Vergabe von 250 Wohnungen der Neuen Heimat Tirol an Studierende, eine Erhöhung des Mensabons auf zwei Euro und die Verdreifachung des Bundes-Sozialfördertopfs für Innsbruck sowie die Weiterführung des Psychotherapietopfs. Wir zeigen: Soziale Themen stehen bei uns im Mittelpunkt.
RUNDSCHAU: Was hat dich motiviert, dich beim VSStÖ zu engagieren und jetzt zu kandidieren? Gab es ein prägendes Erlebnis?
Julia Hofer: Schon in der Schulzeit habe ich mich für Politik interessiert, aber das Erstarken rechter Kräfte hat mich zum Handeln gebracht. Ich wollte nicht mehr nur zuschauen, sondern selbst Teil der Veränderung sein. Der VSStÖ überzeugt mich, weil hier gute Ideen nicht in Schubladen verschwinden, sondern konkret umgesetzt werden. Wir entwickeln nicht nur Forderungen, sondern echte Konzepte, die das Leben der Studierenden verbessern.
RUNDSCHAU: Was sind derzeit die größten Hürden für Studierende? Welche Lösungen bietet der VSStÖ?
Julia Hofer: Wohnen ist die größte Hürde: WG-Zimmer kosten 600–800 Euro, viele finden zu Semesterbeginn keine Unterkunft. Während tausende Wohnungen leerstehen, schlafen Studierende in Hotels oder auf Campingplätzen. Wir fordern eine effektive Leerstandsabgabe, einen Kautionsfonds und Mietzinsbeihilfe ab Tag 1. Geschlossene und überteuerte Mensen sind auch ein riesiges Problem. Wir fordern ein 3-Euro-Menü statt Restaurantpreisen.
RUNDSCHAU: Du kommst aus Musau. Welche speziellen Herausforderungen haben Studierende aus dem Außerfern – und was plant der VSStÖ für periphere Regionen?
Julia Hofer: Wohnen bleibt das Hauptproblem. Viele müssen nach Innsbruck ziehen, deshalb fordern wir mehr günstige Studierendenwohnheime. Für Pendler braucht es bessere hybride Studienangebote mit Livestreams und flexiblen Lernmöglichkeiten. Zudem kämpfen wir für kostenlose Öffis oder stark vergünstigte Studi-Tickets.
RUNDSCHAU: Was bedeutet soziale Gerechtigkeit konkret für den Uni-Alltag aus Sicht des VSStÖ – z. B. beim Studienzugang oder bei finanzieller Unterstützung?
Julia Hofer: Soziale Gerechtigkeit heißt für uns: freier und offener Hochschulzugang. Studieren – unabhängig von Herkunft, Identität oder dem Geldbeutel der Eltern. Doch 69 Prozent der Studierenden arbeiten im Schnitt 21 Stunden pro Woche, oft aus finanzieller Not. Wer arbeiten muss, braucht länger fürs Studium – und wird mit Studiengebühren bestraft. Wir fordern die Abschaffung der Studiengebühren, eine Erhöhung der Beihilfen und eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Studium.
RUNDSCHAU: Du bist die Erste in deiner Familie mit Studium. Welche Hürden hast du erlebt – und was rätst du anderen Arbeiterkindern?
Julia Hofer: Am Anfang war ich verloren – ich wusste nicht einmal, wo ich hingehen oder an wen ich mich wenden sollte. Es hat lange gedauert, bis ich mich im Studium zurechtgefunden habe. Beim VSStÖ habe ich Menschen getroffen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und mir gezeigt haben: Man ist mit dieser Unsicherheit nicht allein. Mein Rat: Sucht euch früh Austausch. Unsicherheit bedeutet nicht, dass man nicht gut genug ist.
RUNDSCHAU: Was ist euer Ziel bei der ÖH-Wahl in Innsbruck? Woran würdet ihr einen Wahlerfolg festmachen?
Julia Hofer: Unser Ziel ist eine linke Mehrheit, die solidarisch und auf Augenhöhe arbeitet. Solche Mehrheiten fehlen derzeit auf vielen Ebenen – in der ÖH können wir beweisen, dass bessere Politik möglich ist.
RUNDSCHAU: Was muss sich strukturell ändern, damit die Uni Innsbruck klimafreundlicher und nachhaltiger wird?
Julia Hofer: Wir fordern kostenlose Öffis und einen besseren Ausbau der Radinfrastruktur. Das kostenlose 30-Minuten-Stadtrad-Angebot muss erhalten bleiben. Außerdem wollen wir Klimaschutz in der Lehre stärker verankern, damit Studierende Werkzeuge für eine nachhaltige Zukunft bekommen.
RUNDSCHAU: Wie setzt sich der VSStÖ für Gleichstellung und feministische Anliegen ein? Welche konkreten Maßnahmen fordert ihr?
Julia Hofer: Feminismus ist uns ein zentrales Anliegen. Noch immer sind Frauen an Unis benachteiligt: Über 50 Prozent der Studienanfänger sind weiblich, aber nur etwa ein Drittel der Professuren ist von Frauen besetzt. Doch Diskriminierung an der Uni beschränkt sich nicht nur auf Sexismus. Wir setzen uns für eine Universität ein, an der alle Menschen gleichberechtigt studieren und arbeiten können. Wir fordern Antidiskriminierungsschulungen für Lehrende und eine zentrale Anlaufstelle bei Diskriminierung.
RUNDSCHAU: Warum ist gesellschaftspolitisches Engagement für den VSStÖ untrennbar mit hochschulpolitischer Arbeit verbunden?
Julia Hofer: Gesellschaftspolitische Themen sind immer auch hochschulpolitische Themen. Die Gesellschaft macht nicht an den Türen unserer Hochschulen Halt. Deshalb ist es wichtig, dass wir eine kritische Stimme bleiben, die sich konsequent für soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung und Solidarität einsetzt. Gerade deswegen ist unsere Arbeit in der ÖH so wichtig.
RUNDSCHAU: Liebe Julia, die Rundschau bedankt sich für das Gespräch.
Julia Hofer: Vielen Dank für das Gespräch.