Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Ikone der österreichischen Frauenbewegung

BASIS-Reutte lud Tirols derzeitige Frauenpolitikerinnen zum Austausch

Am Donnerstagabend präsentierte das Kulturforum Breitenwang im Rahmen des Filmcircles den Film „Die Dohnal“. Ein wertvolles Dokument Zeitgeschichte, das die Anfänge der österreichischen Frauenpolitik beleuchtet. Viele mit heutigem Selbstverständnis gesehenen Frauenrechte gehen auf ihre Initiative zurück. BASIS, die Frauenberatungsstelle in Reutte, lud im Anschluss Persönlichkeiten aus Tirols Politiklandschaft zum gemeinsamen Austausch.
28. Juli 2020 | von von Regina Hohengasser
Ikone der österreichischen Frauenbewegung<br />
Dominik Oberhofer, Dr. Alexandra Weiss, Mag.a Selma Yildirim, Evelyn Mages, LRin DIin Gabriele Fischer (v.li.). RS-Foto: Hohengasser
von Regina Hohengasser

DER FILM. Johanna Dohnal war von einem starken Wunsch nach Gleichstellung der Geschlechter beseelt. Sich für Frauen ihrer Zeit einzusetzen, um Respekt, Anerkennung, Aufmerksamkeit, Chancengleichheit und Rechte zu ringen, sah sie als ihre Lebensaufgabe. Sie entwickelte sich zu einer couragierten Frauenrechtlerin. Ende der 70er Jahre bestellte sie Bruno Kreisky als erste Staatssekretärin für Frauenfragen ins Parlament. Ein Meilenstein. Ab 1990 hatte sie die Funktion der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten inne. Dabei können sich ihre Verdienste sehen lassen, die da wären: Einführung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe – Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Pension – Gründung des ersten Frauenhauses in Österreich – Gewaltschutzgesetz für Frauen und deren Kinder uvm.  Ihre Schaffensperiode dauerte 16 Jahre unter drei verschiedenen Bundeskanzlern. Im März 1995 wurde sie von Franz Vranitzky gegen ihren Protest aus der Regierung entlassen. Eine „Unbequeme“, die kein Blatt vor den Mund nahm. Ihre wichtigste Botschaft an alle Frauen war: Ökonomische Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit zu erlangen und sich dafür auch einzusetzen. Ein durchaus sehenswerter Film. Wäre auch für Schulen und Bildungseinrichtungen gut geeignet. Den Film gibt es demnächst in der Bücherei Reutte zum Verleih.

DER AUSTAUSCH. Der Einladung gefolgt sind: Frau LRin DIin Gabriele Fischer, zuständig für Frauenpolitik in Tirol, Mag.a Selma Yildirim, Nationalrätin und Landesfrauenvorsitzende der SPÖ Tirol, Dominik Oberhofer, Klubobmann und Abgeordneter zum Tiroler Landtag der NEOS, Mag.a Dr. Alexandra Weiss, Politikwissenschafterin, Koordinatorin im Büro für Gleichstellung und Gender Studies der Universität Innsbruck. Evelyn Mages von BASIS stellte die Fragen. Gabriele Fischer sprach die hohe Frauenarbeitslosigkeit an, die vermehrte Gewalt gegen Frauen, die Teilzeit-Armutsfalle vieler Frauen, die mangelnde Kinderbetreuung im ländlichen Gebiet; eine Reduzierung des Sozialstaates, so Fischer, treffe als Erstes die Frauen, dem gelte es entgegenzuwirken. Selma Yildirim betonte die starke Frau an der Spitze der SPÖ. Die Partei verfüge über eine schlagkräftige Frauenorganisation. Sie sei stolz auf den Weg, den Johanna Dohnal mit unermüdlichem Einsatz für die Frauen geebnet habe und dass die Gleichstellung der Frauen unermüdlich vorangetrieben werden müsse. Dominik Oberhofer sprach sich für ein Pensionssplittung aus und eine solide Absicherung der Frauen. Außerdem ortete er ein konservatives Frauen-  und Familienbild in Tirol, das noch stark von der Kirche geprägt sei, diesbezüglich habe er viele Anfeindungen erlebt.  Das konservative Frauenbild trage nicht zur Gleichstellung im Berufsleben der Frauen bei. Alexandra Weiss findet es zeitweise unerträglich, wie lange schon über brennende Frauenthemen geredet wird, ohne dass die notwendigen Gesetzesbeschlüsse rascher umgesetzt würden. Der Mitte der 90er Jahre aufkommende Neoliberalismus, so Weiss, habe ihrer Ansicht nach viel zerstört und gefährde den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Außerdem habe Corona die Situation der Frauen um ein Vielfaches verschärft. Sie wünsche sich auch, dass Frauen sich zeigen, sichtbarer werden und sich für die Gleichstellung von Mann und Frau einsetzen. Dass Frauenfragen in Zukunft noch mehr in den Fokus gestellt und diskutiert werden sollten, darin waren sich alle Teilnehmer der Diskussionsrunde einig.

ZUGEGEBEN. Vieles hat sich für die Frauen schon zum Positiven verändert. Wenn man bedenkt, dass das Wahlrecht und der Zugang zu den Universitäten für Frauen gerade mal ein gutes Jahrhundert her ist. Das diese wichtigen Errungenschaften den Frauen nicht geschenkt, sondern mit viel Blut, Schweiß und Tränen bitter erkämpft wurden, sollten Schüler und Schülerinnen schon im Geschichtsunterricht lernen. Es bedurfte starker, couragierter Frauen in der Vergangenheit, um sich in der oft starren Männerwelt endlich Gehör zu verschaffen. Johanna Dohnal war eine Ikone des Feminismus. Sie hat schon früh erkannt, dass Abhängigkeit auch schneller zu Machtmissbrauch führen kann. Beiderseitiges Verständnis und Einfühlen in die oft gegensätzlichen Lebenswelten von Mann und Frau wäre der beste Weg für die Zukunft. Eine solide Grundlage für gesunde Familienstrukturen und damit auch für eine humane, solidarische Gesellschaft.

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