...VOR DEM SELBST MAJESTÄTEN IHR „HINTERHAUPT“ ENTBLÖSSEN...
So mancher Holzgauer kam vor gut 200 Jahren als reicher Händler aus der Fremde zurück und ließ sich einen feudalen Alterswohnsitz, oft mit Landwirtschaft, erbauen. Die erfolgreichen Heimkehrer brachten nicht nur viel Geld, sondern auch städtische Sitten mit nach Hause. Gerade was den Wohnkomfort betraf, wollten sie die Annehmlichkeiten, die sie im Ausland, besonders in Holland, kennen gelernt hatten, auch daheim nicht missen. Dazu gehörte neben einem Waschtisch mit Waschschüssel und Wasserkanne auch ein Leibstuhl mit integriertem Nachtgeschirr (Nachttopf). Im Heimatmuseum in Holzgau befinden sich davon zwei Exemplare. Der Leibstuhl für Erwachsene stammt stilistischen aus der Zeit um 1820 (Biedermeier). Die vom Plumpsklo bekannte Öffnung mit Deckel befindet sich unter der aufklappbaren Sitzfl äche. Am kastenförmigen Unterteil sieht man einen einfachen Beschlag an einem Türchen, durch welches man den Nachttopf entnehmen kann. Der wohl aus dem 18. Jh. stammende Kinderleibstuhl ist einfacher gebaut und ohne Holzlasur. Den Nachttopf entnimmt man hier auf der Rückseite des Möbels. Was wird wohl dem auf seinem „Thron“ sitzenden Holzgauer durch den Kopf gegangen sein? Erhaben setzt, wie auf den Sitz der Götter, der Weise sich auf dich, sieht stolz herab und lässt das Donnerwetter laut krachen unter sich ... (Ode an den Leibstuhl, v. A. Blumauer, 18. Jh.) PS: Eine Bezugsquelle von damaligem „Clopapier“ wurde bislang noch nicht eruiert. (Quelle: Dr. S. Mader, Museum Ibk., Juni 2011.)