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50 Jahre mit und gegen den Wind

Ein Fest am Plansee: Reuttes Segler feierten großes Vereinsjubiläum

Zu den alpinen Kernsportarten zählt es wahrlich nicht, aber am Plansee wird es dennoch auf allerhöchstem Niveau praktiziert: das Segeln. Vor einem halben Jahrhundert schlossen sich die leidenschaftlichen Anhänger dieses Sports zu einem Verein zusammen, der mittlerweile als Zweig des SV Reutte fungiert. Und das wurde am Samstag ebenso fröhlich wie ausgiebig miteinander gefeiert.
28. Juli 2020 | von von Jürgen Gerrmann
50 Jahre mit und gegen den Wind
Mit einem fröhlichen Fest am Clubhaus am Plansee feierten Reuttes Segler das 50-jährige Bestehen ihrer Gemeinschaft. RS-Foto: Gerrmann
von Jürgen Gerrmann

Regattaleiter beim Jubiläums-Verfolgungsrennen war dabei einer der Veteranen des Clubs: Der 77-jährige Werner Koch zählte zwar nicht zu den Gründungsmitgliedern, er stieß aber gleich in den ersten Jahren zu der Truppe, die eine solch erfolgreiche Gemeinschaft mit auf den Weg bringen sollte.
„Vorher war mit Segeln auf dem Plansee nicht viel los“, erinnert er sich: „Es sind in paar wild gesegelt – der Willi Sorg, der Erich Lechner und der Rudolf Wind zum Beispiel.“ Etwa 20 Boote stark sei der Verein in den Anfangsjahren gewesen. Heute sind es laut dem jetzigen Obmann Alexander Wasle etwa doppelt so viele. Von aktuell 165 Mitgliedern sind dabei rund 50 aktiv.

SEGELN UND GESELLIGKEIT. Das große Ziel der ersten Jahre beschreibt Werner Koch so: „Wir wollten einfach segeln und Geselligkeit pflegen. Nur vereinzelt sind wir zu Regatten in fremde Reviere.“ Aber das habe schon gutgetan: „Lernen tut man halt dort. Wenn Du dort gut bist, dann lernen irgendwann andere auch daheim von Dir.“ Die Gründergeneration sei fast durchweg zwischen 30 und 40 Jahre alt gewesen: „Die ganz Jungen konnten sich eben kein Schiff leisten.“ Koch selbst wurde übrigens am Ossiacher See vom Virus Segeln befallen: „Ein Freund hatte dort ein Boot und hat mich eingeladen. Mein erstes Segel-Erlebnis waren zwei Stunden Warten auf den Wind. Aber danach war ich gefangen. Das Arbeiten mit und gegen den Wind hat mich immer fasziniert.“
Und er arbeitete durchaus mit gro-ßem Erfolg: Zweimal gewann er in der Tornado-Klasse den Alpencup auf dem Füssener Forggensee und setzte sich gegen 65 Teilnehmer (darunter Welt-, Europa-, deutsche, österreichische und Schweizer Meister) durch. Zu den sportlichen Highlights dieses halben Reuttener Segel-Jahrhunderts zählten aber auch die beiden österreichischen Staatsmeisterschaften, die Lydia und Hubert Kuen beziehungsweise Alexander Wasle und Andi Malleier mit ihren Korsaren errangen.

BEITRITT ZUM SVR NIE BEREUT. Ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte war ganz sicher der Beitritt als Zweigverein zum SV Reutte. Alex Wasle: „Ich war 1998 Oberbootsmann und zuständig für Umbauarbeiten. Bei Schönwetter konnten wir damals zusammenkommen, aber wir hatten keinerlei Unterkunft. Zugleich stand das Pumphaus der EWR schon jahrelang leer. Da hab ich dem damaligen Obmann Helmut Jahn gesagt ,Es wäre gut, wenn wir diesen Raum hätten.“
Gesagt, getan. Dass man sich dem fast größten Verein Tirols angeschlossen habe, das bereitete den Weg zum eigenen Domizil (das vor 20 Jahren dann bezogen wurde): „Es war das absolut Richtige. Wir konnten die Kräfte bündeln und haben diesen Schritt nie bereut. Von der Gemeinschaft her war das sicher der Höhepunkt unserer Vereinsgeschichte. Es hat unsere Kameradschaft gefestigt und ausgebaut.“
50 Jahre mit und gegen den Wind
Unser Bild zeigt (von links) die Sieger des Jubiläums-Verfolgungsrennens (Sebastian Höller sowie Sarah und Bernhard Witting), die Gründungsmitglieder Paul Seitz, Willi Sorg und Kurt Wagner, Mit-Pionier und Regattaleiter Werner Koch und Obmann Alexander Wasle.
DISZIPLIN UND SPASS. Und was schlägt den heutigen Obmann im Segeln in den Bann? „Es vermittelt einem eine Grundsatz-Disziplin. Man lernt Konzentration und hat dennoch Spaß am Sport. Und Du bist zu 100 Prozent in Kontakt mit der Natur. Von ihr bist Du abhängig – von der Flaute bis zum Sturm.“ Es gelte, die Gefahr abzuschätzen und sie zu achten: „Wenn Sturm aufkommt, wirst du schnell zum Spielball.“ Aber der Nervenkitzel, wie man das Schiff noch zu beherrschen vermöge, sei einfach interessant und mache Spaß. Und hinzu komme noch die unendliche Freiheit: „Wenn ich im Urlaub eine einsame Bucht ansteure, dann komme ich mir vor wie Robinson Crusoe.“
Das ist wohl ansteckend: Mit dem Nachwuchs sieht es nämlich seit dem Einzug ins Clubhaus „super aus“. In der  nächsten Woche gibt es zum Beispiel wieder ein Trainingscamp für neun-  bis 14-Jährige auf dem Vereinsgelände, zu dem auch ein Trainer des Tiroler Seglerverbandes kommt.
Zum Jubiläum gab`s natürlich ein (nicht ganz ernstzunehmendes) Verfolgungsrennen. Dabei geht das Boot, das als schwächstes eingestuft wird, als erstes auf den rund zehn Kilometer langen Rundkurs. Die anderen folgen je nach individuellem Handicap. Markus und Angela Arzl bestätigten dabei um ein Haar den Bibelspruch „Die Letzten werden die Ersten sein“. Auch aufgrund einer gehörigen Flaute wurden sie zwar nicht Sensations-Erste, aber immerhin Zweite. Nur Sebastian Höller mit Sarah und Bernhard Witting konnten ihren 47-Minuten-Vorsprung auf das vermeintliche Top-Boot auf- und sie überholen. Bronze ging übrigens an ein Drei-Generationen-Team: Kurt, Clemens und Hannes Wagner. Für Alex Wasle war indes noch etwas anderes wichtig: „Bei unserer Vereinsmeisterschaft vor ein paar Wochen waren 23 Boote am Start, heute 22. Das hat es in den letzten 50 Jahren nie gegeben – das ist einfach der Hammer!“
Die  hohe Achtung, die  die Reuttener Segler genießen, wurde übrigens auch dadurch deutlich, dass nicht nur der Bürgermeister der Standortgemeinde Breitenwang, Hanspeter Wagner, zur Feier gekommen war, sondern gleich zwei Reuttener Vize-Bürgermeister: Gerfried Breuss dankte dabei auch im Namen seines Kollegen Klaus Schimana „allen, die in diesen 50 Jahren so viel für den Verein getan haben“. Und der ganzen Gemeinschaft für „viel Einsatz – auch jenseits des Segelns“.

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