Von Jürgen Gerrmann
Für sie ist das offensichtlich nicht so verwunderlich wie für manchen Laien: „Das ist eben ein ganz anderer Teil des Skifahrens. So wie im Wettkampf. Wer im Riesentorlauf Weltmeisterin ist, muss ja auch nicht bei der Abfahrt Titel gewinnen.“ Und überhaupt denkt sie sehr gerne an ihre Ausbildung zurück: „Das war schon eine interessante, lässige Zeit, in der auch ich noch einiges Neue über das Skifahren gelernt habe.“ Insgesamt fünf Wochen hat der Kurs gedauert, der noch im Frühjahr am Arlberg startete und jetzt im Herbst am Kitzsteinhorn und im Kaunertal fortgesetzt wurde. Hat denn die kleine Niki in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts davon geträumt, einmal Skilehrerin zu werden? Die erfolgreiche Allrounderin lacht und stellt klar: „Nein. Erst in jüngster Zeit ist mir der Gedanke gekommen, dass das der letzte Teil meines Skifahr-Lebens ist, der mir noch fehlt. Also hab ich mir gedacht – jetzt oder nie!“ Sie habe die Ausbildung dabei nur aus eigenem Interesse gemacht: „Eine eigene Skischule zu eröffnen, habe ich nicht im Sinn.“
BEGEISTERT VON DER AUSBILDUNG. Von ihren Lehrern („Das war ein sehr junges Team“) war sie ebenso begeistert wie von ihren Mit-Kandidaten: „Die waren alle motiviert und sehr gute Skifahrer dazu.“ Trotz ihrer Renn-Vergangenheit habe sie sich sehr anstrengen müssen, es sei ihr nichts geschenkt worden: „Als Diplom-Skilehrerin ist man ja auch viel im Gelände unterwegs. Das war schon High Level, was wir da alles machen mussten und gelernt haben.“ Und mit welchen Gefühlen geht sie den kommenden Winter? Wie wohl alle mit großer Unsicherheit: „Es ist schon bitter, dass die Lifte erst zu Weihnachten aufsperren dürfen.“ Und auch ihre Arbeit als Co-Kommentatorin beim ORF sei sehr beeinträchtigt: Die Weltcup-Rennen in St. Moritz musste sie zum Beispiel am vergangenen Wochenende vom Studio in Wien aus bewerten – aus fast 700 Kilometern Entfernung! Keine leichte Aufgabe: „Vor Ort kann ich doch Kurssetzung, Wetter, Pistenverhältnisse viel besser beurteilen.“
GROßE UNSICHERHEIT. Wie wird es überhaupt mit dem Weltcup-Winter weitergehen? Auch hier zuckt Niki Hosp mit den Schultern: „Was in den nächsten Wochen passiert, das kann wohl keiner vorhersagen.“ In Levi in Finnland hätten zum Beispiel die Schwedinnen nicht starten dürfen, weil ihr Trainer infiziert gewesen sei. Das Virus sei ein tückisches Ding: „Keine und keiner steckt sich absichtlich an, alle tun das Bestmögliche für ihren Schutz, und dennoch gibt es keine absolute Sicherheit.“ Hinzu kämen falsche Tests, die dennoch einen Start verhinderten: „Das ist alles nicht fair, aber andererseits sind wir froh, dass überhaupt gestartet werden kann.“ Bei den nordischen Skisportlern haben ja vergangene Woche alle skandinavischen Mannschaften die Weltcups in Davos beziehungsweise Dresden abgesagt – aus Angst vor Infektionen. Ihnen ist es wichtiger, zur nordischem WM in Oberstdorf gesund anreisen zu können (falls die an Ende Februar überhaupt stattzufinden vermag).
EIN TEUFELSKREIS. Startverzichte beziehungsweise auch wegen einer Infektion verpasste Rennen sind aus Sicht der Bichlbacherin auch im alpinen Skisport keine einfache Sache: „Man verliert ja nicht nur Weltcuppunkte, sondern man rutscht auch in den Startnummern zurück. Und das kann gravierende Auswirkungen haben. Da ist man schon in einem Teufelskreis gefangen.“ Und ein Entrinnen sei da auch fast unmöglich: „Man kann sich nicht verstecken. Außer man bleibt daheim und schottet sich total ab. Aber das kann man eigentlich mental auch niemandem zumuten.“ Wie schätzt die erfolgreiche Rennläuferin eigentlich die Situation ein, dass im Moment nur „Geisterrennen“ gefahren werden dürfen? „Ohne Zuschauer fehlt ein ganz wesentlicher Teil. Die können einem viel geben, einen unheimlich viel pushen und unterstützen.“ Und außerdem: „Wenn man Großes geleistet hat und sich am Ziel aus tiefstem Herzen freut – dann ist das noch viel schöner, wenn sich 10 000 andere mitfreuen.“ Das fehle den Läuferinnen zurzeit sicher. Die Bichlbacherin ist ja beim ORF auch für die alpine WM in Cortina d'Ampezzo gesetzt. Aber können dort im Veneto vom 8. bis 21. Februar überhaupt Rennen stattfinden? „Das wird schwierig“, sagt auch Niki Hosp. Aber vielleicht gebe es bis dahin mit der Produktion der Impfstoffe in erforderlicher Menge tatsächlich einen Durchbruch: „Ich hoffe einfach, dass wir möglichst bald wieder zu normalen Verhältnissen zurückkehren können.“