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„Rücktritt war ein emotionaler Moment“

Wolfgang Suitner beendet seine Ära als Funktionär beim Tiroler Fußballverband

Wolfgang Suitner, WKO-Branchensprecher der Veranstaltungsbetriebe Österreich und Geschäftsführer von Seefeld Sports, war zwei Jahre lang TFV-Vizepräsident und über 13 Jahre Funktionär und Bezirksobmann. Der 49-jährige gebürtige Milser (bei Hall) war viele Jahre emotionell stark mit dem SV Haiming verbunden, wo Suitner mit seiner Frau Birgit und seinen Kindern Lavinia und Aurelian lebt. Für zahlreiche Insider überraschend kam sein kürzlicher Rücktritt als TFV-Vizepräsident. Die RUNDSCHAU blickt mit dem ehemaligen Top-Torhüter auf eine bewegende Zeit zurück.
10. Mai 2021 | von Albert Unterpirker
„Rücktritt war ein emotionaler Moment“
Wolfgang Suitner: „Rücktritt war ein emotionaler Moment.“ RS-Foto: Unterpirker
Von Albert Unterpirker.
RUNDSCHAU: Herr Suitner, Sie sind bei der letzten TFV-Präsidiumssitzung für viele überraschend zurückgetreten und haben die Sitzung vorzeitig verlassen. Was waren die Gründe, die zu diesem Schritt führten?
Wolfgang Suitner: Da ich neben einem intensiven „Brotberuf“ noch durch meine neuen Tätigkeiten und bundesweiten Funktionen als Sprecher der gesamten Veranstaltungswirtschaft und Vertreter des organisierten Sports zeitlich im Moment voll gefordert bin, war auch eine gewisse Selbstreflexion notwendig, um zu schauen, was ich noch mit dem erforderlichen Einsatz abdecken kann beziehungsweise wo man ehrlicherweise zurückstecken muss. Dass ein Rücktritt nach so vielen Jahren mit vielen Emotionen verbunden ist und nicht mit einem einfachen „Pinselstrich von der seelischen Landschaft“ zu wischen ist, haben auch meine Präsidiumskollegen gesehen, die mich mit warmem Applaus verabschiedet haben. Es war für alle ein emotionaler Moment, aus eben den erwähnten Gründen habe ich um Verständnis gebeten, dass ich nach diesen schwierigen Worten nicht an der eigentlichen Sitzung teilnehmen, sondern mich auf den Weg zur Familie machen möchte.

RS: Wenn Sie einen Rückblick machen – was bleibt in Erinnerung?
Suitner: Die Freundschaften und persönlichen Kontakte, die auch weiterhin bestehen bleiben, die vielen Emotionen, die ich gerade bei Meisterfeiern erleben durfte, die ehrliche Freude unserer Kleinen am „Spiel“, die erlebten Werte, die der Sport in seiner sozialen Funktion vermittelt, sachlich formulierte und konstruktive Anregungen.

RS: Sie wurden als Nachfolger von Josef Geisler gehandelt – hatten Sie sich selbst auch bereits mit einer Präsidenten-Funktion angefreundet?
Suitner: Der Gedanke ehrt mich, da wahrscheinlich nicht jeder mit dieser Aufgabe und diesem Amt verbunden wird. Ich habe in meiner TFV-Zeit aber meine Funktionen und die damit einhergehenden Aufgaben im Sinne der Vereine in den Vordergrund gestellt und nicht das Ziel, ein bestimmtes Amt aus persönlichem Interesse anzustreben. Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass es nicht an den eigenen Befindlichkeiten hängt, sondern die Entscheidung über das höchste sowie andere Ämter beim TFV immer und zurecht in den Händen der Vereine und deren Vertretern liegt. 
 
RS: Dem TFV wird oft angelastet, dass er zu wenig auf die Oberländer Vereine schaut – wo kann sich der TFV hier noch verbessern?
Suitner: Viele Vereinsfunktionäre haben mir – was mich sehr freut – bestätigt, dass das Oberland im Vergleich zu früheren Jahren jetzt eine ganz andere Wertigkeit auf der Tiroler Fußballlandkarte einnimmt, wofür ich mich als vormaliger Bezirksobmann sehr verwendet habe. Mittlerweile kommen viele kreative Ideen und Verbesserungsvorschläge aus dem Oberland. Der eingeschlagene Weg, das Oberland aufgrund seiner Größe und der vielen Vereine in zwei Bezirke zu teilen, ist sicherlich ein wichtiger Schritt gewesen, um hier noch näher an den Vereinen dran zu sein. Mit Martin Seelos und Dominik Lechleitner haben wir zwei fachlich fundierte und engagierte Obleute mit menschlichen Qualitäten, die unsere Oberland-Vereine hervorragend repräsentieren und sich vor allem auch im Nachwuchsbereich sehr für Optimierungen beziehungsweise Erleichterungen einsetzen.

RS: Die Corona-Pandemie trifft auch die Fußballvereine stark. Manche Vereine sagen, der TFV muss bei Land und Bund mehr Druck für Öffnungen ausüben, manche Vereine sind eher auf der Seite der Regierungsmaßnahmen. Wie kann sich der TFV in diesem Spannungsfeld positionieren, ohne dass er Corona-Leugnern in die Hände spielt?
Suitner: Ich habe in den letzten Monaten sehr viele Gespräche mit Ministerien, Ministern, und auch dem Bundeskanzler führen dürfen. Für den TFV ist es meines Erachtens nach essentiell, sich mit dieser Haltung klar zu positionieren und durch möglichst persönlichen Kontakt am Ohr der Vereine zu bleiben. Sport war nie wichtiger als jetzt, auch als Ventil nach 13 Monaten „Coronafrust“ – was der Verband klar kommunizieren sollte.

RS: Als Tormann mussten sie gegnerische Angriffe abwehren. Welche Kniffe können Sie Fußballern vermitteln, um in dieser schwierigen Zeit nicht den Kopf zu verlieren?
Suitner: Ruhe bewahren, das Ziel – die baldige Rückkehr in das Vereinsleben mit Aufnahme des Meisterschafts- und Trainingsbetriebes – nicht aus den Augen zu verlieren. Den Eltern und Kindern, die wir ehestmöglich wieder zum Spielen bringen müssen, die helfende Hand zu reichen, zu motivieren und das Gefühl zu geben, für sie auch in dieser schweren Zeit da zu sein. Es braucht Leuchttürme, an denen man sich aufrichten kann – wie bei einem Tormann, der eine ungleich größere individuelle Verantwortung im Spiel trägt.

RS: Welche beruflichen Herausforderungen gibt es nun für Sie?
Suitner: Noch fordert mich die Aufgabe als Wirtschaftskammerfunktionär und Interessensvertreter in den Bereichen Freizeit, Sport und Veranstaltungsmanagement durch die Pandemie und deren Folgen intensiv. Mein Brotberuf als Manager der Sport- und Freizeitinfrastruktur in Seefeld ist an sich schon eine schöne und herausfordernde Tätigkeit, der ich mich aufgrund meiner Ausbildung täglich mit Freude und Elan widme. Im kommenden Sommer dürfen wir beispielsweise sowohl die Deutsche wie auch die Österreichische Nationalmannschaft als Trainingslagergäste vor der EURO begrüßen. Durch die vielen Berührungspunkte auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene finde ich auch die Politik als Betätigungsfeld sehr interessant, vielleicht führt ein Weg auch in diese Richtung, sofern es sich zeitlich vereinbaren lässt.

RS: Was war ihr schönstes Erlebnis als aktiver Fußballer?
Suitner: Der Aufstieg mit der damaligen WSG Swarovski Wattens in die zweite Bundesliga war natürlich vom sportlichen Niveau außergewöhnlich, sehr emotional waren die Aufstiege beziehungsweise der „Durchmarsch“ mit dem SV Haiming von der 1. Klasse bis in die Landesliga. Trotz vieler Angebote aus höheren Ligen, in denen ich mich persönlich hätte profilieren können, war es mir wichtiger, meinen Teil dazu beizutragen, diesen Traditionsverein wieder in höhere Gefilde zu führen. Ein Highlight, das in dieser Form wohl einzigartig bleiben wird, war das Spiel gegen die Traditionsmannschaft von Borussia Dortmund vor zwei Jahren, wo ich als „Teamchef“ unser Tourismus-Nationalteam auf das Feld führen durfte. Nach sensationellem Kampf und einer „nur“ 1:5-Niederlage persönliches Lob von Tormanngrößen wie Roman Weidenfeller und Teddy de Beer zu bekommen und sich mit Weltmeistern und Größen wie Frank Mill, Jörg Heinrich, Giuseppe Reina oder Günter Kutowski messen zu können, ist unvergesslich.

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