Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Seitenwechsel bei der WM

Der Breitenwanger Günter Csar erlebte die Titelkämpfe in Oberstdorf aus zwei Perspektiven

Als Betreuer hin, als Juror zurück: Für den Breitenwanger Günter Csar brachte die nordische Ski-WM im vergangenen Monat in Oberstdorf eine unerwartete Abwechslung.
29. März 2021 | von Jürgen Gerrmann
Seitenwechsel bei der WM
Erfolgreicher Athlet, begeisterter Betreuer und weltweit anerkannter Juror: Der Breitenwanger Günter Csar (hier ein Archivbild von der WM 2019 in Seefeld) war auch bei den nordischen Titelkämpfen im Februar in Oberstdorf dabei. RS-Foto: Gerrmann
Von Jürgen Gerrmann.
Und warum dieser Rollentausch? „Eigentlich war ich ja als Betreuer unserer Mannschaft mit draußen“, erklärt der Weltmeister von 1991 und Olympia-Bronzemedaillengewinner von 1988 in der Nordischen Kombination im Gespräch mit der RUNDSCHAU: „Aber dann gab es einen positiven Corona-Fall, und ich musste in der Jury einspringen.“ An jenem Sonntag noch hatte er in „seiner“ Sportart mit der Mannschaft beim Teamwettkampf auf der Normalschanze gefiebert und über Bronze der beiden Tiroler Johannes Lamparter und Lukas Greiderer (plus des Salzburgers Mario Seidl und des Steirers Lukas Klapfer) gejubelt. Am darauffolgenden Montag wurde dann eine Polin positiv getestet, sodass die Jury in der Nordischen Kombination neu besetzt werden musste: „Aufgrund der Corona-Lage war es gar nicht so einfach, irgendwoher irgendjemand zu bekommen, der das hätte machen können.“

Eine logische Wahl.
Da war es geradezu logisch, dass die Wahl auf den Außerferner fiel: „Ich war ja schon in der Blase drin, und zudem mache ich das ja laufend.“ Und zwar schon lange und auf höchstem Niveau: 1987 war Csar als Athlet bei den ersten nordischen Titelkämpfen in Oberstdorf dabei, bei den zweiten fungierte er 2005 als Assistent des Race-Direktors, und auch bei den zwei Weltmeisterschaften zuvor war er mit von der Partie – 2017 im finnischen Lahti als Technischer Delegierter und zwei Jahre später in Seefeld in Tiroler mit ihrer unvergleichlichen Atmosphäre als Rennleiter. Welche der beiden Rollen im Allgäu war denn die schönere? Csar zögert allenfalls kurz: „Die erste. Es ist toll, als Mannschaftsbetreuer die Früchte jahrelanger Arbeit feiern zu können. In der Jury musst Du halt neutral bleiben und darfst deine Emotionen nicht zeigen, obwohl das Herz natürlich weiter für die Athleten schlägt.“ Das Tiroler Doppel-Gold durch Lamparter und Greiderer im Team konnte er mithin eher innerlich bejubeln. Beides seien interessante Aufgaben, man gehe eben von unterschiedlichen Sichtweisen an sie heran – mal emotional, mal sachlich. Und in welches Spektrum der beiden ordnet er sich eigentlich selbst im Privatleben ein? „Da musst Du meine Frau fragen – ich kann Dir das nicht sagen!“, lacht Csar.

Ganz andere Welt.
200.000 begeisterte Fans bei der WM in Tirol, (abgesehen von den Betreuern und Offiziellen), Null im Allgäu (wo es 16 Jahre zuvor sogar 350.000 waren) – der Unterschied hätte größer nicht sein können. Wie hat er selbst das erlebt? „Das war eine ganz andere Welt“, blickt der 55-Jährige zurück. Athleten und Betreuer hätten zwar mit den Einschränkungen zu leben gelernt, dennoch sei es mit Publikum doch etwas ganz anderes: „Aber Kompliment, wie die in Oberstdorf das dennoch alles hingekriegt haben. Alle waren mit Freude dabei, alle immer freundlich. Aber die normale Atmosphäre mit den Fans ist halt durch nichts zu ersetzen. Wettkämpfe wie diese sollten nicht zur Gewohnheit werden und man sich auch nicht daran gewöhnen.“ Die Veranstalter hätten ein schweres Los zu tragen gehabt: „Ursprünglich (bei der Vergabe der WM) hatte man noch mit riesigen Zuschauermassen geplant, dann mit wenigen Fans und kurz, bevor es los ging, stand dann fest, dass gar keine kommen dürfen.“ Corona habe einen enormen Aufwand an Zeit und Kraft erfordert und am Ende sei das Bestmögliche herausgekommen: „Wir waren gut aufgehoben, wir haben uns sicher gefühlt – dafür haben sich die Organisatoren ein Riesenkompliment verdient.“ Auch das Fernsehen habe während der publikumslosen WM-Saison gelernt, mit den ungewohnten Verhältnissen umzugehen: „Die haben das super aufgearbeitet.“
Hätten sich die Oberstdorfer mithin eine baldige „normale“ WM verdient? Ohne Zweifel, meint der Außerferner: „Das sind quirlige Veranstalter. Die werden sich sicher wieder bewerben. Und dann hoffe und wünsche ich ihnen, dass sie den Zuschlag bekommen und mit einer tollen Atmosphäre belohnt werden.“ Die Infrastruktur mit den neuen Umkleide- und Wachskabinen sowie die Schanzen und Loipen seien alle top gewesen: „Es war eine Freude, dort zu laufen, zu springen oder die Wettkämpfe zu verfolgen. Das kann man super weiter verwenden.“

Neue Ziele warten.
Für Günter Csar war die WM übrigens international der letzte Einsatz in diesem Winter, national folgte noch der Austriacup der Schüler in Eisenerz. Das Weltcup-Finale im sächsischen Klingenthal verpasste er wegen der Corona-Beschränkungen. Nun folgen ein paar Monate Pause. Und dann warten schon die nächsten Ziele: Die diesen Winter abgesagte Jugendolympiade in Lahti, die Jugend-WM im polnischen Zakopane. Und natürlich die olympischen Spiele in Kuyangshu in China, wo die nordischen Bewerbe ausgetragen werden.
 

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