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Artenschutz auch ohne Augen oder Fell

Artenschutzstudie schafft neue fachliche Basis für konkrete Maßnahmen im Naturpark

Die „Artenschutzstudie Karwendel“ wurde vergangenen Freitag von der Universität Innsbruck, dem Land Tirol, gemeinsam mit dem Naturpark Karwendel präsentiert. Die Studie, in deren Ersterhebung 341 Arten eingegangen sind, stellt eine wesentliche Grundlage für die zukünftige Arbeit des Naturpark-Managements dar. Basierend auf den Ergebnissen konnten bereits konkrete Maßnahmen für 2021 geplant werden.
19. April 2021 | von Beatrice Hackl
Artenschutz auch ohne Augen oder Fell<br />
Hoch hinaus: Der Naturpark Karwendel hat sich mit der neuen Artenschutzstudie hohe Ziele für den Erhalt der Vielfalt in puncto Fauna und Flora gesetzt. Schützenswert seine neben repräsentativen Arten wie dem Steinadler auch unscheinbarere Arten ohne Augen oder Fell. Foto: Hermann Sonntag/Naturpark Karwendel
Von Beatrice Hackl

Die Arbeit des Naturparks hat sich im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie anders gestaltet als geplant. Frei gewordene Ressourcen wurden umgeschichtet und unter anderem auf die Erstellung der neuen Artschutzstudie verwand. „Die Studie ist ein klarer fachlicher Auftrag für unsere Naturschutzarbeit“, betont Hermann Sonntag, GF des Naturparks. Basierend auf der Studie möchten er und sein Team gemeinsam mit bayerischen Partnern neue Artenschutzprojekte initiieren sowie bestehende ausbauen. „Die Studie bildet eine gute fachliche Grundlage für die zukünftige Naturschutzarbeit. Sie bietet den notwendigen Überblick, denn nur wenn man weiß, wo man steht, kann man festlegen, wohin man möchte“, ist LH-Stv. Ingrid Felipe überzeugt. Aus dem Status Quo lasse sich ableiten, welchen Arten man Schutz angedeihen lassen müsse. Hierbei sei es wichtig auch „augenlose Arten“ wie das Rudolphis Trompetenmoos zu berücksichtigen.Jedoch werde meist Tieren, insbesondere repräsentativen Arten und jenen mit Fell, mehr Aufmerksamkeit geschenkt. „Das Management der Artenvielfalt hat sich aus historischer Sicht auf auffällige Arten wie z.B. den Steinadler konzentriert. Schutzgebiete wurden anhand der repräsentativen Arten ausgewiesen, weshalb manche Arten durch den Rost fielen“, weiß auch Studienautor Univ.-Prof. Dr. Leopold Füreder.

Wohnraum – auch im Wald Mangelware. Insgesamt wurden 341 Arten berücksichtigt und in das Artenschutzprogramm aufgenommen. Diese 341 Arten konnten im Laufe des Prozesses anhand von neun Kategorien auf 24 zu priorisierende Arten heruntergebrochen werden. „In die Auswahl der Arten und der Schutzmaßnahmen flossen ökologische, ökonomische sowie auch soziale Faktoren ein“, erläutert Füreder die Herangehensweise. Unter den prioritären Arten finden sich prominente Arten wie Steinadler und Uhu, aber auch weniger bekannte wie der Purpurrote Plattkäfer oder das Rudolphis Trompetenmoos. „Die Auswahl beinhaltet Arten der Wildflüsse, des Bergwaldes, der Felsen- und Gipfelbereiche sowie der Almen und spiegelt damit die europaweite Bedeutung des Naturparks wider“, erklärt Sonntag. „Wichtig war auch die Frage nach möglichen Synergien zugunsten mehrerer Arten“, betont Füreder. Durch derartige Synergie punkte laut GF Sonntag der Schwarzspecht, weshalb sich der eigentlich nicht so seltene Vogel auf der Liste der prioritären Arten wiederfindet. Der Schwarzspecht ist ein wichtiger Höhlenlieferant für zahlreiche Tierarten. „Für seine Höhlen gibt es viele ‚Nachmieter‘, denn Wohnraum ist nicht nur in Innsbruck, sondern auch im Wald Mangelware“, verdeutlicht Sonntag. 
KONKRETE MAßNAHMEN. In den letzten Jahren konnten durch die (Mit-)Finanzierung des Landes zahlreiche fachliche Grundlagen in den Tiroler Schutzgebieten, wie z.B. die ornithologische Grundlagenerhebung im Vogelschutzgebiet Karwendel oder das Praxishandbuch Vogelschutz, geschaffen werden. Diese Arbeiten stellen eine wesentliche Basis für eine erfolgreiche Naturschutzarbeit auf der Fläche dar. Als erster Schritt wird die Arbeit in den Gemeinden, bei den Forstbetrieben und bei den Vertretern der Almwirtschaft vorgestellt, um weitere gemeinsame Initiativen, wie das Stehenlassen von Totholz, mit der Gemeinde Scharnitz oder mit dem Stift St. Georgenberg zu starten. Unabhängig davon ist bereits für 2021 eine Ausweitung des grenzüberschreitenden Monitorings für Wildflussarten und eine Totholz-Initiative für Spechte und Eulen geplant.
Artenschutz auch ohne Augen oder Fell<br />
Die „Artenschutzstudie Karwendel“ wurde vergangenen Freitag von Studienautor Univ.-Prof. Dr. Leopold Füreder, LH-Stv. Ingrid Felipe und Hermann Sonntag, Geschäftsführer des Naturparks und Mitautor der Studie vorgestellt. RS-Foto: Hackl
Artenschutz auch ohne Augen oder Fell<br />
Unter anderem zählt das Rudolphis Trompetenmoos zu den 24 prioritären Top-Arten. Foto: Naturpark Karwendel

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