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Aufgeheizte Stimmung in Kematen

10. März 2020 | von Nina Zacke
Aufgeheizte Stimmung in Kematen
Die Südtiroler Siedlung im Kemater Dorfkern soll einer Generalsanierung unterzogen werden. Foto: Axel Brunner

Die geplante Sanierung der Südtiroler Siedlung sorgte bei einer Infoveranstaltung im Gemeindesaal für heftige Debatten


Die „Neue Heimat Tirol“ (NHT) plant eine umfassende Generalsanierung der während des Zweiten Weltkrieges hauptsächlich für ausgewanderte Südtiroler errichteten „Südtiroler Siedlung“ in Kematen. Es sind allerdings nicht alle Mieter von diesem Vorhaben begeistert. Die „NHT“, eine der größten Bauträgergesellschaften des Landes und Synonym für sozialen Wohnbau, beabsichtigt den gesamten Gebäudekomplex einer umfangreichen Generalsanierung zu unterziehen.

Die Siedlung umfasst vier Doppelhäuser, 23 Reihengiebelhäuser und ein Einzelhaus mit insgesamt 129 Wohnungen und vier Geschäftslokalen. Erschwerend auf das Sanierungsprojekt wirkt sich die 2016 endgültig erfolgte Unterschutzstellung der gesamten Anlage durch das Bundesdenkmalamt aus. Vor allem die Häuserfronten müssen dem folgend in der heutigen Ansicht unverändert erhalten bleiben. Das ganze Projekt soll eine Kombination aus einer teilweisen Neuerrichtung von Wohnungen am sogenannten „Rodelhügel“ sein. Dorthin könnten die Bewohner in der Zwischenzeit absiedeln. Die anschließende Generalssanierung der freigewordenen Wohneinheiten und im Anschluss daran die Option für die unbefristeten Mieter, im Neubau zu verbleiben, oder wieder in ihre ursprünglichen, inzwischen total renovierten Wohnungen zurückzukehren – das klingt eigentlich für den unbedarften Beobachter recht vernünftig und attraktiv. 

WIDERSTAND. Wären da nicht einige Mieter, die gegen die beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen Stellung beziehen. Einige wenige von ihnen haben — ob in Kenntnis und mit Einverständnis der „NHT“, ist nicht bekannt — in ihren Mietwohnungen hohe Investitionen getätigt, die von der „NHT“ im Falle der Sanierung (sofern nicht eine gesetzliche Ablöse zu erfolgen hat) nicht abgelöst würden und somit weitgehend verloren gingen. Allerdings bietet die „NHT“ allen durch die Sanierungsmaßnahmen betroffenen Mietern mit einem unbefristeten Mietvertrag eine Absiedelungspauschale in Höhe von 15.000 Euro an. Die angesprochenen Mieter halten allerdings eine Sanierung für nicht notwendig und sind daher strikt dagegen bzw. wollen aus ihren Wohnungen auch nicht ausziehen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, wurde nun der Verein „Mieterintiative Südtiroler Siedlung Kematen Tirol“ gegründet, der die Interessen dieser Mieter vertritt. Dem Verein sind inzwischen 55 Mieter mit großteils unbefristeten Verträgen beigetreten. 

KONFRONTATION WOHL UNAUSWEICHLICH. Nachdem die „NHT“ die durch entsprechende Gutachten untermauerte Meinung vertritt, dass eine umfassende Sanierung aufgrund des gegebenen bautechnischen Zustandes der gesamten Anlage unumgänglich sei, ist eine Konfrontation mit den Vereinsmitgliedern wohl unausweichlich. In einer von Bürgermeister Rudolf Häusler initiierten Informationsveranstaltung am Dienstag vergangener Woche  brachte die Vereinsführung zum Ausdruck, alle rechtlichen Schritte in Anspruch nehmen zu wollen, die zur Verfügung stünden, um eine Sanierung der Südtiroler Siedlung zu verhindern. Umgekehrt zeigten die Vertreter der „NHT“ die möglichen Konsequenzen dieses Vorgehens auf: Es würden vom Gericht wohl neue Gutachter bestellt, und letztlich hätte ein Richter zu entscheiden, in welchem Umfang eine Sanierung notwendig ist bzw. welche baulichen Maßnahmen unbedingt zu setzen wären. 

SANIERUNG, NEUBAUSANIERUNG, NEUERRICHTUNG? Jedenfalls wäre damit die angedachte Neubausanierung des Altbestandes mit kompletter Aushöhlung und inwendiger Neuerrichtung wohl gestorben und es würden nur die allernotwendigsten Maßnahmen angegangen, was mittelfristig natürlich auch eine entsprechende Absiedlung mit hohen Leerständen aufgrund eines Attraktivitätsverlustes zur Folge hätte (keine Zentralheizung, schlechte Türen/Fenster, schlechte Isolierung, veraltete Installationen etc.). Neue Mieter würde man für diese Wohnungen nur schwer finden, außerdem wäre in spätestens zehn Jahren dann bereits die nächste Sanierung fällig usw. Man setzt jetzt von Seiten der Gemeindeführung und der „NHT“ vor allem auf Information und Kommunikation. Es ist geplant, mit allen Mietern zeitnah Gespräche zu führen, wo konkrete Angebote, allfällige Ablösen und mögliche Alternativen nicht nur besprochen, sondern auch protokolliert werden sollen. „In der Gemeinde wurde darüber hinaus eine Servicestelle eingerichtet, an die sich verunsicherte Mieter mit ihren Sorgen und Nöten vertrauensvoll wenden können. Man darf gespannt sein und es bleibt im Sinne der Attraktivitätssteigerung des Kemater Dorfkerns zu hoffen, dass sich die Wogen legen und das Projekt wie geplant umgesetzt werden kann“,  so Bürgermeister Häusler. Um im Zeitplan zu bleiben, sollten die Baumaßnahmen am Rodelhügel spätestens im Februar 2021 losgehen. Dann könnte die Besiedlung der neuen Wohnungen schon im Herbst 2022 beginnen. 

Von Axel Brunner

Infoveranstaltung im Kemater Gemeindesaal: NHT-GF Hannes Gschwentner, Gemeindevorstand Franz Sailer und Initiator Bürgermeister Rudolf Häusler. Foto: Axel Brunner

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