Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Gefiederte Therapiefreunde für Laura

Das Smith-Magenis-Syndrom sorgt bei der zehnjährigen Laura aus Polling für Entwicklungsverzögerungen

Laura aus Polling und Tiere gehören einfach zusammen. Das kleine Mädchen weist Entwicklungsverzögerungen aufgrund des Smith-Magenis-Syndroms auf und hat auch immer wieder mit starken Stimmungsschwankungen zu kämpfen. „Diese Ausbrüche können Menschen erschrecken, aber Tiere waren hingegen stets ihre besten Freunde“, berichtet ihre Mutter. Den Kontakt zu Tieren hat das Mädchen schon immer gesucht und verbrachte deshalb viel Zeit auf dem Bauernhof des Nachbarn. Seit Kurzem kümmert sich Laura um elf eigene Hühner aus der „Lebenshilfe-Zucht“ in Reutte. Die gefiederten Freunde entspannen die Zehnjährige und wirken sich auf unterschiedlichen Ebenen positiv auf ihre Entwicklung aus.
16. Mai 2022 | von Beatrice Hackl
Gefiederte Therapiefreunde für Laura
Wenn sich die zehnjährige Laura aus Polling um ihre Hühner kümmert, ist sie ausgeglichen und glücklich. Fotos: Lebenshilfe/Dagmar Prantl
Von Beatrice Hackl

Die Hühner lassen Laura sowohl ruhiger als auch selbständiger werden. Die Zehnjährige weiß, was ihre Tiere brauchen und übernimmt Verantwortung: Sie füttert und tränkt sie, reinigt den Stall und holt die Eier. Jeden Abend treibt sie die Hühner in den Stall, um sie vor Fuchs und Marder in Sicherheit zu bringen. Sie spielt ihnen sogar auf der Gitarre etwas vor oder wiegt sie im Arm, bis sie schlafen. Nach der Frühförderung besucht Laura die Schule, lernt schreiben, lesen und rechnet im Zahlenraum zehn. Unterstützt wird sie dabei von einer Assistenzkraft „ohne die es nicht geht – weil sie auf dem Stand einer Sechsjährigen ist. Es kommt immer wieder vor, dass Laura unerwartet ausrastet und Dinge durch die Gegend schmeißt“, berichtet die Mutter. „Doch wenn sie zu den Therapiehennen geht, ist die Spannung wieder draußen.“

Freizeitassistenz der Lebenshilfe. Auch die regelmäßige „Freizeitassistenz der Lebenshilfe“ erlebt die Mutter als Entlastung. Zwei Mal in der Woche kommt Dagmar Prantl und begleitet Laura in den Alpenzoo, zum Schwimmen oder bastelt mir ihr. „Das sind Stunden, die uns beiden guttun. Darüber hinaus sind die Ausbrüche schon viel seltener geworden“, freut sich Lauras Mutter. „Aber Laura wird nie ganz eigenständig sein“, erklärt die Mutter. Doch das Geld, das sie für die Eier bekommt, zählt sie allein und kauft davon beim Nachbarn das nötige Futter. Auf diese Weise wird sie schrittweise selbständiger. Im Rahmen der „Freizeitassistenz und Familienentlastung“ besucht Dagmar Prantl von der Lebenshilfe sieben Kinder im Bezirk Innsbruck-Land und erklärt: „Wenn wir Kinder und Jugendliche begleiten, achten wir immer auf ihre Vorlieben. Laura entwickelt ihre Stärken im Umgang mit Tieren. Hier übernimmt sie Verantwortung, füllt die Eier in die Kartons und ist stolz auf das, was sie selber schafft“, beobachtet Prantl. „Obwohl die Eier nur für die Familie sind, fragt mich Laura immer, ob ich wieder ihre Eier kaufe.“

Tiere sind Freundesersatz. Um ihre schwache Rumpf-Muskulatur und den Gleichgewichtssinn zu stärken macht Laura seit ihrem dritten Lebensjahr „Pferdetherapie“. Ohne Sattel befindet sie sich in direktem Kontakt mit dem Tier. Sie kann es direkt spüren, und das wirkt sich auf ihre Stimmung aus. Während der Therapie ist sie immer sehr ruhig, und sie wird nicht von Wutausbrüchen übermannt. „Das Radfahren hat sie zwar noch nicht gelernt, aber am Pferd zeigt sie sich bereits sehr geschickt“, freut sich Lauras Mama. Wenn die Eltern im Garten sitzen und ihre Tochter mit den Tieren beobachten, hat das für sie etwas Beruhigendes: „Normalerweise kümmert sich niemand auf diese Art und Weise um ein Huhn. Aber Laura gibt sich mit ihnen ab und hat zu ihnen ein enges Verhältnis aufgebaut – ähnlich dem zu einer Katze oder einem Hund. Die Hühner und Eier sind eigentlich nur für den Eigenverbrauch gedacht aber mit Oma und Dagmar Prantl von der Lebenshilfe teilt die junge Hühnerhalterin gerne.
 
Gefiederte Therapiefreunde für Laura
Im Rahmen der „Freizeitassistenz und Familienentlastung“ der Lebenshilfe wird die kleine Hühnerflüsterin Laura (r.) regelmäßig von Dagmar Prantl besucht: „Im Umgang mit den Tieren entwickelt Laura ihre Stärken.“

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