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Grenzenlose Zukunftspläne in puncto Natur

Vier Naturparke verfolgen genzüberschreitenden Arten- und Biotopschutz unter dem Motto „Natur kennt keine Grenzen“

Die „Natur kennt keine Grenzen“ und in diesem Sinne blicken die vier Naturparke Karwendel, Tiroler Lech, Ammergauer Alpen und Nagelfluhkette gemeinsam über den eigenen Tellerrand. Künftig wollen sie eine enge, grenzüberschreitende Zusammenarbeit forcieren. Mit dem gemeinsamen Interreg-Kleinprojekt „Grenzüberschreitender Arten- und Biotopschutz“ wurde eine solide naturschutzwissenschaftliche Grundlage geschaffen. Die erarbeiteten Ergebnisse und die gesetzten Ziele wurde am Dienstag der vergangenen Woche im Naturpark Infozentrum in Scharnitz präsentiert und sollen in einer weiteren Optimierung der klassischen Naturparkarbeit resultieren.
11. Oktober 2021 | von Beatrice Hackl
Grenzenlose Zukunftspläne in puncto Natur<br />
Die Naturparks Karwendel, Tiroler Lech, Ammergauer Alpen und Nagelfluhkette wollen künftig enger zusammenarbeiten. Der Arten- und Biotopschutz wird somit mittels gemeinsamer Maßnahmen und Aktivitäten grenzüberschreitend forciert. Foto: Naturpark Karwendel/M.Schinner
Von Beatrice Hackl

Die „andere Seite“ solle künftig stärker mitgedacht werden, zumal vieles über die Landes- bzw. Naturparkgrenzen zusammenhänge. Gemeinsame und inhaltliche Schnittpunkte wurden auf der Suche nach neuen Synergien systematisch herausgearbeitet. „Wir alle verfügen über unterschiedliche Datengrundlagen und nun galt es, die vorhandenen Informationen aus den jeweiligen Naturparks grenzübergreifend zusammenzutragen“, berichtet Klaus Pukall (NP Ammergauer Alpen). „Für das Projekt wurden ursprünglich 21.000 Euro veranschlagt, aber schlussendlich konnte es mit 17.000 Euro umgesetzt werden“, lässt Hermann Sontag (Karwendel) wissen. „Wir wollten herausfinden, für welche Arten eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit einen wesentlichen Mehrwert generiert. Hierfür haben wir uns an vier Kriterien orientiert: Naturschutzkriterium – ist die Art selten? Wirtschaftliche Faktoren – wie sinnvoll wäre ein besonderer Schutz und können wir uns das leisten? Die Synergien – wo profitieren die Arten von einer gemeinschaftlichen Arbeit? So kann sich beispielsweise nicht jedes Gebiet einen eigenen Moorexperten leisten – gemeinschaftlich lässt sich ein solcher aber finanzieren. Und nicht zuletzt ging es eben auch darum, durch die grenzübergreifende Zusammenarbeit die Datengrundlage zu verbessern“, verdeutlicht Pukall die Methodik.

96 relevante Arten und Maßnahmen. Aus eben dieser konzentrierten Sammlung konnten 96 potenziell relevante Arten herausgearbeitet werden. Zu den daraus abgeleiteten Maßnahmen und Projektempfehlungen zählen neben der Besucherlenkung die Erarbeitung von Grundlagen für ein gemeinsames Monitoring und der gemeinsame Schutz der Moore und Feuchtlebensräume. Auch der Erhalt von Bergahornweiden und Maßnahmen im extensiven Grünland werden angestrebt. „Diese Arten sind entweder in drei der vier Parks vertreten oder weisen ein besonderes Alleinstellungsmerkmal auf. Die Lebensräume der einzelnen Arten sind sehr unterschiedlich. Die Bandbreite reicht von urban bis naturbelassen. Die Fledermaus braucht beispielsweise beides – im Sommer bevorzugt sie mitunter einen Kirchturm, während sie sich im Winter meist in eine Höhle zurückzieht. Besonders gut abgeschnitten haben die Arten der Felslebensräume: der Steinadler, der Wanderfalke, der Uhu und der Bartgeier. Aber auch Besonderheiten wie die Epiphytischen Moose, die Deutsche Tamariske, die ‚Gefleckte Schnarrschrecke‘, das Moor-Wiesenvögelchen und das Birkhuhn sowie der Alpenbock erhielten in verschiedenen Kategorien gute Bewertungen“, schildert Yvonne Markl (NP Tiroler Lech).

Herausforderung Besucherlenkung. „Insgesamt lässt sich festhalten, dass dieses Interreg-Kleinprojekt große Ergebnisse für uns gebracht hat. Unsere Naturparke haben das Potenzial schwierige Themen anzugehen, zumal wir über gut qualifiziertes Personal verfügen. Eine große Herausforderung der Zukunft wird sicher die Besucherlenkung bzw. deren Verbesserung. Sie spielt sich zu großen Teilen online ab“, ist Rolf Eberhardt (NP Nagelfluhkette) überzeugt. Bei der digitalen Lenkung wollen sich die Parks direkt an die Nutzergruppen wenden. Es ginge darum die Leute dort abzuholen, wo sie sind. Kletterer sollen beispielsweise direkt in Kletterforen informiert werden. Allerdings würde dies die Arbeit vor Ort nicht ersetzen. Es brauche auch die Ranger, die Leute direkt ansprechen. Im Idealfall gelingt es, die Besucher selbst ins Boot zu holen, sodass sie die Naturparke z.B. über gesichtete Brutstellen und dergleichen informieren. „Im Karwendel haben wir seit 2010 Ranger und über sie wird vieles an uns herangetragen“, unterstreicht Sonntag. In Tirol arbeite man zudem eng mit der Bergwacht zusammen. „Hier lassen sich tolle Synergien schließen. Insbesondere, wenn ein Ranger zugleich der Bergwacht angehört“, wissen Markl und Sonntag aus Erfahrung.
 
Grenzenlose Zukunftspläne in puncto Natur<br />
Die vier Naturparke im bayerisch-tirolerischen Grenzraum präsentieren gemeinsame Zukunftspläne: Rolf Eberhardt (NP Nagelfluhkette), Klaus Pukall (NP Ammergauer Alpen), Yvonne Markl (NP Tiroler Lech) und Hermann Sonntag (NP Karwendel). RS-Foto: Hackl
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Felslebensräume sind mitunter wichtig für Steinadler (im Bild), Uhu und Wanderadler. Foto: Naturpark Karwendel

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