Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

Liebe ist Liebe: Auch in den Augen der Kirche

Der „Diözesane Arbeitskreis Homosexuellenpastoral“ (DAHOP) feierte 2022 sein 25-jähriges Bestehen

Mensch ist Mensch und Liebe ist Liebe: Davon ist auch der „Diözesane Arbeitskreis Homosexuellenpastoral“ (DAHOP) überzeugt. Der Arbeitskreis forciert seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert den offenen und kreativen Zugang der Kirche zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen und Partnerschaften. Der Abbau von Vorurteilen und Diskriminierung zählt ebenso zu den Aufgaben von DAHOP wie die persönliche Begleitung und Beratung. Die RUNDSCHAU hat sich mit dem Völser Pfarrer Christoph Pernter über den Arbeitskreis, Liebe, Toleranz, Nächstenliebe und eine christliche Haltung der Akzeptanz unterhalten.
9. Jänner 2023 | von Beatrice Hackl
Liebe ist Liebe: Auch in den Augen der Kirche
Vorurteile und Diskriminierung abzubauen bzw. sich für Liebe einzusetzen, diesem Credo hat sich der Arbeitskreis DAHOP verschrieben. Das Foto wurde im Rahmen vom diözesanem „Canisiusfest“ im September 2021 aufgenommen. Foto: Diözese Innsbruck
Von Beatrice Hackl

Als diözesaner Arbeitskreis rund um Homosexuelle setzt sich DAHOP dafür ein, dass sich die Kirche weiterentwickelt und zum Besseren verändert. DAHOP ist eine Art Sprachrohr für alle Geschlechter, Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen, die von zweigeschlechtlichen und heterosexuellen Normen abweichen. Der Arbeitskreis geht laut einem seiner Flyer davon aus, „dass Gott uns so geschaffen hat, wie wir sind – und das ist gut so“. „Der öffentliche Diskurs ist wichtig, und nur wenn Menschen miteinander kommunizieren, kommen wir weiter. Die Arbeitsgruppe steht für die Vielschichtigkeit der Menschen ein. DAHOP steht sowohl Homosexuellen als auch deren Familien bei Wunsch beratend zur Seite“, verdeutlicht Pfarrer Christoph Pernter und ergänzt: „Ich persönlich befürworte die gleichgeschlechtliche Ehe. In mehreren christlichen Kirchen besteht bereits die Möglichkeit, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen – auch ich habe das bereits getan. In der sakramentalen Ausrichtung ist die Ehe für Mann und Frau gedacht, um Kindern das Leben zu schenken. Aber gesellschaftlich gilt es diese Ausrichtung auszudehnen. Es geht um zwei Menschen, die sich lieben und in einer Beziehung leben wollen. Ich gebe gerne meinen Segen, wenn sich Menschen vor Gott Liebe und Treu zusagen. Ich habe auch bereits die Kinder von einem lesbischen Paar getauft. Ich bin einfach der Meinung, dass sich die kirchliche Gemeinschaft weiter öffnen muss.“

Was zählt ist die Liebe. „Der Kontext ist wichtig. Leider werden manchmal Sätze aus der Bibel aus dem Kontext, also aus dem Zusammenhang und aus der historischen Dimension, gerissen und isoliert betrachtet, um homosexuelle Beziehungen als sündhaft zu deklarieren. Das darf nicht passieren. Hinzu kommt die medizinische Komponente, der man sich früher nicht bewusst war. Fakt ist, dass eine Abweichung von Heterosexualität keine Krankheit ist. Sie ist angeboren. Wichtig ist somit eine zeitgemäße Auslegung mit der Erkenntnis der verschiedenen Wissenschaften“, verdeutlicht Pfarrer Christoph Pernter. DAHOP zufolge orientiert sich die biblische Ethik am Geist und Lebenszeugnis Jesu Christi. Die Grundnorm ist das Liebesgebot: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“ „Alles, was ihr tut, geschehe in der Liebe!“ „Richtet nicht, damit auch ihr nicht gerichtet werdet!“ Der Arbeitskreis bezieht hier klar Stellung: „Die sexuelle Identität ist ein tief in der Persönlichkeit eingeschriebener Aspekt des Personseins. Sie wird nicht frei gewählt und ist deshalb unveränderbar. Sie zählt damit zur Einmaligkeit und Einzigartigkeit einer Person.“ Unter anderem hat auch Papst Franziskus in einem Schreiben Stellung bezogen: „Die Kirche passt ihre Haltung Jesus, dem Herrn, an, der sich in grenzenloser Liebe für jeden Menschen, ohne Ausnahme, geopfert hat. [...] Darum möchten wir vor allem bekräftigen, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden soll und sorgsam zu vermeiden ist, ihn ‚in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen‘ oder ihm gar mit Aggression und Gewalt zu begegnen.“

Beziehungen stehen im Vordergrund. Pernter unterstreicht: „Dass Homosexualität als Sünde gesehen wird, lässt sich nicht mit der heutigen Bibeltheologie vereinbaren. Wir gehen davon aus, dass Gott den Menschen geschaffen hat. Er hat den Menschen die Sexualität zu eigen gemacht und dass Menschen in Beziehungen leben wollen. Sexualität dient dazu, der Liebe zum Nächsten Ausdruck zu verleihen. Es geht immer um Beziehungen bzw. darum, wie das Zusammenleben gestaltet wird. Das, was zählt, ist der Mensch mit seinen Beziehungen. Was die Bibel allerdings ablehnt sind geschlechtliche Handlungen, die aufgrund von eigenen Machtgelüsten ausgelebt werden. Gemeint sind Handlungen, in denen es darum geht, den anderen zu erniedrigen.“

Mitleben, mitfeiern und mitarbeiten. „Wir als einfache Christen müssen mit unserem Gewissen arbeiten. Für uns ist die oberste Instanz immer unser Gewissen, woraus sich ein Spanungsfeld ergibt. Im Umgang mit Homosexualität erlebe ich ältere Menschen als liberal und offen. Sie äußern Sätze wie – wir haben das nicht gekannt, aber wenn sie sich lieben, warum nicht? Meiner Erfahrung nach fällt es 50- bzw. 60-Jährigen schwerer tolerant zu sein“, berichtet Pernter. In einer Erklärung des Pastoralrates der Diözese Linz ist folgendes zu finden: „Die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Orientierung kann sich nicht auf christliche Prinzipien berufen. [...] alle [sind] ohne Vorbehalt eingeladen, in unseren Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen mitzuleben, mitzufeiern und mitzuarbeiten.“ Der Völser Pfarrer freut sich auch darüber, dass seine Pfarre bunt ist und sich in ihr die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt: „In unserer Pfarrgemeinde arbeiten auch Homosexuelle im kirchlichen Dienst. Ein Mitarbeiter befürchtete, dass er nach seinem Coming-out den Dienst quittieren müsste. Dafür gibt es aber keinen Grund, denn die Kirche garantiert diesbezüglich als Arbeitsgeber keine Nachteile.“
Liebe ist Liebe: Auch in den Augen der Kirche
Christoph Pernter OPraem ist Pfarrer in Völs und Mitglied des DAHOP und Familienseelsorger der Diözese Innsbruck. RS-Foto: Hackl

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben