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Ölschieferherstellung als Interreg-Projekt

Unter der Federführung der Gemeinde Reith untersuchen Wissenschaftler aus Tirol und Bayern den Ichthyolabbau

Unter der Federführung der Gemeinde Reith erfolgt im Rahmen eines Interreg-Projektes die wissenschaftliche Aufarbeitung der grenzüberschreitenden Bergbaugeschichte im westlichen Karwendel. Es werden von den Forschern dabei auch interessante, neue Erkenntnisse gewonnen.
15. Feber 2021 | von Sylvia Frenes
Ölschieferherstellung als Interreg-Projekt<br />
Dieses Bild erinnert an die Ichthyol-Herstellung in früheren Zeiten. Viele Menschen waren damit beschäftigt. Foto: Archiv
Von Sylvia Frenes

„Die Abbaugebiete rund um die Reither Maximilianhütte kenne ich auch als geologischer Betreuer des Betriebes, ehemaliger Amtssachverständiger wie auch durch private bergbaulich-geologische Begehungen seit vielen Jahren. Dennoch entdecken wir im Zuge dieser Forschungsarbeit auch viel Neues. Die Zusammenfassung der Forschungsergebnisse wird so manchen Kenner überraschen.“ - So zieht der ehemalige Landesgeologe und Lagerstättenkundler Peter Gstrein erste Zwischenbilanz der laufenden Forschungsarbeit. Seit dem Frühjahr 2020 recherchieren der Montangeologe und sein bayerischer Kollege, der Bergbauhistoriker Peter Schwarz aus Grainau, bereits zum Thema „Ölschieferbergbau“ im oberen Isartal und den Tiroler Nachbargemeinden. Es werden dabei alle verfügbaren historischen Dokumente und Informationen aus den Partnergemeinden, den Archiven der Österreichischen Ichthyolgesellschaft (Maximilianhütte) und den jeweiligen Landesarchiven sowie der Münchner Staatsbibliothek gesichtet und gesammelt. Parallel dazu erfolgt die fachliche Erkundung in den einstigen Abbaurevieren. Der Zeitraum der Betrachtung erstreckt sich von den gesicherten Anfängen des Gewinnens im 16. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Das Ziel des Projekts ist die Aufarbeitung der gemeinsamen Bergbauhistorie. Es gilt dabei, das Wissen rund um dieses kulturelle Erbe für die Nachwelt zu bewahren.

Wirtschaftliche Bedeutung. „Schon jetzt wissen nur noch wenige um die große wirtschaftliche Bedeutung dieses Bergbaus in unserer Region. Dabei haben die Bergleute bis in die 1960er Jahre vielen Familien in der Grenzregion zwischen Reith und Wallgau den Lebensunterhalt gesichert. Bereits im 16. Jahrhundert wussten die Bauern der Region um die entzündungshemmende Wirkung des aus dem Ölschiefer gewonnenen und stark nach Bitumen riechenden Öls. Sie haben dieses aus dem Ölschiefer mittels Schwelung gewonnen und über sogenannte Dirschler oder Ölträger damit gehandelt. Steinöl wird auch Schieferöl, Dürschöl oder Bergöl genannt“, weiß Geologe Gstrein. Die Entstehung des wertvollen Wirkstoffs geht auf eine Zeit vor rund 200 Millionen Jahren zurück, als das Gebiet des heutigen Karwendels noch eine flache Lagune war. Organisches Material lagerte sich am Lagunengrund in der Sedimentbauzone ab. Durch bestimmte Bakterien wurde dieses in eine ölartige Substanz umgewandelt.

Lagerstätten im Hochalpinen Gelände. Diese Gesteinslage wurde durch die weiterlaufende Ablagerung von Sedimenten im Gestein eingeschlossen beziehungsweise überdeckt. Dass diese Lagerstätten nun so hoch droben am Berg liegen, ist die Folge der Bewegungen im Rahmen der Gebirgsbildung in den heutigen Alpen. Noch heute finden sich in dem auffallend gut geschichteten Gestein bis auf eine Seehöhe von fast 2.000 Metern Einschlüsse mariner Lebewesen. Um die gewonnenen Erkenntnisse auch Interessierten aus der Region zugänglich zu machen, sind für 2021 Vorträge von Peter Gstrein und Peter Schwarz geplant. Nach Corona-bedingter Absage eines ersten Vortragtermins im Herbst 2020 werden, sobald es die Situation zulässt, neue Termine fixiert. Auch soll am Ende des Projekts eine Kurzversion der wissenschaftlichen Arbeit für Interessenten zur Verfügung stehen.
 

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