Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

1.000 Hände

Die RUNDSCHAU blickte hinter die Kulissen der Tiroler Volksschauspiele

Ohne die vielen Helfer und Mitarbeiter wäre ein Festival wie die Tiroler Volksschauspiele nicht zu stemmen. Die meisten von ihnen arbeiten vom Publikum unbemerkt und sind doch unverzichtbar. Die RUNDSCHAU hat einen Blick hinter die Kulissen geworfen und mit einigen von ihnen über ihre Zeit in Telfs gesprochen.
23. August 2021 | von Lia Buchner
1.000 Hände<br />
Anna und Verena (r.) aus Telfs haben den Ticketverkauf geschupft, Martina (Mitte), sonst in der Wiener Staatsoper, war für die Presse und ganz viel anderes zuständig.
Von Lia Buchner

Anna und Verena. Anna Wieser und Verena Schlichtherle haben jeden Abend den Ticketverkauf geregelt, sie waren jeden Abend die letzten die gegangen sind, haben bei der Requisite ausgeholfen und sich um die Social-Media-Kanäle gekümmert. Sie sind seit Mitte Juni im Team, „also von Anfang an“, haben alle Höhen und Tiefen durchgestanden und „extrem viel gelernt“, wie sie beide sagen. Die Telferinnen sind Freundinnen und waren eigentlich nur auf der Suche nach einem lässigen Sommerjob. „Wir haben das Inserat auf der ÖH Jobbörse gesehen und dachten uns gleich: super“, erzählt Anna. Das Schönste an diesen intensiven drei Monaten war für sie die Verbundenheit des ganzen Teams, „alle waren ja neu, die Schauspieler waren so nett, wir sind danach immer noch lange zusammengesessen und haben gefeiert“, schwärmt Anna. „Die Entwicklung der einzelnen Produktionen war spannend zu beobachten“, ergänzt Verena. „Wir hatten insgesamt 109 Termine, die Proben nicht eingerechnet. Nur der 26. August ist spielfrei.“ Für sie war „Vater“ besonders schön, Anna mochte „Türkisch Gold“ am liebsten. Verena wird im Herbst mit einem Studium anfangen, Anna „schaut mal“. Ob sie nächstes Jahr wieder dabei sein werden? Wenn es sich ergibt.

Martina. Sie kam ziemlich spät in das Team, im normalen Leben ist Martina Eichinger in der Wiener Staatsoper im Betriebsratsbüro der darstellenden Künstler. Durch Zufall hat sie mitbekommen, dass die Volksschauspiele jemanden für das Künstlerische Betriebsbüro suchen. Die Staatsoper hatte Sommerspielpause, Martina hat noch ein bisschen Urlaub zugeschossen und sich kurzentschlossen beworben. „Zwei Tage zu spät, aber es hat trotzdem geklappt“, erzählt die ausgebildete Kostümbildnerin und Kunsthistorikerin. „Ich habe sofort gesehen, dass überall viel zu tun ist“, sie hat angepackt, wo Not an der Frau war: Pressearbeit, Künstlerbetreuung, Ausstellungsdienst bei der Hans Salcher Schau in der Villa Schindler, im Notfall Kopien machen. „Ich war ein bisschen der Joker“, lacht Martina. Sie kennt das von den Salzburger Festspielen, bei denen sie fünf Sommer lang mitgearbeitet hat. Die spannendste Produktion in diesem Sommer war für sie „Fettes Schwein“, auch „Vater“ hat sie beeindruckt. Ob sie nächstes Jahr wieder nach Telfs kommt? Ganz sicher.

Uschi. Zur Kostümprobe für „Rut“ kommt Uschi Haug mit einem großen Sack voll Kleider, Schuhe, T-Shirts. Das Kostüm für Michaela Klamminger, die Darstellerin der Rut, muss noch ein bisschen an die frische Luft, es ist noch feucht vom Färben. „Mit Tee und Batikfarben erreiche ich ganz zarte Farbtöne“, erzählt Uschi. Beim Probieren findet Michaela Klamminger das Oberteil dann etwas zu kurz, „da nähen wir noch einen Streifen an“, ist Uschi unbesorgt. Sie hat für alles eine Lösung: sie näht und färbt, sie treibt die stimmigen und auch noch in der Größe passenden Schuhe für Ben Wood auf, sie geht schwarze Flügel und glitzernde Requisite-Döschen besorgen. Und notfalls gibt sie auch Nachhilfe in Sachen T-Shirt-zusammenlegen. Uschi Haug betreut die Kostüme von etlichen Produktionen. Mit den jungen Schauspielern von „Fettes Schwein“ ist sie geduldig shoppen gegangen, Anne Simmering, die wunderbare Sängerin des Georg Kreisler-Abends, hat sie in Glanz und Glamour gehüllt. Die gebürtige Augsburgerin ist als freischaffende Kostümbildnerin für viele Theater tätig gewesen, auch für das Stadttheater Konstanz, von wo Volksschauspiele-Intendant Christoph Nix sie nach Telfs geholt hat. Lieblingsproduktion hat Uschi Haug keine, „alles war auf seine Weise großartig. Ich bin zufrieden, wenn ich den Schauspielern ein Kostüm geben kann, das sie glücklich macht“.

Evi Und Hubert. Die Pension Edelweiss von Evi und Hubert Hildebrand ist so etwas wie das geheime Herz der Tiroler Volksschauspiele. Seit den 80er Jahren wohnen zu Festspielzeiten Schauspieler, Regisseure und Crew Mitglieder hier. Evi hat die Pension und auch die Volksschauspiel-Herberge von ihrem Vater übernommen. „Im Sommer ist immer was los bei uns“, lacht Evi, „manche mögen es ganz ruhig, andere tanzen schon halb neun in der Stube oder machen Stimmübungen“. Heuer hatten sie Wolfgang Hagemann, den Regisseur von „Vater“ zu Gast, zuletzt Magdalena Schäfer, die „Soliman“ inszeniert hat. Noch immer da sind Harald Schröpfer, der Sänger im Kreisler Abend, und Uschi Haug. Harald Schröpfer steigt gerade aus dem Pool und strahlt, er habe es selten so schön gehabt wie hier. Jahrelang hat auch das Team der alten Volksschauspiele im Edelweiss gewohnt, Christine Ostermayer, Charlie Steck, Markus Völlenklee. Mit manchen hat sich über die Jahre eine Freundschaft entwickelt, und man besucht sich gegenseitig. Evi und Hubert lieben das Theater, sie haben alle neun Produktionen der heurigen Spielzeit gesehen „Man wird im Dorf dann oft nach den Stücken gefragt, ist das was oder ist das nichts“, erzählt Evi. Ihr Favorit war der Kreisler Abend und: natürlich freuen sie sich auf die Gäste des nächsten Jahres.
 
1.000 Hände<br />
Immer was los: Hubert und Evi Hildebrand beherbergen in ihrer „Pension Edelweiss“ seit Jahrzehnten Schauspieler der Tiroler Volksschauspiele.
1.000 Hände<br />
Uschi Haug testet T-Shirts, während das frisch gefärbte Kleid der „Rut“ am Tribünengeländer trocknet. Ben Wood, Uschi Haug, Michaela Klamminger, Nicola Bremer (v.l.). Fotos: Lia Buchner

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben