Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Dark side of the Moon

Die Tiroler Barocktage in der Wallfahrtskirche Götzens zelebrieren musikalische Kontraste

Kontraste sind das Thema der diesjährigen Tiroler Barocktage: Kontraste wie Alte Musik und Zeitgenössisches, wie alte Hasen und junge Künstler, wie „Night and day“, dem Titel des dritten Konzertes der vierteiligen Reihe in Götzens. Doch bei genauem Hinhören sind es weniger die Gegensätze, sondern das Verbindende zwischen hell und dunkel, das hier gewürdigt wird.
16. Mai 2022 | von Lia Buchner
Dark side of the Moon
Gänsehautmomente: das junge Südtiroler Vokalensemble „VOXacord“ beeindruckte mit exzellenten Stimmen und musikalischer Ernsthaftigkeit. RS-Fotos: Buchner
Von Lia Buchner

Wolfgang Kostner, künstlerischer Leiter der Tiroler Barocktage, hat sich dieses Jahr etwas besonders Schönes einfallen lassen: Kontraste. Die von ihm eingeladenen Ensembles spüren dem Gegensätzlichen nach, in musikalischen und zeitlichen Dimensionen, und finden dabei überraschende Zusammenhänge und Ergänzungen. Im zweiten Konzert am 1. Mai standen Kantaten von Johann Sebastian Bach im Dialog mit Musik von John Cage. Das junge, international besetzte „BachWerkVokal Salzburg“ Ensemble verband oder kommentierte die einzelnen Bach Kantaten mit den schwebenden Klangräumen von John Cage – und überzeugte das auf das Kernrepertoire der Barocktage eingeschworene Publikum restlos.

Wie Tag und Nacht. Am Muttertag stand der hell/dunkel Kontrast im Mittelpunkt. Unter dem Titel „Night and day“ traf eine ganze Menge Gegensätzliches aufeinander, und ergänzte sich aufs Schönste. Zuerst die Künstler. Das blutjunge Grödner Vokalensemble „VOXacord“ mit vier ganz wunderbaren Stimmen musizierte mit den arrivierten Alte Musik Spezialistinnen des Ensembles „Rosarum Flores“ aus Innsbruck. Rosarum Flores hat sich längst einen Namen gemacht als gründliche Spurensucher von musikalischen Schätzen, die in Museen und Sammlungen schlummern. „VOXaccord“ hingegen singt erst seit knapp drei Jahren zusammen und wollte eigentlich nur die Kirchenfeste auf Ortsebene musikalisch umrahmen. Doch schnell überzeugte das Quartett mit seinen geistlichen Konzerten auch überregional.

Mai im Herzen. Den titelgebenden hell/dunkel Kontrast lieferte die Liedauswahl zwischen Tag und Nacht. So stand „Nun will sich scheiden Tag und Nacht | damit der Mensch sein Ruhe hab“ von Heinrich Schütz (*1585) neben Oia Gjeilos (*1978) „Northern Lights“, Cole Porters (* 1891) „Night and day“ (Nur du unter dem Mond und unter der Sonne…) flankierte die „Hymne an die Nacht“ von Jean Philipp Rameau (*1683). Hier, im Inhaltlichen, zeigte sich das Verbindende deutlich: über alle Zeiten hinweg schmachten die Nachtschwärmer den Mond und die ferne Geliebte an, die Tagträumer singen von Hoffnung und Mai im Herzen. Der Mensch und seine Sehnsucht. Nur die stilistischen Mittel wandeln sich, wieder mit den Zeiten.

Musikalische Exzellenz. Musikalisch war das Konzert die reine Freude. Die glasklaren Stimmen der Südtiroler machten besonders bei der alten Musik Gänsehaut, die Instrumentalisten von „Rosarum Flores“ musizierten überaus stimmig und gestalteten ein harmonisches Miteinander, auch in der Begleitung von VOXacord. Die verbindenden Orgelimprovisationen zwischen den einzelnen Konzertteilen steuerte Domorganist Albert Knapp bei.

Abschluss. Die Konzertreihe endet am kommenden Sonntag mit Mozarts „Krönungsmesse“, kontrastiert durch Sakralwerke aus der Salzburger Zeit. Das Vokalensemble „NovoCanto“, die Tiroler Barockinstrumentalisten und junge heimische Solistinnen und Solisten musizieren unter der Leitung von Wolfgang Kostner: Sonntag, 22. Mai, 19 Uhr in der Wallfahrtskirche Götzens.
 
Dark side of the Moon
Gesänge für die hellen und die dunkleren Momente des Lebens: „VOXacord“ (im Vordergrund), Albert Knapp (l.) und „Rosarum Flores“ im Hintergrund.

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