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Ein turbulentes Jahr für die Volksschauspiele

Thomas Gassner wird interimistisch anstelle von Ruth Haas, den Posten der Geschäftsführung übernehmen

Kehrt jetzt Ruhe ein? Dieses Jahr war für Kulturschaffende zweifelsohne ein extremes. Für die Tiroler Volksschauspiele war es aus vielerlei Hinsicht wohl das schwärzeste seit deren Gründung. Im Sommer sagten sich der Altverein inklusive Felix Mitterer von der neu gegründeten GmbH los. Mit der Geschäftsführerin Ruth Haas und dem Antritt des neuen Intendanten Christoph Nix im Herbst sollten die Volksschauspiele wieder Fahrt aufnehmen, doch der gemeinsame Weg endet mit dem Jahreswechsel.
14. Dezember 2020 | von Beatrice Hackl
Ein turbulentes Jahr für die Volksschauspiele<br />
Beim Antrittsbesuch von Christoph Nix Anfang Oktober schien die Welt noch in Ordnung. Im Bild: Bgm. Christian Härting, Christoph Nix, Landesrätin Beate Palfrader, Vize-Bgm. Cornelia Hagele und Volksschauspiel-GF Ruth Haas. (Foto: MG Telfs/Pichler)
Von Beatrice Hackl

Auch ohne Aufführungen haben sich die Ereignisse bei den Tiroler Volksschauspielen in diesem Jahr regelrecht überschlagen. Zunächst schien alles nach Plan zu laufen: Im Herbst 2019 wurde aus dem ehemaligen Verein nach 40 Jahren eine gemeinnützige GmbH der Marktgemeinde Telfs. Das beliebte Theaterfestival sollte dadurch in eine stabile Zukunft geführt werden. Zwar sollten die Vereinsmitglieder nicht mehr länger federführend sein, dennoch wollte man sie weiterhin einbinden. Dann kam alles anders: Aufgrund von Corona fiel die Spielzeit ins Wasser. Die Vereinsmitglieder fühlten sich zur Seite gedrängt und brachen mit der langjährigen Spielstätte Telfs. Doch das waren nicht die letzten Gewitterwolken, die sich über den Telfer Theaterhimmel zusammenbrauten. 

Zerwürfnis und verhärtete Fronten. Im Herbst wurde der neue Intendant Christoph Nix in Telfs willkommen geheißen. Er sollte gemeinsam mit der Geschäftsführerin Ruth Haas die Vorbereitungen für den Theatersommer 2021 vorantreiben, dieses Ziel wurde durch scheinbar unüberwindbare Differenzen vereitelt. „Hinsichtlich der Geschäftsführung hat sich in den vergangenen Wochen eine Großbaustelle aufgetan. Ich habe lange versucht zwischen den beiden zu vermitteln“, verdeutlicht Bürgermister Christian Härting die prekäre Lage. 

Gassner wird neuer Geschäftsführer. Seit vergangenen Donnerstag bzw. seit der jüngsten Generalversammlung steht nun offiziell fest, dass der Vertrag von Ruth Haas – der Ende des Jahres ausläuft – nicht verlängert wird. Stattdessen folgt ihr interimistisch Thomas Gassner nach. Laut Härting habe es drei Kandidaten gegeben. Die Wahl fiel aber mehrheitlich auf den studierten Betriebswirt, Schauspieler, Regisseur, Autor, Juror, Festivalleiter und Tiroler Theaterverbands-Funktionär Thomas Gassner. Dieser löst die Geschäftsführerin mit 1. Jänner in ihrer Position ab. „Wir sind aufgrund seiner umfassenden kaufmännischen und künstlerischen Qualifikation sehr froh und dankbar, dass Gassner diese Herausforderung annimmt“, unterstreicht Härting. Gassner selbst verdeutlicht: „Mit Corona sind heuer Wolken am Theaterhimmel aufgezogen. Es war sicher für alle Betroffenen nicht einfach, ein solches Festival auf die Beine zu stellen und dann wieder absagen zu müssen. Auch die Umstrukturierung zu einer gemeinnützigen GmbH war herausfordernd. Meiner Vorgängerin gehört mein Respekt.“ Ruth Haas selbst war bedauerlicherweise zu keiner Stellungnahme gegenüber der RUNDSCHAU bereit. 

Öffentliche Ausschreibung. Eine gesetzeskonforme öffentliche Ausschreibung der Funktion soll laut Bürgermeister so schnell wie möglich bzw. noch vor Jahresende erfolgen. „Die kolportierten Differenzen sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass die GmbH neu ist und die Aufgabenverteilung noch nicht bis ins Detail geklärt ist. Diverse Agenden sind nicht so vorangetrieben worden, wie Nix sich das vorgestellt hat. Es hätte mehr vorbereitet sein können. Nichtsdestotrotz sind wir gut aufgestellt und alles wird in die richtigen Bahnen gelenkt“, berichtet Härting, der mit Gassner auf eine fruchtbringende Zusammenarbeit hofft. Gemeinsam mit Nix wolle Gassner die Volksschauspiele wieder zu den Wurzeln zurückführen. Mit einer Mischung aus zahlreichen Laien und Profis. Den Tiroler Volksschauspielen ist der 51-jährige Thomas Gassner schon seit Jahrzehnten verbunden: „Als Jugendlicher im Publikum, als Schauspieler auf der Bühne und nun als Geschäftsführer. Welch’ Ehre und Freude. Dieser Aufgabe stelle ich mich gerne, zumal ich Christoph Nix sehr schätze und wir bereits im Vorfeld gute, inspirierende Gespräche hinsichtlich der künftigen Ausrichtung führen konnten.“

Dem Altverein die Hände reichen. Eine Rückkehr des Altvereins nach Telfs wollten die Vereinsoberen nicht ausschließen. Genau hier möchte der Neo-Geschäftsführer, der in der Tiroler Theaterszene als bestens vernetzt gilt, ansetzen: „Ich hoffe, der Spuk des Trennenden ist bald vorüber, und man kann sich wieder die Hände reichen.“ Selbiges gilt für den Intendanten. „Nix hat die Fühler bereits Richtung Verein ausgestreckt. Dessen Einbindung ist zwar für 2021 nicht angedacht, aber es ist ganz klar, dass der Intendant die Akteure des Altvereins wieder ins Boot holen möchte. Die Probleme mit dem Verein konnten unter anderem bereits auch gemeinsam mit Haas gelöst werden. Ich bin der Meinung, man soll das Trennende niemals vor das Verbindende stellen“, betont Bürgermeister Härting.

Wirtschafts- und Spielplan. Der Wirtschaftsplan wurde im Rahmen der Generalversammlung einstimmig abgesegnet. Ausgestattet mit einem Budget von rund 950.000 Euro, ausgeglichen in Ausgaben und Einnahmen, starten die Tiroler Volksschauspiele in die Spielsaison 2021. Die größten Fördergeber sind das Land Tirol, die Marktgemeinde Telfs als Eigentümerin, der Bund sowie der Tourismusverband Innsbruck. Zahlreiche Sponsoren sind bereits mit an Bord, weitere sollen folgen. Am 15. Jänner soll das neue Programm für den Telfer Theatersommer 2021 bekanntgegeben werden.
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Seit der Gründung der GmbH fungierte Ruth Haas als GF des Theaterfestivals. Nun läuft ihr Vertrag aus und wird auch nicht verlängert.Foto: RS-Archiv
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Der Tiroler Künstler Thomas Gassner übernimmt ab 1. Jänner 2021 interimistisch die Geschäftsführung der Volksschauspiele. Foto: Thomas Gassner

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