Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Experimentelles Hörspiel – „How deep is the sea“

Grinzner Regisseur Peter Lorenz widmet sich einer klanglichen Auseinandersetzung mit der Urlaubsindustrie

Der junge Theatermacher Peter Lorenz aus Grinzens lässt sich gemeinsam mit dem renommierten Schweizer Sounddesigner Martin Hofstetter von den Wellen des Meeres an ferne Ufer mitreißen. Gemeinsam widmen sie sich in ihrer neuen Performance „How deep is the sea“ der Frage, wie und ob wir überhaupt noch in den Urlaub fahren wollen. Bis Donnerstag, dem 17. Juni wird das experimentelle Hörspiel an verschiedenen Orten in Innsbruck zu hören sein: Auf Hörspielstationen in Galerien, Theatern und im öffentlichen Raum.
31. Mai 2021 | von Beatrice Hackl
Experimentelles Hörspiel – „How deep is the sea“<br />
Zeitgenössisches Theater, Klangperformances und räumliche Installationen – damit scheint der junge Theatermacher Peter Lorenz aus Grinzens seinen Weg gefunden zu haben. Fotos: Daniel Jarosch
Von Beatrice Hackl

In ihrer klanglichen Auseinandersetzung mit der Urlaubsindustrie begeben sich die beiden Künstler mit Humor und Tiefe auf eine akustische Gratwanderung zwischen Tourismus und Terrorismus, Versprechen und Überforderung. Dafür baute das Team mit dem Innsbrucker Maler und Bühnenbildner Nick Granbacher interaktive Strandliegen-Hörspielstationen, mittels welcher das Publikum in das Strandsetting des Stücks samt maschinellem Meeresrauschen und Sonnenuntergang versetzt wird. Trotzdem bleibt jede Befriedigung aus und die raue Kehrseite der Realität wird hörbar gemacht.

Formatverschiebung. Das Stück „How deep is the sea“ wurde letztes Jahr als experimentelles Klangtheater entwickelt, doch der am Premierentag in Kraft getretene Lockdown verhinderte die Uraufführung im Innsbrucker Theater „diemonopol“. Davon ließ sich das Team nicht einschüchtern und erdachte mit dem experimentellen Hörspiel eine pandemiegerechte Formatverschiebung. Dadurch ist das Stück nun auf der ganzen Welt digital verfügbar, aber erreicht auch das Publikum individuell mit einer unmittelbaren Erfahrung im physischen Raum auf den Hörspielstationen in Galerien, Theatern und im öffentlichen Raum. Die Pandemie machte den Theatermacher Peter Lorenz in der Konzeption des Formats erfinderisch und steigerte auch die aktuelle Relevanz der Thematik.

„hatt i, tat i, war i”. „Die Lethargie der beiden Protagonisten im Hörspiel spiegelt die Fragilität unserer Zeit wider. Aktionen zerbröckeln oft noch vor ihrer Umsetzung im Gedankenraum. Es gibt kaum noch Bewegung, was sich auch in der Sprache wiederfindet: Die Tunwörter sind verwirkt und die einzigen Verben sind im Passiv oder der Möglichkeitsform. Die totale Erschlagenheit wird deutlich, wie wir sie auf Tirolerisch mit „hatt i, tat i, war i” kennen“, erklärt Peter Lorenz (27), Regisseur und Theatermacher. 

Erholungsort vs. Mahnmal. Doch was sind diese Gedanken, die uns an die Liegestühle fesseln? Sie sind politisch und drehen sich um Dinge, für die kaum Worte zu finden sind, wie die bereits über 38.000 Ertrunkenen im Mittelmeer. Erst vor wenigen Wochen wurden wieder über 120 Menschen vom EU-Grenzregime trotz Notrufen dem Ertrinken überlassen. Wie lange kann das Mittelmeer noch als Erholungsort und nicht als Mahnmal oder Gedenkstätte der europäischen Grenzbrutalität gesehen werden? Auch diese Gedanken erschlagen. Hoffnung findet das Künstlerteam dabei in der Musik, die sie auf einem zum Instrument umgebauten Sessellift erzeugen. Lucio Dalla’s Lied „Come è profondo il mare“ inspirierte dabei den Titel des Kunstwerks und eröffnete die Idee, dass diese Gedanken unaufhaltsam wie das Meer sind. Bis 17. Juni ist das experimentelle Hörspiel „How deep is the sea“ auf interaktiven Strandliegen-Hörspielstationen in Innsbruck, in der Galerie „openspace.innsbruck“ in Wilten, der Talstation im Saggen, im Kubus vor dem Landestheater in Kooperation mit Reich für die Insel, im Rahmen von Vogelweide im Waltherpark und im Audioversum in Zusammenarbeit mit BRUX freies Theater Innsbruck zu hören, sowie online unter www.peterlorenz.at abrufbar.
Experimentelles Hörspiel – „How deep is the sea“<br />
Peter Lorenz und Martin Hofstetter bieten innovative Hörspielkunst mit aktuell relevanter Thematik.
Experimentelles Hörspiel – „How deep is the sea“<br />
Innovatives Klangtheater in experimentelles Hörspiel verwandelt: Der renommierte Schweizer Sounddesigner Martin Hofstetter ist der zweite Kopf hinter dem Stück „How deep is the Sea“.

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