Von Lia Buchner
Die Marienvesper gilt als das Werk, mit dem sich Claudio Monteverdi bei Papst Paul V. als brillanter Kirchenmusiker empfehlen wollte. Entsprechend kunstvoll verwebt er radikal neue, weltliche Melodieführung mit den alten Tonsatzregeln. Theatralisch moderne Partien, Raum– und Echoeffekte und leidenschaftlicher Sologesang stehen neben mehrchöriger Klangpracht und altehrwürdigen gregorianischen Chorälen, mit denen er die Psalmen einleitet. Wenn der Solotenor mit dem eröffnenden Ruf beginnt und sogleich die Fanfare des Hofes von Mantua und dem liturgischen Ruf „Gloria Patri et Filio“ folgt, dann öffnet sich ein ganzer Kosmos musikalischer Formen. Kein sakrales Werk der Renaissance ist derart facettenreich wie die Marienvesper. Diese Musik will die Menschen nicht mehr erbauen, sie will sie bewegen, erschüttern, zu Tränen rühren. Und das gelingt ihr vorzüglich.
Ensembleleistung. Aus der hohen musikalischen Qualität des gesamten Ensembles fällt es schwer, Einzelleistungen herauszuheben. Unbedingt zu nennen sind die Solotenöre Samuel Strobl, Matteo Rasic und David Kerber, allesamt aus der exzellenten Kaderschmiede der Wiltener Sängerknaben, die im „Duo Seraphim“ für Gänsehaut sorgten. Der Chor arbeitete gewohnt präzise und klanglich wunderbar harmonisch, Johannes Stecher gruppierte ihn für maximalen Effekt laufend um. Die Instrumentalisten der Academia Jacobus Stainer auf ihren alten Instrumenten glänzen mit Virtuosität.
Carmina Burana. Die nächste Chance auf einen Klang-Sturm der Wiltener Sängerknaben gibt es am 15. Juni mit Orffs „Carmina Burana“. Infos: www.saengerknaben.com.
Der Jüngste der Sängerknaben bekommt sein Lob.
Effektvolles Echo: Matteo Rasic, Samuel Strobl als Echo im Hintergrund (v.l.).