Eine Tiroler Familie beim Eierschwammerlbrocken und um Gewinn feilschen. Eine Frau, die die Zeit zurückdrehen will, um nicht zu fühlen. Eine andere, die mit einem in menschlicher Gestalt verkörperten Etwas in einer Art Liebesbeziehung steht. Ein selbstewusster Cowboy in Glitzerbody und Boots, der lüstern „Moni“ säuselt. Den Auftakt in die Spielsaison 2024 gab letzten Mittwoch die Neuaufnahme der „7 Todsünden“ am Birkenberg in Telfs. In sieben in sich geschlossenen Stücken interpretierten Autorinnen und Autoren, von Felix Mitterer über Helena Adler bis Uli Brée, die menschlichen Laster Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit neu.
WER OHNE SÜNDE IST, WERFE DEN ERSTEN STEIN. Die Schauspielerin Josephine Bloéb besticht gemeinsam mit Bernhard Bettermann etwa in dem von der im Jänner verstorbenen Schriftstellerin Helena Adler verfassten Stück zur „Trägheit“ mit viel Gefühl. „Was träge ist, ist widerständig. Was träge ist, ist unbeirrbar. Ich dachte, du hasst mich. Ja, aber mit einem s, du Analphabet. Ich habe dich, wie eine Krankheit“, heißt es etwa darin. Neben tiefen Themen, die zugleich bewegen und berühren, sorgen Hochmut, Wollust oder Habgier für Gelächter im Volksschauspielpublikum. Gerade das Stück von Felix Mitterer behandelt auf amüsante Art und Weise, wie habgierig manche Tiroler in die Wälder pirschen, um möglichst viele Eierschwammerl, Parasol und Steinpilze vor den „Walschen“ zu ergattern. Die von Iris Schmid gespielte Großmutter mit Rollator und grimmiger Miene sorgt dabei für Authentizität und Stimmigkeit. Eine willkommene Abwechslung bietet kurz vor Ende des Stückes die von Marie Stockhausen choreographierte und der von Lisa Neuner, Gustavo Oliviera, Paulo Alberto dos Santos und Sonja Schwaiger getanzten Todsünde „Neid“. Mal leise, mal laut bewegen sich die vier nur durch Unterwäsche und etwas Tüll bedeckten Körper aufeinander zu und voneinander weg. „7 Todsünden“ besticht mitunter auch wegen der jungen Neubesetzungen durch Lisa Neuner und Josephine Bloéb. Die Grenzen zwischen den Stücken verschwimmen, der rote Faden könnte markanter sein. Vom Volksschauspielpublikum gab es nach drei Stunden lasterhaftem Theater dennoch Applaus.
Das von der Salzburger Autorin Helena Adler verfasste Stück zur Trägheit mit Josephine Bloéb und Bernhard Bettermann bewegte und berührte zugleich. Foto: Victor Klein
Gustavo Oliveira, Lisa Neuner, Paulo Alberto dos Santos und Sonja Schwaiger tanzten sich lasterhaft durch den Neid. Foto: Victor Klein
Die Grimmigkeit in Person: Die Schauspielerin Iris Schmid glänzt in ihrer Rolle als Großmutter in „Habgier“ und sorgt für Lacher im Publikum. Foto: Victor Klein