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Viele, viele Emotionen

RUNDSCHAU-Gespräch mit Verena Covi, der neuen Geschäftsführerin der Tiroler Volksschauspiele

Mit Verena Covi startet nun der dritte Versuch, eine stabile Geschäftsführung für die Tiroler Volksschauspiele zu etablieren. Die Zeit drängt, ein ruhiges Arbeitsklima ist dringend notwendig. Wie sie das schaffen möchte, erzählt sie im RUNDSCHAU-Gespräch.
8. März 2021 | von Lia Buchner
Viele, viele Emotionen<br />
Ruhe hineinbringen und endlich anfangen zu arbeiten: Verena Covi freut sich auf die Herausforderungen als Geschäftsführerin der Tiroler Volksschauspiele. RS-Foto: Buchner
Von Lia Buchner

Verena Covis Arbeitstag beginnt im Moment zeitig. Termine vergibt sie ab neun Uhr, ich bekomme den ersten, drei weitere werden an diesem Donnerstag noch folgen. Zum Einarbeiten bleibt der neuen Geschäftsführerin der Volksschauspiele wenig Zeit, zu viele Themen drängen: belastbare Strukturen, die Produktionsplanung, das Team neu sortieren, und vor allem Ruhe hineinbringen und Vertrauen schaffen. „Wir müssen schnellstmöglich eine gemeinsame Stoßrichtung finden.“ 

Große Emotionen. Seit dem Ausscheiden von Ruth Haas und dem Intermezzo von Thomas Gassner als Interims-Geschäftsführer gehen die Wogen hoch. Speziell nach dem Bekanntwerden des Spielplans 2021 von Intendant Christoph Nix, als die Tiroler Schauspielerschaft realisierte, dass sie quasi nicht vorkommen wird. „Es ist nichts Ungewöhnliches, dass ein neuer Intendant sein eigenes, vertrautes Team mitbringt. Natürlich kann ich auch die Kulturszene verstehen. Die haben alle Familie, und dann gibt es etwas zum Spielen und sie kommen nicht zum Zug. Ich habe 17 Jahre lang ein Tourneetheater geführt, ich kenne diese Befindlichkeiten. – Wir werden gemeinsam das Verbindende suchen.“ 

Endlich arbeiten. Als Theater-Unternehmerin und ausgebildete Kommunikationstrainerin ist Verena Covi vielleicht genau die Richtige für dieses Minenfeld. „Wenn sich ein Unternehmen nach 40 Jahren – und wir spielen heuer die 40. Saison – neu positionieren will, dann löst das eine enorme Identitätskrise aus, bei jedem Einzelnen. Ein Aufschrei. Und dieses Erdbeben sehen wir seit gut zwei Jahren.“ Das heißt für die Realistin in aller erster Linie: Emotionen abkühlen und endlich ins Arbeiten kommen. „Noch ist die Politik im Boot, noch gibt es ein Budget, jetzt ist es wirklich an uns, an der ganzen Kulturszene, professionell zu arbeiten und zu sehen, was die Spielzeit bringt. Es hilft niemandem, wenn das nächste Theater geschlossen wird.“

Blick über die Grenzen. Umso wichtiger ist es für Verena Covi, den kommenden Sommer zu einem auch wirtschaftlichen Erfolg zu machen. „Bei einem so großen Spielplan mit so vielen Produktionen muss man Sitzplätze verkaufen. Das geht sich mit rein regionalem Publikum rechnerisch nicht aus.“ Angedacht ist unter anderem eine Zusammenarbeit mit Reisebüros, um das überregionale Festivalpublikum nach Telfs zu bringen. Kommunikation steht da ganz oben auf ihrer Agenda: „Wir müssen auch jenseits der Grenzen gesehen und gehört werden. Professor Nix und ich sind da in einem engen Austausch.“ Ein erstes Gespräch mit Christoph Nix hatte bereits vor ihrer Bestellung stattgefunden. „Er war hier und wollte mich kennenlernen. Wir sind dann zwei Stunden bei gefühlten minus 20 Grad spazieren gegangen. Er hat mir sehr persönlich und vertrauensvoll seine Situation geschildert. Dafür bin ich sehr dankbar, denn eine gute Betriebstemperatur zwischen uns ist enorm wichtig.“ 

Erinnerung an Telfs. Im Sinne der Betriebstemperatur wird Verena Covi auch ihre Arbeitstage vorwiegend in Telfs verbringen. „Hier spüre ich was los ist, hier bin ich am Punkt. Ich halte es für wichtig, dass die Menschen mich sehen, mich finden und eine Ansprechperson haben, nicht nur während der Festspielzeit. Ich freue mich auf Telfs.“ Mit dem Ort verbinden die Innsbruckerin schöne Erinnerungen an ihre eigene Zeit im Ensemble der Tiroler Volksschauspiele. Als junge Schauspielerin spielte sie in „Der Held aus dem Westen“ unter der Regie von Ruth Drexel, ihr Bühnenpartner war Markus Völlenklee. „Damals war meine Tochter drei oder vier Jahre alt, sie durfte manchmal neben Ruth sitzen und war ganz ehrfürchtig. Gerade habe ich gesehen, dass es das Café Istanbul noch immer gibt, dort sind wir damals nach den Proben oft gesessen.“ 

Die Neugier siegt. Nach der Gründung von „Gastrotheater“ verlief sich der Kontakt zu den Volksschauspielen. Verena Covi hatte ihren eigenen Theaterbetrieb, schrieb ihre Stücke, inszenierte und sprang notfalls als Schauspielerin ein. Andere Theaterproduktionen sah sie nur noch, wenn sie auf dem Weg lagen: Produktionen von Kollegen, Tiroler Landestheater, Bregenzer Festspiele. „Rigoletto auf der Seebühne fand ich sehr beeindruckend.“ Umso mehr freut es sie, jetzt zurück bei den Tiroler Volksschauspielen zu sein. „Als ich eine halbe Stunde nach dem Hearing informiert wurde, dass man sich für mich entschieden hat, war plötzlich alles so festlich. Es war Abend, irgendwo haben Glocken geläutet und ich bin mir vorgekommen, wie auf einer Hochzeit. Man sagt ‚ja‘. Und ich wünsche mir, dass auch die Menschen ‚ja‘ sagen, dass die Neugier siegt, dass sie kommen und mitdiskutieren. Und dass wir am Ende dieses Sommers nicht fragen: Geht es überhaupt weiter? Sondern: Was Geniales spielen wir nächstes Jahr?“

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