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Wild(er) Winter

19. Feber 2019 | von Nina Zacke
Der schneereiche Winter setzt den pflanzenfressenden Wildtieren zu. Bezirksjägermeister Arnold Klotz (Bild) und seine Kollegen stellen die Futterversorgung für das Wild sicher. RS-Fotos: Weber
Erst wenn es dämmert, kommt das Wild zur Fütterung. Jede Ruhestörung führt zu erhöhtem Energieverbrauch.
In manchen Wäldern führen Spazierwege durch das Wildeinstandsgebiet. Hier ist es besonders wichtig, die vorgegebenen Betretungszeiten einzuhalten.

Wildtierfütterungen sichern Hirsch & Co das Überleben


Der heurige starke Winter ist für die Wildtiere eine schwierige Zeit. Lange Kälteperioden sind für pflanzenfressende Wildtiere – wie Hirsche und Rehe – nicht nur unangenehm, sie können sogar lebensbedrohend sein. Die Diskussionen aufgrund eingestellter Wildfütterungen durch die Österreichischen Bundesforste haben die RUNDSCHAU veranlasst, mit Bezirksjägermeister Arnold Klotz über die Situation im Bezirk Reutte zu sprechen. 

Von Michaela Weber

RUNDSCHAU: Gibt es im Bezirk Reutte Gebiete, in denen Wildfütterungen durch die Bundesforste AG eingestellt werden?
Arnold Klotz: In unserem Bezirk sind hauptsächlich Waldgebiete in Höhenlagen oder abgelegene Wälder im Besitz der Bundesforste. Eingestellt wurden schon vor einigen Jahren die Wildfütterungen im Revier „ÖBF-Klausenwald“ in Reutte und im Revier „Neuweid-Plansee“. In Ammerwald und Schwarzwasser wird aber nach wie vor gefüttert.

RS: Warum stellen die Bundesforste mancherorts die Wildtierfütterung ein?
AK: Um Kosten zu sparen.

RS: Welche Probleme ergeben sich durch die Schließung einer kontrollierten Fütterung?
AK: Das Wild weicht in andere Gebiete/Reviere aus und ernährt sich dort auf Nachbarskosten. Wandern sie nicht ab, so kommt es zu massiven Verbiss- und Schälschäden, im schlimmsten Fall verhungern die Tiere, oder sie müssen abgeschossen werden.
RS: Wer befüllt die Wildfütterungsraufen? AK: Die Fütterung gehört in den Aufgabenbereich des Jägers. Alle Maßnahmen, die zur Erhaltung eines artenreichen, gesunden und angepassten Wildbestandes führen, gehören zur Hege.

Erst wenn es dämmert, kommt das Wild zur Fütterung. Jede Ruhestörung führt zu erhöhtem Energieverbrauch.


RS: Welche Faktoren sprechen für eine Fütterung?
AK: Generell schrumpft im Winter nicht nur das natürliche Nahrungsangebot, die vorhandenen „Mahlzeiten“ sind auch nährstoffärmer. Zur Vermeidung von Verbiss- und Schälschäden am Wald ist eine ausreichende und artgerechte Winterfütterung unumgänglich. Zudem hat der Mensch in den letzten Jahrzehnten stark in den Lebensraum der heimischen Wildtiere eingegriffen. Rodung, Verbauung, Folgen des Klimawandels, vor allem aber die Ruhestörung durch Wintersportler schränkt das Leben des Wildes ein und hat negative Auswirkungen.

RS: Welche Folgen haben Ruhestörungen im Wald, speziell im Winter?
AK: In der kalten Jahreszeit schaltet der Organismus der Tiere den Energieverbrauch auf „Sparflamme“. Das Wild hält sich in der Nähe der Wildfütterung auf. Das Winterfell, Herbstfettreserve und das Sinken der Körpertemperatur schützen die Tiere. Je kälter es ist, desto mehr Energie benötigen die Tiere, um ihre Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Jegliche Störung scheucht das Wild auf und führt zu einem zusätzlichen Energieverbrauch.

RS: Gibt es konkrete Vorfälle?
AK: Leider ja. In Musau gingen vor Kurzem zwei Tourengeher mitten durch die Wildfütterung. Durch die Ruhestörung scheuchten die Tiere auseinander. Zwei Jägerkollegen hielten Nachschau und fanden zwei Hirsche, die in den Schnee eingesunken waren und feststeckten.

In manchen Wäldern führen Spazierwege durch das Wildeinstandsgebiet. Hier ist es besonders wichtig, die vorgegebenen Betretungszeiten einzuhalten.


RS: Möchten Sie noch einen Appell an Wintersportler und Spaziergänger richten?
AK: Das Wild braucht Ruhe, die Grenzen seines Lebensraumes sollten respektiert werden.
Gerade im Winter ist der Ruheraum aufgrund der erwähnten Faktoren sehr beengt. Wenn das Wild von Wintersportlern oder rücksichtslosen Spaziergängern aufgeschreckt wird, flüchtet es und wird dadurch zusätzlich geschwächt.

Danke für das Gespräch.

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