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„Wir sind jetzt alle die Trottel für die Bevölkerung“

12. März 2019 | von Nina Zacke
„Wir sind jetzt alle die Trottel für die Bevölkerung“
Dieses Projekt eines Umspannwerks samt Hochspannungsleitung sorgt in Ried für Unmut. RS-Foto: Zangerl

Ried: Aufregung wegen Hochspannungsleitungs-Projekt


 

Heftige Wortgefechte, Anschuldigungen sowie ein angekündigter Misstrauensantrag gegen Bgm. Elmar Handle prägten die Gemeinderatssitzung am 7. März in Ried. Der Grund: das Umspannwerk-Projekt Fiss und dessen 110-kV-Leitungsanbindung. Es wurde der einstimmige Beschluss gefasst, im Rahmen der Möglichkeiten Rechtsmittel zu ergreifen, um das Projekt in der vorgelegten Form noch zu verhindern.

 

Von Elisabeth Zangerl

 

Überdurchschnittliche Stromverbrauchssteigerungen am Sonnenplateau und Projekte der Bergbahnen führten zu hohen Auslastungen der 25-kV-Versorgungsleitung – es mussten bereits mehrere Verstärkungsmaßnahmen umgesetzt werden. Daher plant die Tinetz – Tiroler Netze GmbH ein 110/25(30)kV-Umspannwerk in Fiss und eine dazugehörige Hochspannungsleitung. Sie hat am 3. September 2018 um die starkstromwegerechtliche Bau- und Betriebsbewilligung für Umspannwerk und 110kV-Leitungsanbindung angesucht.

 

„WARUM ERFAHREN WIRD DAS ERST JETZT?“ Diverse Rieder Gemeinderäte werfen Bgm. Elmar Handle nun vor, den Gemeinderat nicht zeitgerecht informiert zu haben. Dem Bescheid der Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht der Landesregierung (starkstromwegerechtliche Vorprüfung), ausgestellt am 12. Dezember 2017, ist nämlich zu entnehmen, dass für Bgm. Elmar Handle beide damals vorgestellten Varianten denkbar schienen. GR Andreas Saurer kritisierte den Dorfchef: „Wenn der Bescheid 2017 ausgestellt wurde – warum erfahren wir das erst jetzt?“ Auch dem Bescheid vom 27. November 2018 (starkstromwegerechtliche Bewilligung) ist zu entnehmen, dass von Seiten der anwesenden Gemeindevertreter – neben Elmar Handle Bgm. Florian Klotz (Ladis) und VBgm. Simon Schwendinger (Fiss) – „keine Einwände gegen das geplante Projekt bestehen.“ Es gibt aber viele Rieder, die mit der geplanten Trassenführung nicht einverstanden sind bzw. ein Kabel im Boden bevorzugen würden. Bgm. Handle erklärte in der Gemeinderatsitzung, dass es technisch nicht möglich sei, die Hochspannungsleitung in den Boden zu legen. GR Saurer entgegnet: „Das ist ein Blödsinn – beim Projekt des Brennerbasistunnels funktioniert das auch … Nun stehen wir vor den Tatsachen und können nichts mehr tun.“ Vizebürgermeister Mag. Thomas Greiter merkte an: „Auch ich hätte mir eine frühere Diskussion gewünscht, aber jetzt liegt das am Tisch und wir müssen einen Kurs vorgeben.“ Bereits in der Sitzung Ende Jänner ist es in Ried diesbezüglich angeblich „rund gegangen“. Wenige Tage vor der Gemeinderatssitzung am 7. März kam auch der Gemeindevorstand deswegen zusammen – Handle erklärt: „Von Seiten des Gemeindevorstandes wurde festgestellt, dass wir gegen das naturschutzrechtliche Verfahren Einspruch erheben.“ Der Vorwurf an Handle lautet nun: Erst als ihm bewusst wurde, dass die Rieder nicht hinter dem Projekt stehen, habe er seine Meinung geändert. Der Dorfchef erhielt Schützenhilfe von Norbert Burtscher: „Wir wissen, dass er einen Fehler gemacht hat.“

 

„DIE BRAUCHEN DEN STROM UND SOLLEN IHN HABEN“. „Wir haben nicht gewusst, dass die Tiwag eine solche Macht hat“, sagte Gemeindevorstand Karl Patscheider, der vorschlägt, Führungskräfte der Tiwag herzubestellen, schließlich habe man in Ried viel Grund bereitgestellt. Der größte Kritiker war Gemeindevorstand Dr. Josef Siegele, den es ebenfalls stört, nicht über die zwei Verfahren informiert worden zu sein und Handle beschuldigt, „Parteistellung nicht wahrgenommen zu haben“. „Man ist nicht gegen das Projekt – die brauchen den Strom am Plateau und sollen ihn haben, die Frage ist, wie das Projekt realisiert wird … Massiv gestört hat mich, dass der Bescheid mit Ende Jänner rechtskräftig geworden ist“, erklärt Dr. Siegele. Elmar Handle bekräftigte, „stets mit bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.“ Siegele aber erklärte: „Ich spreche dir mein persönliches Misstrauen aus – ein Misstrauensantrag folgt.“ Und über das Projekt sagt der Jurist: „Wir können es nicht mehr verhindern, lediglich die Dienstbarkeit verzögern.“ Andreas Saurer meldete sich erneut zu Wort: „Wir sind jetzt alle die Trottel für die Bevölkerung.“

Im Rahmen der Gemeinderatssitzung kam die Frage auf, wer gegen das Projekt ist – das Resultat: einstimmig, alle 13 Gemeinderäte. Auf Vorschlag des Vizebürgermeisters wurde abschließend der Beschluss gefasst, „jedes Rechtsmittel zu beanspruchen, um die Ausführung des Projektes in vorgelegter Form zu verhindern.“ Wieder einstimmig.

Elmar Handle: „Habe stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.“ RS-Foto: Zangerl


Dr. Josef Siegele (M.) kritisierte bei Bgm. Elmar Handle, die Parteistellung nicht wahrgenommen zu haben. RS-Foto: Zangerl

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