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Über Oppositionsarbeit aus dem eigenen Lager

Gemeinderat Wenns: Kostenüberschreitungen, Freizeitwohnsitz und angekündigte Beschwerde bei Gemeindeaufsicht

So richtig Freunde werden Bürgermeister Walter Schöpf und Gemeinderat Marco Dobler wohl nicht mehr. Zumindest legen das die regelmäßigen Wortgefechte im Wenner Dorfparlament nahe. Die jüngste Sitzung rund um Mehrkosten beim Schlachthaus und einer Freizeitwohnsitz-Widmung bildete da keine Ausnahme – obwohl Schöpf und Dobler eigentlich der selben Liste angehören würden.
20. Juli 2021 | von Manuel Matt
Über Oppositionsarbeit aus dem eigenen Lager
Da liegt das gallische Dorf auf der Zunge: Im Gemeinderat Wenns ist Marco Dobler nicht selten die einzige Gegenstimme bei so manchen Abstimmungen.RS-Foto: Matt
Von Manuel Matt

Die Arbeiten selbst würden nach wie vor im Zeitplan liegen, schließt Wenns-Bürgermeister Walter Schöpf nach Anhörung des Bauhof-Leiters Florian Gabl. Anders ist es mit den Kosten beim Schlachthaus, wo sich bei einem geplanten Gesamtvolumen von 1,6 Millionen Euro eine Steigerung von rund 300.000 Euro abzeichnet. Grund sei dafür etwas, das ohnehin kaum jemand mehr hören könne, sagt Schöpf: Die Corona-Pandemie, die so manches Gewerk am Talprojekt teurer werden lassen als ursprünglich angenommen. „Wir können jetzt aber nicht einfach aufhören, sonst stirbt das Ganze“, warnt das Dorfoberhaupt und bittet den Gemeinderat um Genehmigung der Mehrkosten. Eine erklärende Ergänzung bringt später noch Vizebürgermeister Alexander Sailer ein: Nach dem Verteilungsschlüssel treffe Wenns lediglich die Hälfte der Mehrkosten. Zudem sei ein „Puffer“ eingerechnet, nicht jedoch die zu erwartenden Förderungen, deren Prozentsatz noch unklar sei.

VERTRAUENSPERSON. Ob’s eine Auflistung hinsichtlich Mehrkosten existiere und wer zuständig sei für die Überwachung der Mehrkosten, fragt vor dem Votum noch Gemeinderat Marco Dobler. Zuständig sei der Baumeister Eckhart Seppl und es gebe eine Liste, antwortet der Bürgermeister: Aber nicht an diesem Abend, „weil wir noch nicht alle Gewerke haben – und nur zu deiner Information: Wir haben eine exakte Schätzung durch die Vertrauensperson Eckhart Seppl. Mehr brauch’ ich dazu nicht sagen.“ Beim Votum ist Dobler dann tatsächlich die einzige Gegenstimme – „bitte namentlich und mit der Begründung, dass das wieder ein Projekt des Gemeindevorstands ist.“ Das könne er so nicht stehen lassen, ärgert sich daraufhin der Vizebürgermeister: Er sei ebenso im Vorstand „und über alles ist im Gemeinderat abgestimmt worden“. 

FREIZEITWOHNSITZ. Etwas hitziger wurde es dann auch beim Beschluss eines Bebauungsplans für einen Freizeitwohnsitz, der schon bei einer vorherigen Sitzung ein Thema gewesen ist. Schöpf las dabei aus der raumplanerischen Stellungnahme vor, dass es sich lediglich um einen Tausch der Lage eines bestehenden Freizeitwohnsitzes handle und die Umwidmung so zu befürworten sei. Was allerdings ungesagt geblieben ist: Der Raumplaner empfiehlt den Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung, die besagen soll, dass die Nutzung ausschließlich der Widmungswerberin samt Familie zulässig sei und der Freizeitwohnsitz nicht veräußert werden dürfe. Als weitere Absicherung sei ein Vorkaufsrecht zum Fixpreis zu verankern. Das hätte er vermisst, kritisiert Dobler und stellt die Frage, ob diese Aspekte auch eingearbeitet worden seien. Der Bürgermeister unterbricht und lässt einen gewissen Zorn erahnen: „Ich lass’ mich von dir vor dem Gemeinderat nicht vorführen. Alles hat seine Richtigkeit!“ Die Eintragung des Vorkaufsrechts im Grundbuch sei noch nicht abgeschlossen. „Geht das von heut’ auf morgen?“, fragt Schöpf in Richtung Dobler. Dessen Gegenfrage: „Und jetzt beschließt du schon den Bebauungsplan?“ Das tut der Gemeinderat Wenns sogleich, wieder mit Dobler-Gegenstimme.

NACHFRAGE. Tags darauf erkundigt sich die RUNDSCHAU beim Bürgermeister, wie es mit der privatrechtlichen Vereinbarung aussieht. Jene sei in Ausarbeitung mit dem Raumplaner, erklärt Schöpf. Was aber, wenn die Widmungswerberin ihre Zustimmung letztlich verweigert? Darauf antwortet Amtsleiter Hannes Seiser: „Wenn’s keine privatrechtliche Vereinbarung gibt, gibt’s auch keine Widmung und keinen Bebauungsplan.“

PROTOKOLL. Letztlich dann noch das Allfällige: Dobler erinnert an das Stellen seines Antrags in der Sitzung am 28. April, das jeweilige Protokoll der vorangegangen Sitzung vor Veröffentlichung stets durch Gemeinderatsbeschluss zu bestätigen (wie es beispielsweise in der Stadtgemeinde Imst und auch zahlreichen anderen Bezirkskommunen der Fall ist, Anm.). Den Bürgermeister sieht Dobler angesichts der Tiroler Gemeindeordnung in der Pflicht, den Antrag zur Abstimmung zu bringen und droht gegebenenfalls mit einer diesbezüglichen Beschwerde an die Gemeindeaufsichtsbehörde.

SPIELRAUM. Selbstständige Anträge von Mitgliedern eines Gemeinderats sind tatsächlich einem Votum zuzuführen, erklärt Andreas Huter von der Gemeindeaufsichtsbehörde in der Bezirkshauptmannschaft Imst auf RS-Anfrage und verweist auf Paragraf 41 der Tiroler Gemeindeordnung. Allerdings: Sofern dem Antrag keine Dringlichkeit zuerkannt wird, ist längstens eine Frist von sechs Monaten eingeräumt. Damit würde noch ein wenig Zeit bleiben: Nämlich bis Ende Oktober.

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