„Das Bild ist da und in guten Händen“

Am 18. Mai 1973 hat der Land­ecker Künstler Alwin Chemelli Bundespräsident Franz Jonas sein Werk „Menschen in Bewegung“ erklärt. An diesem Tag wurde die Herz-Kreislaufheilstätte der Pensionsversicherungsanstalt in St. Radegund bei Graz eröffnet, und Chemelli hat für den damaligen Neubau fünf Werke geschaffen, die eben auch der Bundespräsident bewundert hat: vier Blumenbilder und das aus zehn Kupferplatten bestehende und 3,25 mal 1,08 Meter große Werk „Menschen in Bewegung“. Das (auch nach einem halben Jahrhundert noch) moderne Werk kam zu seinem Titel, weil die Patienten in der Heilstätte stets in Bewegung sind – beim Spazierengehen, Turnen, Schwimmen etc.

EINZIGARTIGER CHEMELLI. Der Hintergrund ist kein erfreulicher: Chemelli war damals lungenkrank, hat sich in einer Lungenheilstätte in der Steiermark erholt und in der Freizeit auch mit Emaille beschäftigt. Bei einer Weihnachtsausstellung der von den Patienten geschaffenen Werke beeindruckten Malermeister Chemellis Emaillearbeiten PVA-Generaldirektor Kurt Kolouch, der den Landecker Künstler daraufhin einlud, für die neue Anstalt nahe Graz Werke zu schaffen. Chemelli tat’s, emaillierte die von Otto Platter in Zams geprägten Kupferplatten bei der Emaillefarbenfabrik Schauer in Wien. So kamen zehn Tafeln, 50 mal 64 cm groß und je rund fünf Kilogramm schwer, nach St. Radegund. Der Zahn der Zeit nagte aber offensichtlich am Gebäude, es wurde wohl erneuert und Chemellis Werke wurden vor etwa zehn Jahren versteigert. Damals kam Familie Chemelli zu spät: Ein Privatmann hatte sie bereits gekauft, als Chemellis Sohn Christian von der Versteigerung erfuhr. Nun aber stand „Menschen in Bewegung“ zum Verkauf (nicht aber die Blumen-Emaillebilder), und es ist gelungen, es nach Landeck zu holen – und zwar erstmals. Ebenfalls erstmals seit der Eröffnung der Heilanstalt hat Alwin Chemelli „Menschen in Bewegung“ wieder in natura gesehen.

„IN GUTEN HÄNDEN“. Es ist aber nicht in seinem Besitz – es gehört jemandem, der darauf 40 Jahre gewartet hat (und anonym bleibt). Ein besonderes Werk Alwin Chemellis wollte er in seinem Haus hängen haben: „Und jetzt ist es da“, sagt er sichtlich berührt und stolz auf das einzigartige Werk: „Mir geht es darum, dass es zu Alwin Chemellis Zeiten nach Landeck kommt“, sagt er und freut sich darauf, wenn der Künstler bei ihm zu Hause vorbeischaut, sie sich zusammensetzen, plaudern – und das Werk ist im Hintergrund dabei. Chemelli ist zufrieden: „Das Bild ist da und in guten Händen“, sagt der Künstler selbst. Auch Chemellis Sohn Christian sagt: „Es ist in guten Händen, jedem hätte man es nicht gegeben.“ Das Werk wurde ohne finanzielle Interessen der Chemellis an den Landecker Sammler weitervermittelt. Über den Künstler vermutet der neue Besitzer von „Menschen in Bewegung“: Eine wirkliche Würdigung Alwin Chemellis werde es wohl erst geben, wenn es Chemelli nicht mehr gibt. Soweit ist’s aber hoffentlich noch lange nicht: Alwin Chemelli wird heuer 80.