Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Die Not wenden

Soziale Einrichtungen in Reutte gaben Einblick in ihre wertvolle Arbeit

In Krisenzeiten sind Unterstützung sowie rasche und unkomplizierte Hilfe besonders wichtig, um einer Verschlechterung der Lebenssituation vorzubeugen. Sechs soziale Einrichtungen konnten in einem Rundgang besucht werden, um mehr über ihre vielfältige Arbeit zu erfahren. Der Rundgang startete im Tauscherhaus, wo sich die Sozialberatung, die Sozialpädagogische Familienhilfe sowie das Lerncafe der Caritas befinden. Weitere Stationen waren die Frauenservicestelle BASIS, die Männerberatung Mannsbilder und der Sozialmarkt Paulusladen. Viele der zahlreichen Besucher sind selbst in sozialen Berufen tätig und nutzten die Gelegenheit für einen regen Austausch.
13. Juni 2022 | von Regina Hohengasser
Im Paulusladen: vl. Evelyn Mages, Klaudia Komarek, Andreas Reisigl und Regina Kerle. RS-Fotos: Hohengasser
Von Regina Hohengasser.
Not kann jeden treffen.
Die Gründe, warum Menschen in Notsituationen gelangen, sind so vielfältig wie das Leben selbst. Ob Trennung, Partnerschaftsprobleme, Familienstreitigkeiten, Süchte, physische und psychische Erkrankungen oder Geldnot, die Liste der Probleme, in die Menschen geraten können, ließe sich wohl noch um einiges ergänzen. Solange das Leben einigermaßen gut läuft, ist die Inanspruchnahme sozialer Beratungsstellen für viele Menschen in weiter Ferne. Niemand wünscht es sich, in eine Notlage zu geraten. Die meisten von uns haben große Scheu und verspüren auch Scham, eine soziale Einrichtung zu betreten bzw. zu benötigen. Evelyn Mages, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle BASIS dazu: „Früher war die Scham noch wesentlich größer, das hat sich im Laufe der Zeit gebessert.“ Aber Hand aufs Herz, wer kann schon von sich behaupten, nicht selbst einmal von einer Notsituation betroffen zu sein. Regina Kerle, Dipl. SozPäd., eröffnete den Rundgang. Sie arbeitet in der Sozialberatungsstelle der Caritas, wo sie Menschen in verschiedensten Notlagen berät. Sie ist beim Ausfüllen von Anträgen behilflich, klärt über Rechtsansprüche auf, vergibt Lebensmittelgutscheine, leitet Hilfesuchende bei Bedarf an andere soziale Einrichtungsstellen weiter uvm. Zu ihr kommen Alleinerziehende, die trotz Arbeit die Lebenskosten nicht stemmen können, Mindestpensionisten, die sich die Miete nicht mehr leisten können, Asylwerber, Arbeitslose oder auch Obdachlose. „Durch Corona und die aktuelle Teuerungswelle, hat die Not und die Anzahl der Beratungen zugenommen“, so Regina Kerle. Die Sozialpädagogische Familienhilfe unterstützt und begleitet Familien, die sich in belastenden Lebenssituationen befinden. Gemeinsam mit der Familie werden neue Wege und Ressourcen erarbeitet. Die Hilfe findet in Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe statt. Im gleichen Gebäude befindet sich das Lerncafe, welches Kindern von der 1. bis zur 8. Schulstufe Unterstützung beim Lernen bietet. Neben der Hilfe bei den Hausaufgaben gibt es eine Nachmittagsbetreuung, die mit Spielen und einer gesunden Jause abgerundet wird. Ehrenamtliche HelferInnen, die beim Lernen unterstützen, sind herzlich willkommen!

Starre Geschlechterrollen- ein Auslaufmodell?
Weiter ging es zu den Mannsbildern, die Männerberatung in Reutte. Andreas Reisigl begleitete uns in die Räumlichkeiten, er ist einer von drei Beratern bei den Mannsbildern. Anschaulich schilderte er uns, aus welchen Motiven Männer und männliche Jugendliche die Beratungsstelle aufsuchen. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig: Probleme in der Partnerschaft, Gewaltausübung in der Familie, Orientierungslosigkeit, Konflikte am Arbeitsplatz oder in der Schule, Scheidung und schlichtweg Lebensüberforderung. Das Männerbild hat sich in unserer Gesellschaft verändert, der Anpassungsprozess ist langwierig und „Mann“ sucht sich seine neue Identität, versichert uns Andreas. Bei 1/3 der Männer ist Gewalt das zentrale Thema, 1/3 haben Partnerschaftsprobleme, 1/3 ist mit dem Leben überfordert, so Andreas weiter.

Frausein in Umbruchzeiten.
Die nächste Einrichtung führt uns zu Evelyn Mages, sie ist Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle BASIS und berichtet von folgenden Themenschwerpunkten: Konfliktberatung, Gewalt an Frauen, sexueller Missbrauch, Beziehungsprobleme, Schwangerschaft, Scheidung, Essstörungen, Generationenkonflikt und vieles mehr bewegt die Frauen. Seit nunmehr 25 Jahren berät Evelyn mit ihrem gut ausgebildeten Team unermüdlich Frauen in Notsituationen. „Die Scham und Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen hat sich im Laufe der Jahre zum Glück gebessert. Je früher die Frauen in die Beratung kommen, umso besser können Krisen und Probleme bewältigt werden“, so Evelyn weiter. Die BASIS ist anonym, vertraulich und kostenlos. Die Beratungen in sämtlichen genannten Einrichtungen sind kostenlos.

Ohne Nahrung, kein Leben.
Unsere letzte Station führt uns zu Klaudia Komarek, Leiterin des Sozialmarktes Paulusladen. Ein freundlich gestalteter Geschäftsraum erwartet uns. Ein engagiertes Team bestehend aus 14 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen unterstützt Klaudia tatkräftig, des weiteren sind 11 Fahrer im Turnus unterwegs um die Lebensmittel an den Supermärkten einzusammeln. Das große Engagement, sich für Menschen mit wenig Einkommen einzusetzen, wird an Klaudias Ausführungen deutlich spürbar. „Nach Asylwerbern finden vermehrt auch Einheimische den Weg in den Paulusladen. Das Gute aber ist, die Spendenbereitschaft der Unternehmen nimmt zu“, so Klaudia weiter. Nach einem informativen Rundgang der Not/Wende gab es abschließend für alle Besucher ein reichhaltiges Buffet und ein geselliges Beisammensein.

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