Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Käse voller Löcher

28. März 2023 | von Harald Gstrein
Käse voller Löcher
Liebe Freunde der seriösen Verlässlichkeit!
Ich bin geschockt. Urplötzlich einer Traumvorstellung aus meiner Jugend schlagartig beraubt. Vollkommen desillusioniert. Als ich ein Bub war, wurden mir unsere direkten Nachbarn so vermittelt: Die Italiener sind Wein schlürfende arbeitsscheue Menschen, die gerne streiken. Die Bayern sind Bier trinkende Leute, die trotz Bauch recht fleißig gutes Geld verdienen. Alles östlich von Salzburg trägt keine Hirschknöpfe an der Jacke und steht in Verdacht, faul und träge wenig Nutzbringendes zu fabrizieren. Hoch im Kurs standen immer die Schweizer. Kaum bis wenig Humor. Aber stinkreich. Weil sie sich stets aus allen Kriegen herausgehalten haben. Und Gold von Nazis sowie Geld von Diktatoren, Oligarchen, Scheichs und anderen mittelmäßig demokratisch legitimierten Ganoven gebunkert haben. Schweizer Banken galten als sicherer wie jedes amerikanische Gefängnis. Die Eidgenossen tickten über Jahrzehnte präzise wie ihre Uhren. Ließen vom Ausland nur Geld, aber kaum Menschen herein. Haben die beste Schokolade der Welt. Kaum einen Berg, der nicht unterhöhlt als Schutzbunker das ewige Leben verspricht. Unfreundliche Zöllner. Gar keine so schlechten Skifahrer. Die höchsten Gehälter. Aber kaum finanzierbare Lebenserhaltungskosten. Fast jeden Sonntag in irgendeinem Kanton eine Volksbefragung zu irgendwas. Unschuldige Mädchen auf Almen und bärtige Senner. Und jetzt, wie aus heiterem Himmel einen Bankenskandal. Die Credit Suisse, ein altehrwürdiges Geldinstitut, ist pleite. Weil private Manager Misswirtschaft betrieben haben. Saniert wird der Sündenfall vom Staat. So ein Vertrauensbruch macht mich missmutig und nachdenklich. Erst jetzt begreife ich: Wenn du Schweizer Käse kaufst, dann zahlst du auch die Löcher mit!

 

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