Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Auszeit“ in Imst

26. November 2019 | von Nina Zacke
Erstmals ist von Georg Loewit ein Werk ohne Menschen als Protagonisten in der Hörmann-Galerie zu sehen. Einhörner-Schwimmreifen stehen im Fokus, motiviert durch die banale Ästhetik grellbunter Plastikfiguren, die eine Geschichte zu erzählen scheinen. Im Bild: Laudatorin Doris Eibl, Georg Loewit, Gemeinderätin Barbara Hauser und Andrea Schaller (v.l.) vom Kulturreferat Imst RS-Foto: Bundschuh
Georg Loewit erfasst Menschen zunächst per heimlichem „Schnappschuss“, der am Beginn des kreativen Schaffens steht. In der Folge übersetzt Loewit das Beobachtete in seine künstlerischen Werke und erzählt dabei in der Auseinandersetzung mit dem Motiv seine Geschichte. Im Bild das Werk „Kaki“ (2018): Acryl, Pigmente, Primal auf Leinwand. RS-Foto: Bundschuh

Georg Loewit Vernissage in der Hörmann-Galerie


Skulpturen, Graphiken und Acrylbilder standen vergangenen Donnerstag im Fokus der Ausstellungseröffnung – als Gegenstand Menschen als Verweilende oder Wahrnehmende, auch Einhörner-Schwimmreifen spielen erstmals eine Rolle. Laudatorin Dr. Doris Eibl zitierte Johann Wolfgang von Goethe 1796 zum Thema Auszeit in einem Brief an Friedrich Schiller und Maria Ma interpretierte musikalisch auf dem Hackbrett. Eine besondere Veranstaltung zu Ehren eines interessanten Tiroler Künstlers.


Von Friederike Bundschuh

Der international bekannte Innsbrucker Künstler Prof. Mag. Art. Georg Loewit erfasst Menschen zunächst per heimlichem „Schnappschuss“, der am Beginn des kreativen Schaffens steht. Menschen im Moment der Selbstvergessenheit, aus der fortstürzenden Zeit gelöst, auf Plätzen, in Gebäuden, am Strand, vor Sehenswürdigkeiten, in Bädern oder auf Fähren. In der Folge übersetzt Loewit das Beobachtete in seine künstlerischen Werke und erzählt dabei in der Auseinandersetzung mit dem Motiv seine Geschichte. Gerade in den Skulpturen spiegelt sich seine Freude an der banalen Schönheit eines gestreckten Beines, der Sinnlichkeit eines Hüftknicks oder der flüchtigen Eleganz einer alltäglichen Geste – wie zum Beispiel des Fotografierens mittels Tablet. Loewit spielt in seinen Werken mit Position, Perspektive und Blickfeld und macht damit seine Werke einzigartig. Sein erstes Werk ohne Menschen ist in der Hörmann-Galerie zu sehen, motiviert durch die banale Ästhetik grellbunter Schwimmreifen, die eine Geschichte zu erzählen schienen.



Von Innsbruck zur Biennale in Venedig

Geboren in Innsbruck absolviert der Künstler die HTL für Holz- und Steinbildhauerei, schließt dann die Ausbildung zum Gürtler und Goldschmied in der Innsbrucker Werkstatt Walter Deussl ab. Parallel dazu erfolgen Studien an der Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Lohwasser und Jünger, die er mit der Meisterprüfung abschloss. Damit nicht genug studiert er Kunstpädagogik am Mozarteum Salzburg. Im Rahmen seines bisher 35-jährigen Schaffens waren seine Arbeiten in mehr als 100 nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten, derzeit im Rahmen der 58. Biennale von Venedig im Palazzo Bembo und in Giardini Marinaressa. „Wann nimmt Georg Loewit eine Auszeit?“, fragt sich Laudatorin Doris Eibl, die in Imst das sechste größere (inter)nationale Ausstellungsprojekt im Jahr 2019 des Künstlers eröffnet – zwischen Prag, der Biennale in Venedig, Hall in Tirol, Salzburg und Matera in der Basilikata. „Dass der Künstler Georg Loewit seine Arbeit zu keinem Zeitpunkt zwischen Auf- und Abbau, Diskussion oder Konzeption hintanstellt, weiß ich sicher zu sagen“, meint Eibl, „denn bei jedem Besuch in seinem Atelier hängt dort ein neues Bild, steht da eine neue Skulptur, spricht er von neuen Ideen oder Projekten.“




Georg Loewit erfasst Menschen zunächst per heimlichem „Schnappschuss“, der am Beginn des kreativen Schaffens steht. In der Folge übersetzt Loewit das Beobachtete in seine künstlerischen Werke und erzählt dabei in der Auseinandersetzung mit dem Motiv seine Geschichte. Im Bild das Werk „Kaki“ (2018): Acryl, Pigmente, Primal auf Leinwand. RS-Foto: Bundschuh

Vom Schnappschuss zur Kunst

„Als Dokumente menschlicher Interaktionen dienen Fotografien, mein Blick ist in erster Linie auf die Rückenansicht der einzelnen Figuren gerichtet, die dann in eine reale Formensprache umgesetzt ist. Bei den Skulpturen entwickeln die Figuren über eine abstrahierte Seitenansicht eine vollkommen glatte Vorderseite, die eine neue Projektionsfläche entstehen lässt“, so Georg Loewit. Auch in seinen Bildern spielt der einzelne Mensch die Hauptrolle. Loewit blendet die Umgebung gekonnt aus, indem er seine Bilder zunächst auf eine monochrome silberne Fläche reduziert. Erst dann projiziert er in ungewöhnlichen Perspektiven, mittels extremem Lichteinfall und exakten Formen seine Protagonisten, deren Schatten in verzerrter Form die Hauptdarsteller widerspiegeln. „Ich spare den Ort aus, weil er sekundär ist. Man könnte auch sagen, ein expliziter Hintergrund war mir im Reduktionsprozess im Weg“, so der weit über die Tiroler Grenzen hinaus bekannte Künstler. „Jeder, der den Ort kennt, wird ihn durch die Bewegung der abgebildeten Figuren wiedererkennen. Auch der Schatten spielt in diesem Wiedererkennungsprozess eine wichtige Rolle.“

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